EU-Emissionshandel: Vorsicht vor einseitigem Klimakurs
Die EU-Kommission hat im Juli 2015 ihren Vorschlag für die Überarbeitung des „Emissions Trading System“ (ETS) vorgelegt. Das Europaparlament hat diesen Vorschlag im Februar 2017 zum Teil verschärft, an einigen Stellen jedoch auch verbessert. Nötig geworden ist die Überarbeitung der EU-ETS-Richtlinie, weil bereits im Oktober 2014 der Europäische Rat das neue anspruchsvolle EU-Klimaziel für 2030 beschlossen hatte. Die Treibhausgasemissionen müssen bezogen auf das Jahr 1990 um 40 Prozent gesenkt werden. Dazu muss auch der Emissionshandel deutlich mehr beitragen als bisher.
Parlament stimmt für einen Mittelweg
Die noch zulässige Emissionsmenge des ETS-Sektors soll gemäß dem Votum im Parlament ab 2021 um 2,2 Prozent pro Jahr abnehmen. Dem Versuch der Grünen, eine noch ambitioniertere Absenkungsrate festzulegen, ist das Plenum nicht gefolgt. Weiter hat das Parlament mit überwältigender Mehrheit für mehr kostenfreie Zertifikate gestimmt, als von der EU-Kommission vorgeschlagen. Anlagen, die im internationalen Wettbewerb stehen, erhalten eine kostenfreie Zuteilung. So wird das Risiko der Abwanderung in Staaten mit weniger scharfen Klimaauflagen verringert. Der BDI hat sich gemeinsam mit seinen Mitgliedsverbänden und den europäischen Industrieverbänden massiv dafür eingesetzt, dass wenigstens für die effizientesten Anlagen unangemessene ETS-Kosten verhindert werden. Nur so kann ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft sichergestellt werden. Der BDI unterstützt Klimaschutz und Emissionshandel, setzt sich aber für Regelungen ein, die deutschen Industrien auch in Zukunft Wachstum in der EU ermöglichen.
Anreize für kohlenstoffarme Prozesse und Produkte schaffen
Das Parlament will, dass der Emissionshandel „gestärkt“ wird, um Unternehmen vermeintlich stärkere Anreize zu setzen, in kohlenstoffarme Prozesse und Produkte zu investieren. Das ETS funktioniert nur mit einer gewissen Knappheit der Emissionsrechte. Inzwischen ist jedoch ein großer Überschuss an nicht benötigten Zertifikaten entstanden, denn die Wirtschafts- und Finanzkrise hat zu einem deutlichen Produktionseinbruch geführt. Weil auch nicht benötigte Emissionsrechte gültig bleiben, ist der Preis für die Emission einer Tonne Treibhausgas auf etwa fünf Euro gesunken. Das Parlament sähe gerne höhere CO2-Preise: Deshalb sollen die überschüssigen Zertifikate möglichst schnell in einer Reserve „geparkt“ werden, also nicht mehr direkt dem Markt zur Verfügung stehen. Ein solches Vorgehen wäre aus Industriesicht akzeptabel, solange die Emissionsrechte nicht gelöscht werden. Und die vom ETS betroffenen Unternehmen müssen weiter effektiven Schutz vor Abwanderung erhalten.
Entscheidung über Emissionshandelsreform im Trilog
Der EU-Umweltrat hat seine Position für die weiteren Verhandlungen Ende Februar definiert. Parlament, Rat und EU-Kommission müssen sich nun im sogenannten Trilog auf die endgültigen Vorgaben für die Emissionshandelsreform einigen. Der BDI drängt weiter darauf, dass die ab 2021 ohnehin stärker als bisher abnehmende Zertifikatemenge im Trilog nicht noch weiter beschnitten wird. Nur wenn Europa baldmöglichst investitionsfreundliche Regelungen definiert, können auch in Zukunft hochwertige Arbeitsplätze in der EU gesichert werden.
Die US-Regierung hat einen Kurswechsel beim Klimaschutz angekündigt. Der Brexit steht bevor. Die EU darf vor diesen bedrohlichen Entwicklungen in der Energie- und Klimapolitik nicht die Augen verschließen. Wenn die EU jetzt unbeirrt ihren Klimakurs verschärft und beim EU-Emissionshandel die Schrauben weiter einseitig anzieht, gefährdet sie unnötig das einzigartige Produktionsnetzwerk Europa.