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Europäische Geldpolitik

Die Konjunktur in der Eurozone entwickelt sich im Jahr 2018 weiterhin positiv. Die Preissteigerung nähert sich dem Zielwert von nahe aber unter zwei Prozent. Damit steht die Änderung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bevor. Die Anpassung des Kurses an die wirtschaftliche Entwicklung muss nun sorgfältig vorbereitet werden, um Verzerrungen auf den Finanzmärkten und Probleme in der Unternehmensfinanzierung zu vermeiden.

Die EZB ist der zentrale geldpolitische Akteur der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU). Während die EZB in erster Line der Preisniveaustabilität verpflichtet ist, hat sie daneben auch das Mandat, die Wirtschaftspolitik bei der Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und dauerhaften Wachstums zu unterstützen. Darüber hinaus zeichnet sie für das reibungslose Funktionieren und die Stabilität des Euro-Zahlungsverkehrs verantwortlich.

Die Entwicklungen nach der Krise 2008 haben die EZB vor besondere Herausforderungen gestellt. Einerseits erforderten Liquiditätsprobleme im Bankenwesen Interventionen, um den Zahlungsverkehr aufrecht zu erhalten, andererseits entfernte sich die Inflation zunehmend vom Zielwert von knapp unter zwei Prozent. Trotz einer Serie von Zinssenkungen blieb die Inflation im Euroraum nur knapp über null Prozent bzw. in einigen Mitgliedstaaten sogar darunter.

Nach der Senkung der Leitzinsen auf 0,05 Prozent im September 2014 war dieses geldpolitische Instrument erschöpft, ohne sich dem Ziel einer zweiprozentigen Inflationsrate zu nähern. Gleichzeitig blieb das Geldmengenwachstum (M3) hinter den Erwartungen zurück, sodass sich die EZB im Januar 2015 entschloss, zusätzlich zu bisherigen Programmen zum erweiterten Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Extended Asset Purchase Programme, APP) zu greifen. Angekauft werden nationale Staatsanleihen sowie supranationale Papiere europäischer Institutionen.

Darüber hinaus hat die EZB im Juni 2016 ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) vorgelegt. Am Höhepunkt des expansiven geldpolitischen Kurses erwarb die EZB Anleihen in Höhe von 80 Milliarden Euro monatlich. Im Herbst 2017 reduzierte die EZB als Reaktion auf eine beginnende Normalisierung der Inflationsrate schließlich das Volumen der Anleihekäufe und leitete damit die geldpolitische Trendwende ein. Im Juni 2018 beschloss der EZB-Rat, das Volumen von 30 Milliarden Euro unverändert zu lassen. Anschließend ist eine Absenkung auf monatlich 15 Milliarden Euro bis Dezember 2018 geplant. Da sich die Zielinflationsrate immer noch nicht verwirklicht hat, bleiben die drei Hauptzinssätze (Leitzins, Spitzenrefinanzierungssatz und Einlagenfazilität) unverändert bei null Prozent, 0,25 sowie -0,4 Prozent. Es zeichnet sich ab, dass diese Niveaus über den Sommer 2019 hinaus beibehalten werden.

Die Geldpolitik der EZB verfolgt aus Sicht der Industrie die richtigen Ziele, d.h. die Kreditversorgung der Wirtschaft zu sichern und eine gefährliche Deflation zu verhindern. Eine derartige Situation stellte sich z.B. in Japan in den letzten zwei Dekaden ein – mit äußerst niedrigem Potenzialwachstum. Da sich die Konjunktur sukzessive erholt hat, ist die Entscheidung einer Reduktion des Aufkaufprogramms angemessen. Auch die Kreditvergabe an Unternehmen der Realwirtschaft steigt seit 2017 wieder nachhaltig an. Der Ausstieg aus der Niedrigzinsphase sollte allerdings mit Feingefühl und nicht überstürzt erfolgen.