Die Hauptgeschäftsführer des BDI von 1949 bis 2022
So münden die Arbeitsergebnisse aus den vom Vorstand berufenen Ausschüssen in die laufende Arbeit der Geschäftsführung. Für die Leitung der Geschäftsführung werden auf Vorschlag des Präsidenten Hauptgeschäftsführer und weitere Mitglieder der Geschäftsführung vom Präsidium berufen und durch den Vorstand bestätigt. Eine Zeitlang – von September 1957 bis Mai 1975 – wurde ehrenhalber die Funktion des Hauptgeschäftsführers als Geschäftsführendes Präsidialmitglied und die des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers als Hauptgeschäftsführer betitelt.
Jeder der zumeist langjährig im BDI tätigen Hautgeschäftsführer prägte die Verbandsarbeit auf seine Weise. Mit dem Blick auf ihre Biografien entsteht ein informatives Bild über individuelle Herkunft und beruflichen Werdegang, auf wirtschaftspolitische Schwerpunkte und die jeweiligen zeitgeschichtlichen Herausforderungen.
Hans-Wilhelm Beutler (1949-1963)
- Herkunft und Werdegang
Hans-Wilhelm Beutler wurde am 5. September 1897 in Düsseldorf geboren. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Köln, Bonn, München und Breslau und promovierte 1923. Nach Tätigkeiten bei der Kölner Firma Felten & Guilleaume Carlswerk AG hatte er ab 1926 bis 1945 vermutlich als Geschäftsführer des Drahtseilverbandes in Gleiwitz (nicht sicher belegt) und in verschiedenen industriellen Verbänden in Köln und München gearbeitet. 1945 übernahm er die Hauptgeschäftsführung der Wirtschaftsvereinigung Ziehereien und Kaltwalzwerke in Köln.
- Im BDI
Ab1946 gehörte er dem Kreis der Initiatoren des 1949 neu gegründeten industriellen Dachverbandes, des BDI, an, dessen Hauptgeschäftsführer er von Beginn an bis 1957 war. Zu Beutlers Hauptaufgaben gehörte es, die BDI-Geschäftsstelle in Köln aufzubauen. Als Triumvirat mit BDI-Präsident Fritz Berg und dem Stellv. Hauptgeschäftsführer Gustav Stein gelang es Beutler, den neuen Verband auf der Geschäftsführerebene national und international zu positionieren und sein Ansehen zu mehren. Sein persönliches Augenmerk lag auf der europäischen Integration der Bundesrepublik und ihrer industriepolitischen Interessen. Er war nicht nur Vizepräsident der Europaunion, sondern auch Mitgründer der Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn und Mitglied des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung. Am 17. September 1957 ernannte das BDI-Präsidium Beutler zum Geschäftsführenden Präsidialmitglied und RA Dr. Gustav Stein zum Hauptgeschäftsführer.
- Fortgang
Am 1. Juli 1963 schied Beutler aus dem BDI aus und starb am 11. September 1966 in Baden-Baden.
Gustav Stein (1963-1968)
- Herkunft und Werdegang
Gustav Stein wurde am 19. April 1903 in Duisburg geboren. Nach dem Abitur absolvierte er eine kaufmännische Lehre und studierte danach Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen, Münster und Köln. 1934 erhielt er die Zulassung als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Köln. Von 1939 bis 1945 war er als Prokurist bei den Toponwerken in Köln-Mülheim (heute MEDA Manufacturin GmbH), einem pharmazeutischen Unternehmen, tätig. Seine Verbandslaufbahn begann nach dem Krieg. Kontakte aus seiner juristischen Tätigkeit bis 1945 führten ihn in die Wirtschaftskreise, die sich mit dem Wiederaufbau der Industrieverbände befassten.
- Im BDI
1946 zunächst als Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes der Chemischen Industrie in der britischen Besatzungszone tätig, wurde er 1948 Geschäftsführer und Justiziar des Verbandes der Chemischen Industrie e.V. (VCI). So war er frühzeitig in die Reorganisation des Dachverbandes einbezogen und gehörte nach dessen Gründung als Hans-Wilhelm Beutlers Stellvertreter der BDI-Hauptgeschäftsführung an. Das Präsidium übergab ihm 1957 das Amt des Hauptgeschäftsführers. Gemeinsam mit Beutler und - als er zum 1. Juli 1963 zum Geschäftsführenden Präsidialmitglied ernannt wurde - seinem Nachfolger Helmuth Wagner übte er sein Amt bis zum Eintritt in den Ruhestand ab 1. Oktober 1968 aus. Verdienste für den steigenden Absatz deutscher Industrieprodukte erwarb er sich u.a. mit seinem Engagement für gutes Industriedesign. Er lehrte an der Kunstakademie in Duisburg, die ihm 1963 die Ehrenprofessur (Prof. h. c.) übertrug. Stein war passionierter Kunstsammler und überzeugter Mäzen zeitgenössischer Kunst, begründete 1951 den Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft im BDI und initiierte als langjähriger CDU-Abgeordneter des Deutschen Bundestages 1968 dessen Kunstsammlung.
- Fortgang
Stein starb am 21. Oktober 1979 in Lüneburg während einer Tagung des Kulturkreises.
Hellmuth Wagner (1968-1974)
- Herkunft und Werdegang
Hellmuth Wagner wurde am 19. August 1917 in Berlin geboren und legte dort 1935 sein Abitur ab. Nach Reichsarbeitsdienst, kaufmännischer Lehre in der Textilindustrie sowie Wehrdienst- und Kriegseinsatz studierte Wagner 1945-1948 Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Münster i.W.
- Im BDI
Nach Großem Juristischem Staatsexamen und Promotion 1951 arbeitete er bis 1952 als Stadtsyndikus der Stadt Gütersloh bevor er am 1.7.1952 in den Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. eintrat. Hier arbeitete er zunächst als Referent in der Rechtstabteilung, dann als Leiter der Abteilung Sozialwirtschaft und Industrieforschung. Als Stellvertretender Hauptgeschäftsführer seit 1959 und 1963-1968 als Hauptgeschäftsführer lagen die Schwerpunkte seiner Arbeit auf internationalem Gebiet. Er gehörte zu den Gründern der UNICE (heute BUSINESSEUROPE). Neben der Konsolidierung der EWG stand die Europäische Integration der Bundesrepublik nach wie vor auf der Agenda des BDI. Wagners Wirken auf den Direktorenkonferenzen mit europäischen Schwesterverbänden oder seine Teilnahme an zahlreichen Delegationsreisen zeugen davon. Letztere waren zu dieser Zeit begleitet vom Ost-West-Konflikt der politischen und wirtschaftlichen Systeme und der davon geprägten Dekolonisation damaliger Entwicklungsländer. Strukturpolitische Verdienste erwarb er sich als Unterhändler der Arbeitgeberseite bei der Gründung der Ruhrkohle AG 1968. Im selben Jahr, am 1. Oktober 1968, wurde er nach dem Ausscheiden Steins zum Geschäftsführenden Präsidialmitglieds des BDI ernannt, ohne dass die Position des Hauptgeschäftsführers besetzt war. Mit dem Eintritt Fritz Neefs im November 1969 als Stellvertreter konzentrierten sich Wagners Aufgaben auf die juristische, sozialpolitische und internationale Arbeit des Verbandes (s. u. zu Neef). Mit der Aufteilung von fachlichen Zuständigkeiten in der Hauptgeschäftsführung wurde im Dezember 1969 die BDI-Geschäftsstelle reorganisiert und vier Hauptabteilungen gebildet. In die Amtszeit Wagners fiel auch der erste BDI-Präsidentenwechsel von Fritz Berg auf Hans-Günter Sohl im Januar 1972 und eine damit verbundene Satzungsänderung der Präsidentenamtszeit. Im Mai 1974 zog sich Wagner aus gesundheitlichen Gründen aus der operativen Geschäftsführung zurück und schied schließlich am 31. Oktober 1974 aus dem BDI aus.
- Fortgang
Bis zur Verabschiedung in den Ruhestand 1982 behielt er als beratendes Präsidialmitglied Aufgaben inne, zum Beispiel die Verbindung zu europäischen und internationalen Verbandsorganisationen zu pflegen. Wagner starb am 28. Juli 1997 in München.
Fritz Neef (1974-1977)
- Herkunft und Werdegang
Fritz Neef wurde am 10. Januar 1913 in Dresden geboren und studierte nach dem Abitur 1931 bis 1935 Staats- und Volkswirtschaften. Bis 1939 arbeitete er als Abteilungsleiter der Prüfungsstelle Glasindustrie in Berlin und promovierte, aufbauend auf dortigen Erfahrungen, 1942 in Prag. 1939-1941 absolvierte er seinen Wehrdienst. Von 1942 bis 1945 war als Referent im Reichswirtschaftsministerium tätig. Nach dem Krieg arbeitete er in den Vorgängerverwaltungen des späteren Bundeswirtschaftsministeriums in Minden und Frankfurt/Main. Nach erfolgreicher Laufbahn im BMWi ab 1949 war Neef dort von 1963-1968 als beamteter Staatssekretär und 1968/1969 in gleicher Funktion im Bundeslandwirtschaftsministerium tätig. Im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) hatte er sich einen Namen gemacht, insbesondere in der zweiten Verhandlungsrunde („Kennedy-Runde“).
- Im BDI
Nach dem sozialliberalen Regierungswechsel berief das BDI-Präsidium Neef mit Wirkung vom 15. November 1969 auf Empfehlung Helmuth Wagners zum Hauptgeschäftsführer. Erstmalig in der Geschichte des BDI bekleidete damit ein ehemaliger hoher Staatsbeamter dieses Amt. Wagner und Neef führten die Geschäfte des Verbands bis Anfang 1974 arbeitsteilig. Fachlich an seine ministeriale Erfahrung anknüpfend oblagen Neef die Bereiche der Wirtschafts- und Europapolitik, bis er nach dem Ausscheiden Wagners die alleinige Geschäftsführung übernahm (s.o. zu Wagner). Bereits zum 18. März 1974 war Neef zum Geschäftsführenden Präsidialmitglied, ab 12. Mai 1975 unter der neuen Dienstbezeichnung „Hauptgeschäftsführer mit Zusatz Mitglied des Präsidiums“, berufen worden. Hans Dichgans, ehemaliges langjähriges geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie hatte von Juni 1974 bis September 1975 interimistisch die Aufgaben Wagners in der Hauptgeschäftsführung übernommen und fungierte als Stellvertreter Neefs. Mit den Rationalisierungsbeschlüssen einer Präsidialkommission reorganisierte der Verband unter Neefs Geschäftsführung seine Kommunikationsstrategie und gab ihr 1975 mit Kurt Steves als Beauftragter der Hauptgeschäftsführung für Information und Kommunikation eine zentralere Position. Neefs Amtszeit wurde durch die Nachwirkungen der Rezession 1967/68 und die erste Ölpreiskrise 1973 geprägt. Mit den großen außerparlamentarischen Prozessen, wie der Studentenunruhen oder der Außerparlamentarische Opposition sowie mit der Mitbestimmungsdiskussion gewannen im BDI verteilungs- und ordnungspolitische Themen in den frühen 1970er Jahren an Priorität. Mit Vollendung seines 65. Lebensjahres wurde Neef am 17. Juni 1977 in den Ruhestand verabschiedet.
- Fortgang
Bis zu seinem Tod blieb er beratendes Präsidialmitglied. Er starb am 29. August 1979 in Holz (Lindlar).
Siegfried Mann (1977-1989)
- Herkunft und Werdegang
Siegfried Mann wurde am 21. September 1926 in Stuttgart geboren und war vor Abschluss des Abiturs ab 1943 beim Arbeitsdienst. Er leistete seinen Wehrdienst in der Wehrmacht und diente bis Kriegsende. Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft absolvierte er 1946 sein Abitur. 1948-1952 studierte Mann Rechts- und Staatswissenschaften. Von 1953 bis 1956 war er als Gerichtsreferendar in Tübingen und gleichzeitig als wissenschaftlicher Assistent tätig. Mann promovierte 1955 und legte 1956 das Zweite Juristische Staatsexamen ab. Nach seinem Eintritt in die Innenverwaltung des Landes Baden-Württemberg im September 1956 wechselte er nach einem Jahr in das Bundesministerium für Verteidigung und durchlief die Karriere eines Ministerialbeamten bis zum Ministerialdirektor 1971. Ein Jahr später wurde er beamteter Staatssekretär und war in erster Linie für Rüstungswirtschaft und -technik sowie die mittel- und langfristige Planung der Bundeswehr zuständig. Zunehmend sah er sich mit der Politik der sozialliberalen Regierungskoalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt im Widerspruch und ließ sich in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
- Im BDI
BDI-Präsidium und -Vorstand beschlossen im November 1976, Siegfried Mann mit Wirkung vom 1. Januar 1977 gleichberechtigt neben Fritz Neef als Hauptgeschäftsführer zu stellen - ohne ihn bereits zum außerordentlichen Mitglied des Präsidiums zu berufen. Nach der Einarbeitungszeit löste er Neef nach dessen Ausscheiden mit Wirkung vom 18. Mai 1977 ab. Mann begann seine Amtszeit beim BDI noch unter der Präsidentschaft von Hanns-Martin Schleyer. Vier weitere Präsidenten folgten während seiner Hauptgeschäftsführung: Nikolaus Fasolt, Rolf Rodenstock, Hans-Joachim Langmann und Tyll Necker. In diesen Jahren waren zunächst die Auswirkungen der Ölpreiskrise („Kleine Weltwirtschaftskrise der siebziger Jahre“) zu bewältigen. Die Stimme des BDI im wirtschaftspolitischen Dialog dieser Jahre gewann mit Siegfried Mann an Gewicht und Überzeugungskraft. Mit ihm setzte sich der BDI gemeinsam mit den europäischen Schwesterverbänden für den Erhalt der freien Marktwirtschaft ein, indem u.a. auf die Auswirkungen eines verstärkten Protektionismus aufmerksam gemacht wurde. Zugleich straffte Mann die innerverbandliche Organisation. Die von ihm 1986 neu eingeführte Leitungsstruktur mit einem Hauptgeschäftsführer und weiteren Mitgliedern der Hauptgeschäftsführung hat der BDI bis heute beibehalten.
- Fortgang
Nach dem Ausscheiden aus dem BDI auf eigenen Wunsch zum 31.12.1989 galt Manns Interesse der staatswissenschaftlichen Frage nach der Funktion und dem Selbstverständnis von Verbänden in einem pluralistischen System. Er promovierte 1993 ein zweites Mal mit einer politikwissenschaftlichen Arbeit. Siegfried Mann starb am 27. August 2011 in Wachtberg.
Ludolf von Wartenberg (1990-2006)
- Herkunft und Werdegang
Ludolf-Georg von Wartenberg wurde am 22. September 1941 in Fürstenwalde/Spree geboren und stammt aus einer preußischen Offiziersfamilie. Er studierte Volkswirtschaft und Geschichte bis zum Diplom 1967 und promovierte 1970. Von 1967 bis 1972 war von Wartenberg als Betriebsberater bei der Handwerkskammer Hannover tätig und anschließend bis 1976 als Geschäftsführer eines Verbands der Wohnungswirtschaft. 1985-1987 war er Direktor bei der Hannover-Rückversicherungs-AG in Hannover.
Politisch seit 1967 in der CDU aktiv kam er 1976 über die niedersächsische CDU-Landesliste in den Deutschen Bundestag und saß von 1980 bis 1987 als Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Finanzausschuss. Bei der Regierungsneubildung im März 1987 wurde von Wartenberg Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Im Zusammenhang mit der Regierungsumbildung vom April 1989 sollte er ursprünglich als Staatssekretär in das Bundesfinanzministerium wechseln. Stattdessen schlug BDI-Präsident Tyll Necker von Wartenberg als Nachfolger von Siegfried Mann vor.
- Im BDI
Das BDI-Präsidium ernannte ihn zum 1. Januar 1990 zum neuen BDI-Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums. Von Wartenberg übte sein Amt unter den Präsidenten Tyll Necker, Heinrich Weiss, Hans-Olaf Henkel, Michael Rogowski und Jürgen R. Thumann aus. In seiner Position trug er maßgeblich dazu bei, den BDI in diesen Jahren neu auszurichten. Wirtschaftspolitisch waren die 1990er Jahre geprägt von der deutschen Wiedervereinigung, einem immensen Globalisierungsschub und einem Exportboom für die deutsche Wirtschaft. Strukturveränderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sowie die innerverbandliche Bewertung der Aufgabenstruktur des BDI aus Sicht der BDI-Mitgliedsverbände prägten die Verbandsentwicklung. In den neuen Bundesländern wurden BDI-Landesverbände gegründet. Eine von Ludolf von Wartenberg federführend mitinitiierte Studie empfahl 1994 auf der Mitgliederversammlung die Neuausrichtung des BDI-Themenportfolios, der Mitgliederbasis und der Zusammenarbeit mit den anderen Spitzenverbänden. Ein Ergebnis der verbandsinternen Diskussionen war der Beschluss der BDI-Mitgliederversammlung 1995, die Geschäftsstelle von Köln nach Berlin zu verlegen und mit den Spitzenverbänden BDA und DIHK ein gemeinsames Haus der Deutschen Wirtschaft zu bauen. Im November 1999 bezogen die drei Verbände ihren neuen Sitz in Berlin Mitte. In die gleiche Zeit fiel die Diskussion um die Aufnahme von Verbänden in den BDI, die die Interessen der industrienahen Dienstleister vertraten. 2001 hatte dies eine Satzungsänderung zur Folge. Außenwirtschaftlich wurden unter von Wartenbergs Geschäftsführung die Dialogplattformen mit den USA ausgebaut (US-German Round Table und Transatlantic Business Dialogue sowie der Asien-Pazifik-Ausschuss (APA) gegründet. Ende 2006 wollte von Wartenberg aus Altersgründen aus seinem Amt als Hauptgeschäftsführer ausscheiden. Das Angebot, noch ein weiteres Jahr zu verlängern, schlug er aus - trotz der Schwierigkeit, einen Nachfolger zu finden. Unter der Präsidentschaft von Jürgen R. Thumann gab es im Verlauf des Jahres zum zweiten Mal in der Verbandsgeschichte Diskussionen um eine Fusion von BDA und BDI, der von Wartenberg kritisch gegenüberstand. Bis zur Besetzung durch einen Nachfolger übernahmen ab Januar 2007 die bisherigen Mitglieder der Geschäftsführung, Klaus Bräunig und Carsten Kreklau die Aufgaben der Hauptgeschäftsführung kommissarisch wahr.
- Fortgang
Ludolf von Wartenberg hatte anschließend diverse Beratungsmandate inne und ist inzwischen im Ruhestand.
Werner Schnappauf (2007-2011)
- Herkunft und Werdegang
Werner Schnappauf wurde am 30. August 1953 in Steinbach am Wald geboren. Nach dem Wehrdienst studierte er bis 1974 Rechts- und Staatswissenschaften und promovierte 1982 in Bayreuth. Beruflich knüpfte er an sein akademisches Thema „Standortbestimmung bei Kernkraftwerken“ in verschiedenen Stellen der öffentlichen Verwaltung in Umwelt- und Landesentwicklungsressorts an. Als CSU-Mitglied war er seit 1989 im Bayerischen Landtag vertreten. Nachdem er ab 1996 den Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen geleitet hatte, wurde er 1998 Staatsminister für Umwelt und Landesentwicklung und blieb es bis 2007. Bundespolitisches Profil hatte Schnappauf zuvor als Vorsitzender der Umweltministerkonferenzen 1999 gewonnen.
- Im BDI
Mit seinen Erfahrungen als Umweltpolitiker nominierten auf Vorschlag von Präsident Jürgen R. Thumann BDI-Präsidium und -Vorstand Schnappauf als neuen Hauptgeschäftsführer. Er trat dieses Amt am 15. November 2007 an. Die Berufung galt auch als Signal: Der Verband hatte sich mit seiner 2007 ins Leben gerufenen BDI-Initiative „Wirtschaft für Klimaschutz“ positioniert und erstmals in der BDI-Geschichte eine Klimastudie vorgelegt. Vor dem Hintergrund der globalen Finanzkrise trat Schnappauf dafür ein, die wirtschaftlichen Herausforderungen mit den ehrgeizigen Klimaschutzzielen und bezahlbaren Energiepreisen sowie dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ökonomisch und strukturpolitisch in Einklang zu bringen. Organisatorisch strukturierte er die Geschäftsstelle in Anlehnung an einen ministerialen Aufbau stark um. Im März 2011 trat Schnappauf von seinem Amt als BDI-Hauptgeschäftsführer zurück. Diese Konsequenz zog er aufgrund einer Indiskretion bei einer Präsidiumssitzung zur künftigen Kernenergiepolitik der Bundesregierung nach dem Reaktorunglück von Fukushima im März 2011. Interne Protokollnotizen aus einer Gremiensitzung mit Bundeswirtschaftsminister Brüderle waren an die Öffentlichkeit gelangt. Die Aufgaben von Werner Schnappauf wurden auf die Mitglieder der Hauptgeschäftsführung des BDI, Dieter Schweer und Stefan Mair, aufgeteilt.
- Fortgang
Schnappauf ist als Rechtsanwalt und Berater der Bank of America tätig und seit Januar 2020 Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE).
Markus Kerber (2011-2017)
- Herkunft und Werdegang
Markus Kerber wurde am 23. Juli 1963 in Ulm geboren. Er studierte 1983-1988 Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft und promovierte 1993 in Hohenheim.
1992-2003 war Kerber unternehmerisch im Finanzsektor und in der IT-Branche tätig. 1998 beteiligte er sich an der Firma GFT Technologies AG. Kerber wurde 1998 dort Finanzvorstand und führte inmitten des IT-Booms jener Jahre das Unternehmen 1999 erfolgreich an die Börse.
Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) holte Kerber 2006 in sein Haus und übertrug ihm die Leitung der Abteilung Grundsatzfragen und internationale Analysen. Als Schäuble im Herbst 2009 ins Bundesfinanzministerium wechselte, war Kerber die einzige Führungskraft, die er mit in sein neues Ressort nahm. Dort war er als Abteilungsleiter für finanzpolitische und volkswirtschaftliche Grundsatzfragen zuständig. 2011 koordinierte Kerber noch zusätzlich Fragen der internationalen Finanz- und Währungspolitik. Als solcher war er auch an der Vorbereitung von G-20-Finanzministertreffen beteiligt.
- Im BDI
Zum 1. Juli 2011 übertrug das BDI-Präsidium Kerber das Amt des BDI-Hauptgeschäftsführers. Er vereinfachte die Organisation der Geschäftsstelle und knüpfte damit wieder an die traditionelle Struktur mit vier fachlichen Strängen unter der jeweiligen Leitung eines Mitglieds der Hauptgeschäftsführung an. Kerber richtete seinen Blick vor dem Hintergrund aktueller Megatrends wie v.a. Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel auf den Ausbau der europäischen und internationalen wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit. Die BDI-Vertretung in Brüssel bezog folgerichtig 2015 ein neues Quartier und im September 2016 wurde das BDI-Büro in Peking eingeweiht. Im selben Jahr positionierte sich der BDI mit Präsident Ulrich Grillo und Kerber an der Spitze für die geplanten EU-Handelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP). Zudem unterstützte die Geschäftsführung gemeinsam mit der BDA und dem DIHK unter der deutschen G20-Präsidentschaft 2017 die Vorbereitung des offiziellen Wirtschaftsdialogs der G20, die Business 20 (B20).
Im Sommer 2014 wurde Kerber von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in einen 13-köpfigen Expertenbeirat berufen, um konkrete Vorschläge zur Förderung der Investitionstätigkeit in Deutschland auszuarbeiten. Kerber schied auf eigenen Wunsch zum 31. März 2017 aus dem Amt des BDI-Hauptgeschäftsführers aus. Sein Nachfolger wurde bereits ab Dezember 2016 in die Geschäfte eingeführt.
- Fortgang
Kerber ist seitdem wieder unternehmerisch tätig und arbeitete zwischenzeitlich 2018-2021 als beamteter Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unter Bundesinnenminister Horst Seehofer. Daneben berät er die CDU Deutschlands in strategischen Fragen.
Joachim Lang (2017-2022)
- Herkunft und Werdegang
Dr. Joachim Lang, M.E.S., wurde 1967 in Wülfrath geboren. Von 1988 bis 1993 studierte er Rechtswissenschaften und Politikwissenschaften. Nach dem Ersten Juristischen Staatsexamen promovierte er 1994 in Münster über ein aktienrechtliches Thema. 1996 absolvierte er das Zweite Juristische Staatsexamen und schloss an der RWTH Aachen einen Magister in Europastudien ab. Nach einer ersten Tätigkeit als Dezernent für Rüstungskontrollrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung in Bonn wechselte Lang in das Sekretariat des Bundesrates, wo er bis 1999 in mehreren Ausschüssen die Aufgabe des stellvertretenden Ausschusssekretärs wahrnahm und im Bereich Grundsatzangelegenheiten und Parlamentsrecht arbeitete. Anschließend nahm er bis 2006 die Funktion des Koordinators für Bund-Länder- und Europaangelegenheiten beim Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wahr. Vor der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wechselte er ins Bundeskanzleramt, wo er die Koordinierung der Europapolitik der Bundesregierung leitete. Ende 2007 erfolgte der Wechsel zum Dax-Unternehmen E.ON, dessen Repräsentanz er bis 2016 führte.
- Im BDI
Lang wurde im Dezember 2016 Mitglied der Hauptgeschäftsführung, im April 2017 zum Hauptgeschäftsführer des BDI ernannt und im Juni 2017 in das Präsidium des BDI gewählt. Mit anderen Wirtschaftsverbänden rief Lang im Frühsommer 2017 die Taskforce BREXIT ins Leben, die sich mit den Herausforderungen und Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union für die deutsche und europäische Wirtschaft befasste. 2018 legte der BDI mit der vielbeachteten Studie „Klimapfade für Deutschland“ eine ausführliche volkswirtschaftliche Analyse verschiedener Ansätze zur Emissionsreduktion vor. 2019 folgte das Grundsatzpapier China, das einen Richtungswechsel im Blick auf China auslöste und den Staat erstmals als „systemischen Wettbewerber“ bezeichnete. Schließlich reagierte das Büro der BDI-Hauptgeschäftsführung zügig auf die Anfang 2020 ausgebrochene Corona-Pandemie mit regelmäßig erscheinenden Empfehlungen für Unternehmen unter dem Titel „COVID-19-Sachstand - Wirtschaftliche Auswirkungen“. Unter der Geschäftsführung von Lang gewann die Verbandskommunikation in den sozialen Medien an Bedeutung und Reichweite.
- Fortgang
Mit Zustimmung des Präsidiums legte Lang zum 31. Mai 2022 seine Funktion als Hauptgeschäftsführer des BDI und Mitglied des BDI-Präsidiums nieder, um sich künftig neuen Aufgaben außerhalb des Verbandes zu widmen. Bis zum Amtsantritt der Nachfolgerin, Tanja Gönner, zum 15. November 2022 führten die weiteren Mitglieder der Hauptgeschäftsführung, Holger Lösch, Wolfgang Niedermark und Iris Plöger die Geschäfte des BDI.