Energiepreisbremsen: Entlastungen drohen zu spät oder gar nicht anzukommen
„Als Co-Vorsitzender der Regierungskommission bin ich sehr enttäuscht. Was die Bundesregierung und die EU seit dem Vorschlag der Kommission gemacht haben, ist eine Verschlimmbesserung. Die Politik legt mit ihrer Ignoranz gegenüber den betrieblichen Realitäten die Axt an die Grundpfeiler des Standorts Deutschland an. Vieles, was die Kommission intensiv diskutiert und dann der Bundesregierung empfohlen hat – etwa wenig Bürokratie, zunächst Entlasten und erst hinterher die Prüfung – kommt jetzt anders. Für manche Unternehmen wird es wirklich eng. Unsere Absicht war, den Unternehmen klar zuzusichern, dass sie sich auf den berechneten Preis verlassen können. Diese Zusicherung wird für viele Unternehmen nicht zu halten sein.
Entlastungen drohen zu spät oder gar nicht in energieintensiven Firmen anzukommen. Die Gaspreisbremse, die für große Industrieverbraucher ab Januar greifen soll, ist jetzt leider viel zu bürokratisch angelegt. Die Preisbremse hat inzwischen so viele restriktive Randbedingungen, dass sie für eine ganze Reihe von Firmen wohl nicht funktionieren wird. Insgesamt besteht die Gefahr, dass die Unterstützung wegen komplexer Regeln schleppend anläuft. Zentrale Teile der deutschen Industrie, insbesondere der Grundstoffindustrie, sind wegen nationaler und europäischer Einschränkungen von der politisch gewollten Dämpfung der hohen Energiepreise de facto ausgeschlossen – mit allen negativen Folgen für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Damit wird der eigentliche politische Zweck der Preisbremsen ad absurdum geführt.
Wegen der strengen EU-Vorgaben muss ein Unternehmen, das von der Bremse profitieren will, schon vorher wissen, ob sein Gewinn im kommenden Jahr um mindestens 40 Prozent zurückgeht. Das ist unrealistisch. Außerdem ist die Begrenzung auf maximal 150 Millionen Euro Subvention bei Strom und Gas für etliche Unternehmen schnell erreicht, sodass sehr energieintensiven Branchen nicht geholfen ist. Besonders enttäuscht ist die Industrie aber über die Bundestagsentscheidung eines Verbots von Dividenden und bestimmten variablen Einkommensbestandteilen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Gaspreisbremse. In vielen Familienunternehmen ist die Dividende der Hauptbestandteil des Familieneinkommens und erfüllt dort dieselbe Funktion wie das Gehalt der Beschäftigten im Unternehmen. Variable Einkommensbestandteile sind keine Geschenke, sondern leistungsabhängige Komponenten des regulären Gehalts. In vielen Fällen sind sie gebunden an unterschiedliche Kriterien, etwa an nachhaltigkeitsbezogene Ziele.“