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CBAM-Omnibus: Vereinfachung mit Potenzial – aber nicht das letzte Wort
Der Trilog war überraschend schnell „durch“: Europäisches Parlament (EP), Rat und EU-Kommission haben sich am 18. Juni 2025 vorläufig zu einem Vorschlag geeinigt, der den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) vereinfachen und stärken soll. Der Verordnungsentwurf ist Teil des Gesetzgebungspakets „Omnibus I“, das die Kommission am 26. Februar 2025 vorgelegt hatte. EP und Rat hatten ihre Verhandlungspositionen jeweils am 22. und 27. Mai festgelegt. Die Sprachjuristen befassen sich derzeit mit dem Text, und es ist davon auszugehen, dass die Einigung im September formal bestätigt wird. Dann steht der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt nichts mehr im Wege.
Neue De-minimis-Schwelle
Wichtigster Punkt der Einigung ist eine – auch vom BDI seit längerem geforderte – neue De‑minimis-Schwelle, die die geltende und nicht praxistaugliche Bestimmung ersetzt, wonach nur Importe von CBAM-Waren mit geringem Wert (150 EUR pro Lieferung) ausgenommen werden. Einführer, die nun den massenbasierten Schwellenwert von 50 Tonnen eingeführter Waren pro Einführer und Jahr nicht überschreiten, werden von den Verpflichtungen der CBAM-Verordnung ausgenommen. Umgekehrt muss jeder Importeur, der mehr als 50 Tonnen Waren pro Jahr einführen will, ab dem 1. Januar 2026 eine Zulassung durch die nationale zuständige Behörde haben. In Deutschland ist dies die DEHSt (Deutsche Emissionshandelsstelle), jedoch soll die Zulassung „outgesourct“ werden und durch eine noch zu beleihende Stelle (das Vergabeverfahren ist nach aktuellem Stand abgeschlossen) erfolgen. Mit der neuen Schwelle sollte sich die Anzahl derer, die eine Zulassung benötigen, deutlich reduzieren. So wird wohl ein „Run“ auf die zu beleihende Stelle in der Zeit bis zum Jahresende vermieden. Eine zusätzliche Entzerrung wird die neue Regelung bringen, wonach Einführern erlaubt wird, weiterhin CBAM-Waren einzuführen, bis ihre CBAM-Registrierung erfolgt ist. Voraussetzung dafür ist, dass sie bis zum 31. März 2026 einen gültigen Antrag auf Zulassung gestellt haben.
Bewertung durch den BDI
Der BDI hat grundsätzlich die Bereitschaft der EU-Kommission begrüßt, die zum Teil erheblichen Probleme anzugehen, die sich mit der Einführung des CBAM 2023 ergeben haben. Ob der vorgeschlagene Zahlenwert (50 Tonnen Nettomasse an importierten CBAM-Waren pro Jahr) „funktionieren“ und den Großteil der betroffenen Unternehmen entlasten bzw. ausnehmen wird, bleibt abzuwarten. Der Schwellenwert könnte angepasst werden, falls das vorgesehene Monitoring ergäbe, dass nach wie vor der größte Teil der grauen Emissionen erfasst wird, aber noch weitere Betroffene entlastet werden könnten.
Vereinfachung der Berichtspflichten
Die komplexen Berichtspflichten werden verschlankt und damit die Compliance der Betroffenen vereinfacht. Dasselbe gilt für die nunmehr realistischeren Vorgaben zur Pflicht für CBAM-Importeure, ausreichend CBAM-Zertifikate auf ihrem Konto vorzuhalten: Die Absenkung der verpflichtenden Kontodeckung von 80 % auf 50 % ist ein sinnvoller Schritt. Fehlende Exportlösung
Eine pragmatische Lösung für die Behandlung von Exporten fehlt jedoch weiterhin. Die inzwischen von der Kommission angedeutete Absicht, hier gegebenenfalls mit finanziellen Mitteln etwas Abhilfe zu schaffen, wird vom BDI sehr kritisch betrachtet. Die Betroffenen mahnen eine echte und tragfähige Lösung dringend an. Vorschläge dafür existieren, etwa den ETS-pflichtigen Anlagenbetreibern für ihre Menge an exportierten CBAM-Waren nicht-fungible freie „Anpassungszertifikate“ zuzuteilen. Dies würde die Komplexität im ETS zwar etwas erhöhen, könnte aber einen WTO-kompatiblen „Ausweg“ darstellen. Dieser „Ausweg“ ist dringend nötig, denn Exporte von in der EU hergestellten CBAM-Waren werden durch den einseitigen EU-CBAM verteuert und damit deutlich benachteiligt. Das gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Sektoren.
Draghi-Bericht und Ausblick
Auf keinen Fall darf in Vergessenheit geraten, was Mario Draghi in seinem Bericht 2024 zum CBAM empfohlen hat: sollte es der Kommission nicht gelingen nachzuweisen, dass mit dem CBAM dem Carbon Leakage-Risiko wirksam begegnet werden kann, ist zu prüfen, ob die Abschmelzung der freien Zuteilung (auf null bis 2034) für EU-Hersteller von CBAM-Waren zurück genommen werden müsste. Die komplexe Wirkweise des Mechanismus wird mit der „Scharfschaltung“ ab dem 1. Januar 2026 unter scharfer Beobachtung stehen.