Gas- und Strompreisbremsen kommen
Die Strom- und Gaspreise sind weiterhin um ein Vielfaches höher als der Durchschnitt der letzten Dekade. Der Gaspreis für den Frontmonat am niederländischen Gashandelspunkt TTF hält sich derzeit über der 100-Euro-Marke pro Megawattstunde, während der Strompreis für 2023 an der Leipziger Strombörse bei 350 Euro pro Megawattstunde liegt. Das belastet nicht nur energieintensiven Betriebe, sondern setzt die Industrie in ihrer ganzen Breite unter massiven Kosten- und Wettbewerbsdruck.
Deshalb ist das Anliegen der Bundesregierung, die Belastung der Industrie durch hohe Energiepreise zu dämpfen, richtig. Hierbei muss im Bereich Gas eine schmale Gradwanderung gelingen: Zum einen muss durch Sparanreize eine drohende Mangellage verhindert werden. Zum anderen muss durch gedämpfte Gaspreise Wettbewerbsfähigkeit abgesichert, Rezession bekämpft und vor allem Produktionsstandorte in Deutschland gesichert werden.
Die im November 2022 bekannt gewordenen Gesetzesentwürfe zeigen, dass sich die Bundesregierung bei den Preisbremsen bei Zielpreis und Höhe des zu entlastenden Kontingents an den Vorschlägen der Kommission Gas und Wärme orientiert. Für die Industrie soll ab Januar 2023 demnach eine Gaspreisbremse in Höhe von netto sieben Cent pro Kilowattstunde auf 70 Prozent des Verbrauches des Jahres 2021 kommen.
Zeitgleich legte die Bundesregierung ihren Gesetzesentwurf für eine Strompreisbremse dar. Ebenfalls soll ab Januar 2023 ein Strompreis von netto 13 Cent pro Kilowattstunde auf 70 Prozent des Verbrauches des Jahres 2021 gelten.
EU-Beihilferahmen schränkt die Preisbremsen extrem ein
Grundsätzlich ist das Vorhaben der Bundesregierung richtig, die Industrie bei den stark gestiegenen Gaspreisen zu entlasten und die Preisbremse nun in einem zügigen Gesetzgebungsverfahren noch vor Weihnachten zu beschließen. Jedoch bleibt das Preisniveau für die Unternehmen im Vergleich zur Vorkrisenzeit trotz Preisbremsen sehr hoch und es gibt aus Sicht der deutschen Industrie weiterhin äußerst kritische Punkte. Insbesondere im Zusammenspiel zwischen der nationalen Gaspreisbremse und dem EU-Beihilferecht. So schränken die Vorgaben des EU-Beihilferahmens die Bremsen extrem ein und konterkarieren die Empfehlungen der Gaskommission in wesentlichen Teilen.
Überlegungen der Bundesregierung, diese staatlichen Hilfen an ein Boni- und Dividendenverbot zu knüpfen, lehnt der BDI entschieden ab. Boni und Dividenden erfüllen insbesondere in Familienunternehmen dieselbe Funktion wie das Gehalt der Beschäftigten und sind oftmals an nachhaltigkeitsbezogene Ziele gebunden sowie vertraglich festgelegt.
Härtefallregelungen für alle Branchen und Größenklassen
Aus Industriesicht gibt es außerdem noch Bedarf weitere Härtefallregelung zu entwickeln. Eine Begrenzung auf kleine und mittlere Unternehmen, wie in den Gesetzesentwürfen vorgesehen, ist inhaltlich nicht nachvollziehbar, insbesondere da sich die Gaskommission explizit für Härtefallregelungen, die „für alle Branchen, Größenklassen und Verbrauchsmuster offenstehen“ sollen, ausgesprochen hatte. Hier gibt es noch deutlichen Nachbesserungsbedarf.
Grundsätzlich ist es positiv, dass die notwendigen Entlastungen nun schnell und effektiv beginnen sollen und keine individuellen Antragsverfahren notwendig sind. Dennoch gilt, dass ohne Änderungen am EU-Beihilferahmen die Industrie nicht die Hilfen erhalten wird, die in dieser Krise dringend geboten sind. Hier gilt es seitens der Politik nachzufassen, damit die nationalen Gas- und Strompreisbremsen ihr Ziel einer wirksamen Entlastung auch erreichen können. Gleichzeitig sollten nun alle rechtlichen Freiräume genutzt werden, um auch Unternehmen zu unterstützen, die wegen der hohen Energiepreise in ernste Schwierigkeiten geraten, derzeit aber noch nicht unter die EU-Beihilfekriterien fallen. Der BDI wird die Ausgestaltung der Energiepreisbremsen daher bis zu deren Beschluss weiterbegleiten.