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Richtlinie zu Green Claims: Teure Doppelregulierung oder notwendiger Schutz vor Greenwashing?
Umweltaussagen – sogenannte Green Claims – gewinnen zunehmend an Bedeutung für die Meinungsbildung und Kaufentscheidungen von Konsument:innen. Allerdings variiert die Qualität dieser Aussagen und die entsprechenden Deklarationen der Hersteller über ihre Produkte und Dienstleistungen stark. Für Verbraucher:innen, die auf verlässliche Informationen angewiesen sind, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen, kann das irreführend sein. Hinzu kommt die unübersichtliche Vielfalt: Innerhalb der EU existieren rund 230 freiwillige Umweltzeichen mit teils sehr unterschiedlichen Wirkmechanismen und Anforderungen.
Geplante Richtlinie soll Verbraucher schützen
Die Bemühungen der EU-Kommission, im Business-to-Consumer-Verkehr (B2C) mehr Transparenz im Wettbewerb zu schaffen und Greenwashing zu vermeiden, sind grundsätzlich richtig. Die geplante Green-Claims-Richtlinie sieht vor, dass Unternehmen umweltbezogene Aussagen oder Umweltkennzeichnungssysteme künftig nur verwenden dürfen, wenn externe Prüfstellen diese zuvor verifiziert haben.
Hoher Aufwand – Risiko für ökologische Innovation
Die Anforderungen der geplanten Richtlinie könnten jedoch unbeabsichtigte Folgen haben. Ein System mit Erlaubnisvorbehalt könnte die Innovationsanreize ökologisch engagierter Unternehmen schwächen. Sie dürften Fortschritte in Bezug auf Nachhaltigkeit nur kommunizieren, wenn sie sich im Voraus auf einen zeit- und kostenintensiven Zertifizierungsaufwand einlassen würden.
Sollten Unternehmen diesen Aufwand scheuen, fehlen Verbraucher:innen wichtige Informationen für nachhaltige Entscheidungen. In der Folge würden unternehmerisch angestoßene Klima- und Umweltschutzmaßnahmen vermehrt nicht kommuniziert werden – mit negativen Auswirkungen auf den Verbraucherschutz, den Umweltschutz, die Wettbewerbsfähigkeit Europas und nicht zuletzt auf die Umsetzung der Ziele des European Green Deals.
Widerspruch zum Bürokratieabbau
Der Entwurf zur Green Claims Richtlinie steht zudem im deutlichen Widerspruch zu den erklärten Zielen der EU-Kommission zum Bürokratieabbau. Erst Ende Januar 2025 wurde im „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ betont, dass durch eine Vereinfachung von Regelungen der Verwaltungsaufwand drastisch reduziert werden soll, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der Kompass nennt dabei konkrete Ziele: die Reduzierung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen um mindestens 25 Prozent und für KMU um 35 Prozent. Die Green Claims-Richtlinie würde dem entgegenstehen.
Bestehender Verbraucherschutz reicht aus
Bereits heute schützt die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie, 2005/29/EG) EU-Verbraucher:innen vor irreführender Werbung (Prinzip der Vollharmonisierung Art. 4 UGP-Richtlinie). Insbesondere das Verbot irreführender Aussagen (Art. 6, 7 UGP-Richtlinie) gilt innerhalb der gesamten EU und erfasst auch Greenwashing.
Die jüngst verabschiedete Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher:innen für den ökologischen Wandel (EU) 2024/825 ergänzt die bestehenden Regelungen und bietet bereits einen ausreichenden Schutz vor irreführenden Umweltaussagen. Ein zusätzlicher Regelungskomplex durch die Green-Claims-Richtlinie erscheint daher überflüssig – und würde lediglich zu einer teuren und kontraproduktiven Doppelregulierung führen.