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Chinas Wirtschaft 2022 – Die Erholung stockt

In den ersten drei Quartalen in 2021 konnte China ein starkes Wirtschaftswachstum verzeichnen. Das vierte Quartal war allerdings verhältnismäßig schwach. Grund dafür sind ein verlangsamtes Wachstum des pro-Kopf-Einkommens und eine schwächelnde Produktion. Turbulenzen am Immobilienmarkt beeinträchtigten das Wachstum ebenfalls. Aufgefangen wurde dies vor allem durch Chinas Exporte. Der Ausblick für 2022 bleibt durchwachsen.

Das chinesische Wirtschaftswachstum verlangsamt sich weiter. Während im Jahresverlauf von 2021 ein Wachstum von 8,1 Prozent zu verzeichnen war, wuchs Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahr nur noch um vier Prozent. Eine restriktivere Kreditvergabe hat vor allem die wachstumsstarken Sektoren belastet. Unterbrechungen in den Lieferketten und bei der Energieversorgung führten zu höheren Kosten und setzten Chinas Produzenten weiterhin unter Druck. Aufgrund der schwachen Binnennachfrage konnten die steigenden Produzentenpreise nur begrenzt an die inländischen Verbraucher weitergegeben werden. Der chinesische Exportsektor ist trotz steigender Inputkosten und Unterbrechungen der Versorgungskette nach wie vor der wichtigste Wachstumstreiber. Dies könnte sich jedoch ändern, sobald sich der globale Wettbewerbsdruck wieder erhöht. Für 2022 wird für China ein Wachstum von etwas über fünf Prozent erwartet.

Einkommen und Konsum legen nur moderat zu

Das Wachstum des verfügbaren Pro-Kopf-Einkommens lag 2021 bei 9,1 Prozent. In Kombination mit wirtschaftlicher Unsicherheit verursachte dies weiterhin einen schwachen Konsum in der chinesischen Wirtschaft. Ein belastender Faktor für den Konsum war auch die fragile Situation auf dem Arbeitsmarkt.

Ungewissheit am Immobilienmarkt

Die Wachstumsdynamik in der Immobilien- sowie Baubranche ist 2021 weiter zurückgegangen. Grund dafür ist das verlangsamte Einkommenswachstum der Privathaushalte und die Ungewissheit über die Auswirkungen von Chinas regulatorischem Durchgreifen im Immobiliensektor. Die Verkaufsschwäche ist für chinesische Immobilienentwickler problematisch, da sie Schwierigkeiten haben, neue Barmittel zu beschaffen, um die Ende 2020 eingeführten aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen.

Industrieproduktion verliert an Schwung

Das langsamere Wachstum in der Schwerindustrie und im Automobilsektor belasten die chinesische Wirtschaft. Zeitweilige Energieknappheit und von der Regierung verordnete Stilllegungen energieintensiver Produktionen haben diese Verlangsamung noch verschärft. Dennoch konnte das exportorientierte verarbeitende Gewerbe weiter expandieren, um die Nachfrage aus dem Ausland zu befriedigen.

Chinas Exporte profitieren von Corona-Schwäche der Konkurrenz

2021 ist Chinas Außenhandel deutlich um 21,4 Prozent gestiegen, wobei die Exporte um 21,2 Prozent und die Importe um 21,5 Prozent zugenommen haben. Die hohe Exporttätigkeit war eine Hauptstütze der chinesischen Wirtschaft im Jahr 2021. Chinas Exporteure konnten im Verlauf der Pandemie vor allem auch die anhaltenden Verwerfungen in der weltweiten Industrieproduktion für sich nutzen, um Marktanteile auszubauen. So konnte China bereits 2020 erstmals Deutschland als Exportweltmeister im Maschinenbau ablösen. Allerdings dürften die chinesischen Wachstumsimpulse durch Exporte im Laufe des Jahres 2022 deutlich nachlassen, sobald sich andere exportorientierte Nationen erholen und wieder verstärkt auf den internationalen Märkten konkurrieren.

Ausblick 2022: Das Wachstum bleibt moderat

Ende des Jahres 2021 beeinflussten nicht nur konjunkturelle Faktoren das chinesische Wachstum, sondern auch harte regulatorische Eingriffe. Vor allem der Tech-Sektor und der überhitzte Immobilienmarkt waren betroffen. Besonders große und teilweise systemrelevante Immobilien-Entwickler wie Evergrande oder Kaisa stehen seit Monaten unter finanziellem Druck. Auf der Zentralen Wirtschaftsarbeitskonferenz der chinesischen Regierung im Dezember 2021 stand deswegen vor allem Stabilität im Mittelpunkt. Die Regierung wird sich wohl mit regulatorischen Eingriffen zurückhalten, die sich negativ auf das Wachstum auswirken könnten. Zudem dürfte die Finanzpolitik nicht mehr so bremsend ausgerichtet sein. Auch ist es unwahrscheinlich, dass die chinesische Regierung die großen Immobilienentwickler unkontrolliert in die Zahlungsunfähigkeit gehen lassen würde, da dies zu negativen wirtschaftlichen Wellen- und Schneeballeffekten führen könnte. An einzelnen fiskal- und geldpolitischen Stellschrauben wird auch mit weiterer Unterstützung in Form von öffentlichen Investitionen oder Erleichterungen für Kreditnehmer zu rechnen sein. Dies alles dürfte für eine leichte Erholung bei den Konsumausgaben der privaten Haushalte und bei den Investitionen reichen. Auch der Außenhandel dürfte einen Wachstumsbeitrag beisteuern.

Die chinesische Regierung muss sich generell die Frage stellen, woher in den nächsten Jahren das Wachstum kommen soll. Sowohl Infrastrukturprojekte als auch Immobilien- und Bauprojekte fallen aufgrund der Sättigung nach der jahrelangen Boom-Phase zunehmend aus der Gleichung. Der Binnenkonsum bleibt nach wie vor hinter den Erwartungen und bei den Exporten muss sich zeigen, inwieweit Chinas Außenhandelspartner in Zukunft noch gewillt sind, Chinas harte und stark auf Unabhängigkeit gerichtete Außenhandelspolitik zu akzeptieren.