Die Weltwirtschaft in schwierigem Fahrwasser – Business 20 so gefragt wie nie
Wie muss man sich die B20 vorstellen?
Seit 2010 ist die B20 (Business 20) der offizielle Wirtschaftsdialog der G20, der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Das weltweite Beratungsgremium unterstützt die G20-Staaten bei der Lösung globaler Herausforderungen. Koordiniert wird die international vernetzte Arbeit der B20 von den Wirtschaftsvertretern des Landes, das die G20-Präsidentschaft innehat. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, der BDI, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, waren 2016-2017 für die Organisation der deutschen B20 verantwortlich. Von der Industrie bis zum Finanzsektor, große wie kleine Unternehmen – die B20 vertritt mit einer Stimme die Interessen der Wirtschaft der G20-Länder. Mehr als 700 Unternehmens- und Verbandsvertreter nehmen jedes Jahr an der B20 teil. Auf die Empfehlungen, die schließlich an die G20 gerichtet werden, einigen sich die Mitglieder der B20 im Konsens.
Welche Themen stehen auf der Agenda der B20?
Die Themen des jeweiligen B20-Zykluses orientieren sich an der Schwerpunktsetzung der G20. Neben den bekannten ständigen Aufgabenfeldern der G20 wie Weltwirtschaft, Handel und internationale Finanzarchitektur entscheidet sich jede G20-Präsidentschaft für eigene Schwerpunkte. Die saudi-arabische G20-Präsidentschaft stellt beispielsweise die Themen der Ermächtigung der Menschen sowie den Schutz des Planeten in den Mittelpunkt.
Kann man mit der B20 etwas bewirken?
Der politische Handlungsbedarf in den klassischen B20-Themen Handel, Investitionen und Finanzmärkte ist gewaltig. Aber auch bei den neuen Themen wie Digitalisierung, Klimawandel und Gesundheitsfragen ist der Handlungsdruck nicht minder groß. Dass es nicht einfach ist, einen internationalen Konsens bei diesen Themen herzustellen, hat der G20 Gipfel in Hamburg Anfang Juli 2017 gezeigt.
Es ist daher schon ein Wert an sich, dass sich Wirtschaftsvertreter aus der gesamten G20 regelmäßig austauschen, Interessen konsolidieren und sich gemeinsam für Positionen einsetzen. Die B20 trägt so zu Verständigung und Vernetzung bei. Oft merkt man erst durch diesen intensiven Austausch, dass Interessen und Ziele ähnlicher sind als man denkt. Für die G20 ist es wichtig, eine konsolidierte Wirtschaftsposition zu haben anstatt einer Kakophonie aus Stimmen einzelner Länder. Zudem ist die G20 auf die Expertise und die praktischen Erfahrungen der Wirtschaft angewiesen, um die richtigen Maßnahmen zu identifizieren.
Einem großen Teil der B20-Empfehlungen wird in G20-Beschlüssen entsprochen. So werden regelmäßig die Empfehlungen der B20 explizit in G20-Erklärungen erwähnt. Wir haben den Eindruck, dass die B20 beispielsweise dazu beigetragen hat, dass sich die G20 nun dem Thema digitaler Handel widmet und dass es zahlreiche G20-Initiativen für eine verbesserte Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen gibt.
Knallt es auch manchmal in der B20?
Die Arbeit der B20 ist auf den G20-Gipfel ausgerichtet. Dort diskutieren die Staats- und Regierungschefs der 20 Staaten und der EU über die großen globalen Herausforderungen. Bis dahin arbeitet die B20 in internationalen und branchenübergreifenden Arbeitsgruppen unter Hochdruck an konkreten Handlungsempfehlungen.
Es ist selbstredend, dass es – wie auch in der G20 – zum Teil schwierige Verhandlungen und auch hitzige Diskussionen gibt. Diese sind auch erwünscht, denn die B20 soll ja gerade dazu beitragen, einerseits Interessenüberschneidungen zu identifizieren, andererseits aber auch zu kreativen Lösungen und Kompromissen zu kommen. Es herrscht bei allem intensiven Austausch aber immer eine angenehme Diskussionskultur. Wir teilen ja dieselben Ziele: ein nachhaltiges, inklusives und dynamisches Wachstum einer immer näher zusammenwachsenden Welt.
Braucht die Welt die G20 wirklich?
Die großen Chancen der Weltwirtschaft können einzelne Staaten längst nicht mehr im Alleingang nutzen. Und genauso wenig können sie alleine die großen Herausforderungen meistern. Nationale Alleingänge sind zum Scheitern verurteilt. Deshalb ist die G20 nicht nur wichtig, um wirtschaftspolitische Impulse zu setzen. Sie ist wichtig, um die Agenda der internationalen Wirtschafts- und Ordnungspolitik zu gestalten. Sie hilft, die Regeln für die Weltwirtschaft weiterzuentwickeln. Zwar hat die G20 keine feste Geschäftsstelle wie der Internationale Währungsfonds oder die Welthandelsorganisation. Im Gegensatz zu den genannten Organisationen kann sie auch keine völkerrechtlich bindenden Beschlüsse fassen. Aber gerade weil sie nicht auf starre Strukturen angewiesen ist, hat sie in Krisenzeiten die notwendige Flexibilität bewiesen, um wichtige Leitplanken in der globalen Ordnungspolitik zu verankern.
Was wünschen Sie sich von der saudischen B20?
Nach der ersten Veranstaltung der saudi-arabischen B20-Präsidentschaft bin ich optimistisch, dass die B20 unter saudischem Vorsitz, wie schon in der Vergangenheit, einen Beitrag zur Ordnung der Weltwirtschaft leistet, indem sie konkrete und umsetzbare Empfehlungen für die G20 entwickeln wird. Entsprechend sollte sie nicht vor den schwierigen Themen zurückschrecken. Dazu gehören zurzeit in erster Linie der Welthandel, die internationale Klimapolitik und der Themenkomplex Digitalisierung. Wie effektiv die B20 ist, hängt neben ihren Empfehlungen zudem maßgeblich vom Prozess ab: Mitbestimmung der Mitglieder, Repräsentativität und Transparenz. Unter deutschem Vorsitz hat die B20 diesbezüglich eine Reihe von Reformen vorgenommen. Zudem haben wir die Kooperation zwischen den Dialogpartnern der G20 deutlich gestärkt. Ich würde mir wünschen, dass die saudische B20 dies fortführt. In diesem Zusammenhang freue ich mich schon auf die kommende Zusammenarbeit in den Taskforces sowie dem Action Council Frauen in der Wirtschaft.
Stormy-Annika Mildner ist seit 2014 Abteilungsleiterin Außenwirtschaftspolitik beim BDI. 2016-2017 war sie Sherpa der B20-Deutschland.