China-Strategie der Bundesregierung – was sollten Unternehmen jetzt wissen?
Die Förderung des China-Geschäfts deutscher Firmen wird nur punktuell eingeschränkt
Es ist damit zu rechnen, dass im Zuge der Umsetzung der China-Strategie alle Bundesministerien ihre Instrumente mit China-Bezug regelmäßig überprüfen werden. Das gilt beispielsweise für die Instrumente der Forschungskooperation mit China, die im BMBF bestehen. Der BDI rechnet damit, dass auch das Bundeswirtschaftsministerium seine Außenwirtschaftsinstrumente auf die China-Sensitivität hin überprüfen wird. Ein Beispiel: Das BMWK bietet ein globales Manager-Fortbildungsprogramm an, dieses läuft für China aus. Die Investitionsgarantien für deutsche Industrie-Investitionen in China wurden im 1. Halbjahr gedeckelt. Künftig können in jeweils einem Land nur noch Investitionen deutscher Firmen bis zu 3 Milliarden Euro gegen politische Risiken abgesichert werden. Eine Absicherung von wirtschaftlichen Risiken von Investitionen durch Instrumente der Bundesregierung war auch bislang weder in China noch in anderen Ländern möglich. Dass sämtliche Maßnahmen der Außenwirtschaftsförderung auch in Zukunft immer wieder überprüft und angepasst werden, halten wir im BDI für wahrscheinlich, auch unabhängig von möglichen zukünftigen Regierungskonstellationen.
Verstärkter Fokus auf Antisubventionsmaßnahmen
Die von der EU-Kommission angekündigte Antisubventionsuntersuchung gegen chinesische E-Fahrzeuge deutet eine neue Entschlossenheit der Kommission beim Gebrauch von Defensivinstrumenten an. Das Antisubventionsinstrument gegen subventionierte Importe wurde anders als das eng verwandte Antidumpinginstrument in den letzten Jahren deutlich seltener eingesetzt, da die Nachweiserbringung für das breitere Instrument schwieriger ist. Während die EU 117 Antidumpingmaßnahmen in Kraft gesetzt hatte Ende 2022, waren es bei Antisubventionsmaßnahmen 21, zehn davon entfielen auf China. Es gibt Gerüchte, dass weitere Antisubventionsuntersuchungen gegen den Import von Solarmodulen und Windkraftanlagen in der Pipeline seien, dafür liegen im BDI keine Indizien vor. Fakt ist: Die Konjunktur in China läuft nicht rund. Davon betroffen sind ihn hohem Maße Branchen, die vom früheren Wachstumsmodell Chinas profitiert haben. Das chinesische Wachstumsmodell basierte in den letzten 30 Jahren zu einem guten Teil auf dem Auf- und Ausbau der Infrastruktur. Der BDI rechnet damit, dass Überkapazitäten dieser Branchen in den nächsten Jahren verstärkt in den EU-Markt gelangen werden und der Ruf nach Schutzmaßnahmen eher zu- als abnehmen wird. Auch das neue Foreign Subsidy Instrument (FSI) der EU, dass sich gegen ausländische Subventionen außerhalb des Güterhandels richtet, dürfte in den kommenden Jahren vermehrt zum Einsatz kommen. Außerdem könnte die EU ihr neues Anti-Coercion Instrument (ACI) einsetzen, sollte China auf die WTO-konformen Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen der EU mit nicht WTO-konformen Vergeltungsmaßnahmen reagieren.
Die Kontrolle von chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland wird weiter verschärft
Seit einigen Jahren überprüfen sowohl die Bundesregierung wie auch die EU-Kommission Regelungen in Deutschland und der EU zur Investitionskontrolle. Zielsetzung bleibt wie seit vielen Jahren die nationale Sicherheit. Bei den jüngeren Novellierungen ging es um zwei Aspekte: Zum einen sollen Investitionen in kritische Infrastrukturen geschützt werden, wie zum Beispiel Investitionen in die Energieübertragung. Zum anderen soll verhindert werden, dass chinesische Firmen über den Erwerb deutscher Unternehmen an sensible Technologien gelangen. Im Zuge der China-Strategie ist hier mit weiteren Verschärfungen zu rechnen. Betroffen von solchen Verschärfungen sind Eigentümer-Unternehmer, die ihre Firmen an chinesische Firmen verkaufen wollen oder börsennotierte Firmen, bei denen eine meldepflichtige Übernahme durch chinesische Investoren angestrebt wird. Bei Investitionen in Deutschland, bei denen chinesische Firmen ihre Technologie mitbringen und neue Produktionsstätten aufbauen (sogenannte Greenfield Investitionen), zählt der BDI darauf, dass diese am Standort Deutschland auch weiterhin sehr willkommen sein werden.
US-Sanktionen, die sich beispielsweise gegen den Transfer sensibler Technologie nach China richten oder die auf nicht-menschenrechtskonforme Produktionsbedingungen in China abzielen, sind für deutsche Firmen mit internationalem Geschäft hochgradig relevant.
Die meisten deutschen Firmen sind betroffen von unilateralen Sanktionsmaßnahmen, die in den USA erlassen werden. In der Regel gilt der Anwendungsbereich dieser Sanktionen auch für Nicht-US-Firmen, soweit sie ihre Geschäfte in US-Dollar abwickeln. Und das ist das Gros der deutschen Industrie. Ein Beispiel, wie diese Sanktionen wirken, ist der US Uighur Forced Labour Prevention Act von 2021. Firmen werden verpflichtet beim Import in die USA nachzuweisen, dass sie keine Zulieferungen aus Zwangsarbeit in der Region Xinjiang verwenden. Da ein hoher Anteil im Weltmarkt von Zulieferprodukten im Bereich Solar und Photovoltaik (Polysilicium) wie auch Textil (hochwertige Baumwolle) aus Xinjiang kommen, ist ein Trend zu beobachten, dass Firmen aus diesen Sektoren ihre Produktion aus China abziehen und in andere Länder gehen.
Exportkontrollen entwickeln sich zum Problemfall
Deutsche Industrieunternehmen mussten sich leider in den letzten Jahren daran gewöhnen, dass sie von Exportkontrollen der USA betroffen sind. Mit den zunehmenden geopolitischen Spannungen haben auch Regelungen im Bereich der Ausfuhrkontrolle zugenommen. Daher ist nicht verwunderlich, dass der Export kritischer Technologien und die Endverwendung von Bundesregierung und Ausfuhrbehörden genauer beobachtet und kontrolliert wird. Die Klagen aus den Firmen nehmen zu, weil Genehmigungsanträge im Rahmen der behördlichen Ausfuhrkontrolle stark ansteigen, die Ressortabstimmung zwischen den Bundesministerien zu ineffizient auf diese Herausforderung reagiert und damit Verlässlichkeit für die exportierenden Unternehmen nicht besteht. Besonders betroffen ist auch der Export von Hochtechnologie für die Chip-Herstellung. In Japan besteht schon seit Herbst 2021 ein sog. Economic Security Protection Act. Neben der stärkeren Kontrolle von Technologie im Warenexport von Japan nach China werden seither auch verstärkt technologische Komponenten kontrolliert, die von japanischen Mutterhäusern an ihre chinesischen Niederlassungen für die dortige Produktion geliefert werden. Vergleichbare Instrumente bestehen auch in den USA. Unsere Einschätzung im BDI: Der Trend, über Economic Security den Technologie-Export einzuschränken, wird eher zu- als abnehmen.
Antidumpinguntersuchungen der EU gegen Importe aus China sind seit Jahren „business as usual“
Antidumpinguntersuchungen leitet die EU-Kommission immer dann ein, wenn die Beschwerden aus der heimischen europäischen Industrie laut werden und es hinreichenden Verdacht gibt, dass Waren günstiger geliefert werden, als es die Produktionskosten rechtfertigen ließen. Die Kommission kann aber auch ohne konkrete Beschwerden europäischer Unternehmen vom Amts wegen Untersuchungen einleiten. Antidumping-Fälle mit den entsprechenden Strafzöllen funktionieren nach geltendem WTO-Recht. Die Untersuchungen verlaufen nach genauen Kriterien und sind in Verwaltungsvorschriften genau festgelegt. Ende 2022 hatte die EU in 117 Fällen aktuelle Antidumpingmaßnahmen verhängt. 69 davon entfielen auf die VR China. Aber auch Länder wie die USA, Japan oder Südkorea tauchen in der Liste der Antidumpingmaßnahmen auf. Politische Eingriffe sind im Antidumpingrecht weder gewollt noch vorgesehen. Hier rechnen wir nicht mit durch die China-Strategie ausgelösten neuen Friktionen.
Keine neuen Zoll-Barrieren im Warenhandel
Bestehende Zollsätze im Warenhandel zwischen China und der EU sind von der China-Strategie nicht betroffen. Sie bleiben auf dem aktuellen Niveau. Der BDI geht davon aus, dass 90 Prozent des China-Handels auch in Zukunft problemlos in beide Richtungen abgewickelt werden können und dass kein breiteres De-Coupling stattfinden wird.