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Gemeinsame Erfolgschancen mit dem Globalen Süden gestalten
Ende Februar reiste EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem gesamten Kollegium der Kommissionsmitglieder nach Neu-Delhi, um die strategische Partnerschaft mit Indien weiter auszubauen und die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen bis Ende 2025 voranzutreiben. Auch beim EU-Südafrika Gipfel, an dem neben von der Leyen auch EU-Ratspräsident António Costa teilnahm, stand wirtschaftliche Kooperation, Energiewende, Sicherheit und Verteidigung, nachhaltige Wertschöpfungsketten sowie multilaterale Zusammenarbeit im Fokus. Zudem wurde mit den sechs Ländern des Golfkooperationsrats (GCC) im Herbst 2024 eine engere Kooperation vereinbart – einschließlich der Absicht lange ruhende Verhandlungen über ein Handelsabkommen wieder aufzunehmen. Beim Gipfeltreffen der EU mit den Mercosur-Staaten im Dezember 2024 konnte der Verhandlungsmarathon zum EU-Mercosur-Freihandelsabkommen erfolgreich beendet werden.
Gewiss waren die genannten Länder stets wichtige Partner der EU und Deutschland, doch der Ausbau dieser Beziehungen erfolgt nun unter neuen Bedingungen. Der globale Wettbewerb um Technologie und Wirtschaftsdominanz verschärft sich. Die USA haben einen Kurswechsel in der Verteidigungspolitik vorgenommen und sich mit einer protektionistischen Handelspolitik vom regelbasierten Welthandel verabschiedet. China bindet ressourcenreiche Entwicklungsländer durch die Belt and Road Initiative und BRICS+ zunehmend in seine Wertschöpfungskette ein – oft mit wirtschaftlichen Abhängigkeiten und als Gegenmodell zur westlichen Entwicklungszusammenarbeit.
Strategische Partnerschaften mit dem Globalen Süden: Wirtschaft und Entwicklung neu denken
Die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Ländern des sogenannten Globalen Südens steht daher im Mittelpunkt der internationalen Agenda des BDI. Besonders auf der Asien-Pazifik-Konferenz im Oktober 2024 in Delhi haben wir uns für einen raschen Abschluss eines Handelsabkommens mit Indien eingesetzt. In einem weiteren Positionspapier Anfang 2024 forderten wir eine „entwicklungspolitische Zeitenwende“. Entwicklungszusammenarbeit muss stärker mit der Außenwirtschaftsförderung verknüpft und sowohl an nationale als auch europäische Interessen gekoppelt werden. Finanzierungsinstrumente sollten entbürokratisiert und zielgerichtet eingesetzt werden – insbesondere zur Verknüpfung von deutschem technologischem Know-how mit lokalem Wissen. Zudem müssen europäische Unternehmen besseren Zugang zu öffentlichen Entwicklungshilfeprogrammen erhalten. Konkrete wirtschaftspolitische Forderungen für die Regionen Nahost, Lateinamerika, Subsahara-Afrika und Osteuropa sind Teil unserer Handlungsempfehlungen für die neue Bundesregierung .
Nachhaltige Wertschöpfungsketten, Digitalisierung, Infrastruktur, Arbeitskräfteentwicklung, Arbeitsmobilität und der Aufbau effizienter Gesundheitssysteme - all das sind Schlüsselbereiche für eine langfristige und erfolgreiche Nord-Süd-Kooperation. Auch Rohstoffpartnerschaften müssen enger mit der Entwicklungszusammenarbeit verknüpft werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu sichern. Besonders dringlich ist die schnelle Umsetzung der Infrastrukturprojekte im Rahmen des EUGlobal Gateway. Energie – und Infrastrukturprojekte in unmittelbarer Nachbarschaft, etwa in Nordafrika, sowie der India-Middle East Corridor (IMEC) sollten als Konnektivitätsinitiativen mit europäischer und lokaler Expertise vorangetrieben werden.
Globale Fairness und Präsenz ausbauen
Die deutsche Industrie setzt auf die langfristige Zusammenarbeit mit den Ländern des Globalen Südens und will sich als Teil einer geeinten EU nachhaltige, strategische Partnerschaften auf- und ausbauen und Europa als verlässlichen, wettbewerbsfähigen Partner positionieren. Dazu gehört auch, mit Transparenz und Fairness für Vertrauen in die EU zu werben in Ländern, die andere politische Systeme haben. Die politischen Entscheidungsträger der EU und der Mitgliedsstaaten müssen ihre Präsenz durch gezielte Wirtschaftsdiplomatie, bilaterale Besuche und Gipfeltreffen verstärken – und sicherstellen, dass das Engagement über bloße Rhetorik hinausgeht. Entscheidend ist, mit attraktiven Angeboten Win-Win-Situationen zu schaffen. Das stärkste Angebot bleit auch weiterhin: Der Zugang für Länder des Globalen Südens zum zweitgrößten Markt der Welt, dem EU-Binnenmarkt.