Deutschland und Afrika: Mehr Strategie, mehr Investition, mehr Partnerschaft auf Augenhöhe
Deutsche Unternehmen brauchen neue internationale Bündnisse. Die Länder Afrikas sind hierfür prädestiniert. Ihre Regierungen wünschen sich von Deutschland allerdings mehr Engagement. Wie können wir den afrikanischen Kontinent im zunehmenden globalen Systemwettbewerb für uns gewinnen? Wir reden immer von Partnerschaft auf Augenhöhe – diese wird allerdings nicht gelebt. Seit Jahrzehnten beherrschen stattdessen Geber- und Nehmer-Prinzipien die deutsche und die europäische Afrika-Politik.
Ohne eine stabile Wirtschaft keine Demokratie
Afrika braucht Wirtschaftswachstum. Die wachsende Zahl Jugendlicher ohne Perspektive sorgt besonders in den bereits instabilen Ländern Westafrikas dafür, dass sich die sicherheitspolitische Lage verschärft. „Ohne eine stabile Wirtschaft keine Demokratie“, betont auch Jackie Cilliers vom südafrikanischen Center for Security Studies. „Die afrikanischen Regierungen legen ihren Fokus klar auf Investitionen und das Schaffen von Arbeitsplätzen, die klassische Entwicklungszusammenarbeit verliert an Bedeutung“, sagt der togoische Außenminister Prof. Dr. Robert Dussey im Gespräch mit Wolfgang Niedermark in Berlin. Auch die kenianische Staatssekretärin Susan M’Angeni betont bei ihrem Besuch im BDI: „Noch sehen wir Deutschland aufgrund der engen Beziehungen seit dem Ende der Kolonialzeit und der kulturellen Nähe als wichtigen Partner. Doch jetzt reicht der bisherige Ansatz der Kooperation nicht mehr aus. Der Fokus sollte klar auf der Schaffung von Arbeitsplätzen liegen.“
Die afrikanischen Regierungen wünschen sich Investitionen, vor allem Direktinvestitionen von Unternehmen, die vor Ort Arbeitsplätze schaffen. Deutsche Unternehmen wären dazu bereit, benötigen allerdings mehr Unterstützung durch die Bundesregierung.
Damit afrikanische Unternehmen wachsen, kommt es auf einen besseren Zugang zu Krediten an. Diese sind in den Ländern häufig nur zu hohen Zinsen von teilweise über 20 Prozent zu bekommen. Die traditionelle Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich auf die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften. Die EU hat beispielsweise Kenia 25 Millionen Euro für die Ausbildung von kleinen und mittleren Unternehmen zugesagt. Das größte Hemmnis bleibt dadurch aber weiterhin bestehen: Fehlende Finanzierung. Was passiert also langfristig mit den vielen ausgebildeten Unternehmerinnen und Unternehmern? Eine nachhaltige Entwicklung sieht anders aus.
Infrastruktur als Grundlage
Vielen afrikanischen Ländern fehlen Straßen, Schienen und Schiffswege. Der Transport von Gütern von Kenia nach Ghana dauert beispielsweise mehr als 80 Tage und läuft über Singapur. Die Global Gateway Strategie der Europäischen Union soll hierfür Lösungen bieten. Tatsächlich geht der Prozess aber viel zu langsam voran, bisher sind seit der Verkündung des Vorhabens im Jahr 2021 keine größeren Projekte angestoßen worden. Teddy Soobramanien, CEO des BDI-Partnerverbandes COMESA Business Council, meint dazu auf dem Tag der Deutschen Industrie in Berlin: „In dem Zeitraum, in dem die Europäer noch sprechen und Regularien ausarbeiten, haben die Chinesen bereits ganze Infrastrukturprojekte umgesetzt.“
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) hat im Oktober eine neue Strategie für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft des afrikanischen Kontinents präsentiert. Der bisherige politische Ansatz der Förderung deutscher Unternehmen, Kammern und Verbände soll ab 2024 ersetzt werden. Konkret geht es um „das systemische Ziel einer nachhaltigen, sozial-ökologisch-feministischen Transformation hin zu resilienten Wirtschaftssystemen in den Partnerländern des BMZ.“ Dieses Ziel ist angesichts der globalen Lage wichtig und richtig. Die Mittel der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wurden gekürzt und zukünftig werden vor allem Projekte unterstützt, die in vom BMZ vorgesehenen Kategorien passen. Partnerschaften auf Augenhöhe erfordern jedoch, dass alle Interessen Gehör finden. Allerdings scheint es, als hätte das BMZ den Fokus der Partnerländer auf mehr Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen bei der Entwicklung der Neuausrichtung der Zusammenarbeit nicht berücksichtig. Dies ist eine verpasste Chance für alle Seiten.
Im November findet in Berlin der nächste „Compact with Africa“-Gipfel statt, zu dem zahlreiche Regierungschefs aus Afrika anreisen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die deutsche Regierung dieses Mal auf die Wünsche der afrikanischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeht und ihnen Angebote macht, die sie davon überzeugen, uns weiterhin als ihre wichtigsten Partner zu sehen.