Mit Klick auf das Bild zur Pressekonferenz © Imago/Frank Ossenbrink

Gaskommission: Vorschlag zur Gaspreisbremse

Die Gaskommission schlägt einen pragmatischen Mechanismus vor, um die Gaskosten zu dämpfen und gleichzeitig Sparanreize für die Industrie zu setzen. In der Pressekonferenz zur Vorstellung des Zwischenberichts am 10.10.22 erklärt Siegfried Russwurm, Co-Vorsitzender der Kommission, die Gaspreisbremse für die Industrie in Höhe von sieben Cent pro Kilowattstunde.

Gas ist für die Industrie der wichtigste Energieträger und für etliche Branchen ein wichtiger Rohstoff. Durch die aktuellen nie gekannten Preissteigerungen stehen viele Unternehmen unter massivem Kosten- und Wettbewerbsdruck. Für eine große und weiter wachsende Zahl von Betrieben ist die Bedrohung existenziell. Es geht aber nicht nur um das Schicksal einzelner Betriebe und der dortigen Arbeitsplätze, sondern die Leistungskraft und die Exporterfolge der deutschen Industrie. Sie sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.

Wenn dieser Erfolg auf dem Spiel steht, dann steht mehr auf dem Spiel als die Existenz einzelner Betriebe. Dann ist das deutsche Wirtschaftsmodell gefährdet und damit unser Wohlstand und die Sicherheit unserer Sozialsysteme. Darauf hat die Bundesregierung in ihrem Auftrag an die Kommission eindringlich hingewiesen: Es gelte, eine Gefahr für die Stabilität unserer Volkswirtschaft und für den sozialen Zusammenhalt abzuwenden.

Entlasten und zugleich weiterhin Sparanreize setzen

Die Intensität unserer Beratungen bis heute zum Sonnenaufgang entsprach der Tragweite dieser Aufgabe. Ich danke meinen beiden Mit-Vorsitzenden und allen Kommissionsmitgliedern für ihre Beiträge, konzentrierte Arbeit und Ausdauer. Ja: wir haben gerungen. Aber wir haben ein Ergebnis erreicht, das wir für belastbar halten. Darauf kann die Bundesregierung jetzt aufsetzen. Ist es perfekt? Sicher nicht. Gibt es Orientierungen, die weiterhelfen? Wir denken schon. Aber klar ist auch: Entscheiden muss die Politik. Wir konnten nur Empfehlungen geben. Auch für die Industrie galt die Prämisse: Entlasten und zugleich weiterhin Sparanreize setzen.

Schon in den vergangenen Monaten hat die Industrie ihren Gasverbrauch in erheblichem Umfang reduziert: zwischen 20 und 25 Prozent über die gesamte Industrie hinweg. Die Einsparungen wurden zum Teil durch Effizienz und Prozessoptimierung, durch einen Wechsel des Energieträgers – zum Beispiel von Gas auf Öl, aber insbesondere auch durch eine deutliche Reduzierung von Produktion erreicht. Wir dürfen uns nichts vormachen. Letzteres schmerzt. Denn weniger Produktion heißt weniger Wachstum, weniger Beschäftigung, weniger Absatz, Erfolg und auch Steuern. Es ist zu befürchten, dass sich dieser Trend im kommenden Jahr fortsetzt. Wir driften in eine Rezession.

Auch deshalb ist das Anliegen der Bundesregierung, die Belastung der Industrie durch hohe Gaspreise zu dämpfen, richtig. Gleichzeitig müssen wir alle Hebel nutzen, die konkret drohende Gasmangellage in diesem Winter abzuwenden, also weiter Anreize zum Gaseinsparen setzen. Das ist eine Gratwanderung: Einerseits Sparanreize aufrecht erhalten, andererseits durch gedämpfte Gaspreise Wettbewerbsfähigkeit absichern, Rezession bekämpfen und vor allem Produktionsstandorte in Deutschland sichern.

Gaspreisbremse für Industrie in Höhe von sieben Cent 

Aus diesem Grund schlägt die Kommission einen einfachen und schnell umsetzbaren Mechanismus vor, der zum 1. Januar 2023 in Kraft treten soll. Maßgeblich war für uns, den Prozess zu einem "new normal" der Gaspreise und ganz generell der Energiepreise in Deutschland für die Industrie zu flankieren. Dieses "new normal" wird deutlich über dem Preisniveau vor dem 24. Februar 2022, aber auch deutlich unter den aktuellen Preisen liegen. Wo genau wissen wir nicht. Wann wir es erreichen, auch nicht – diesen Winter definitiv nicht, vielleicht im Verlauf des Jahres 2024.  

Wir haben ein grundsätzlich zu entlastendes Kontingent des Gasverbrauches eines Unternehmens definiert. Das Kontingent bemisst sich im Regelfall an 70 Prozent des Verbrauches des Jahres 2021. Für den verbleibenden Anteil wird der volle vertraglich vereinbarte Marktpreis fällig. Dadurch wird ein starker Sparanreiz gesetzt.

Eine mengenmäßige Obergrenze des zu entlastenden Gasverbrauches wird nicht definiert, da aufgrund der enormen Größenunterschiede der Unternehmen und der Bandbreite der verbrauchten Mengen eine diskriminierungsfreie Definition nicht möglich ist. Für das zu entlastende Kontingent wird ein Arbeitspreis von sieben Cent pro Kilowattstunde definiert. Die geförderte Gasmenge kann das verbrauchende Unternehmen für seine Zwecke nutzen oder am Markt verwerten. Die gewährte Subvention wird über den Gaslieferanten organisiert. Dieser wird vom Staat liquiditätsneutral mit den notwendigen Mitteln ausgestattet. Für die Inanspruchnahme des Programms müssen Unternehmen sich bei ihrem Versorger anmelden.

Arbeit der Gaskommission noch nicht zu Ende

Uns ist völlig bewusst: Ein „One fits all Ansatz“ ist nie völlig befriedigend. Wir sehen daher noch weiteren Bedarf – zum Beispiel eine Härtefallregelung für spezifisch gelagerte Problemfälle. Daran und an einer Reihe weiterer technischer Fragen der Umsetzung beider Ziele – also nochmal: Kostendämpfung und Aufrechterhaltung von Sparanreizen – wollen wir in den kommenden Wochen bis zur Vorlage des Abschlussberichtes der Kommission noch weiter arbeiten.