Großer Afrika-Gipfel in Berlin – wer umwirbt wen?
Im zunehmenden globalen Systemwettbewerb gewinnt Afrika für Deutschland rasant an strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Im Zuge der geopolitischen Weltlage setzt Deutschland auf stärkere Diversifizierung und die Verringerung einseitiger Abhängigkeiten. Ziele wie Klimaneutralität, Nachhaltigkeit und Resilienz der Wirtschaft wird Deutschland nur in Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern erreichen. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Azali Assoumani, betont: „Lösungen für die Herausforderungen, denen die Welt heute begegnen muss, können nur mit Afrika gefunden werden - und zwar auf Augenhöhe, zu gegenseitigem Nutzen.“
Trotz der hohen Bedeutung Afrikas, gibt es eine große Investitionslücke. Nach wie vor gehen weniger als ein Prozent der deutschen Direktinvestitionen im Ausland nach Afrika. Zeit, dies zu ändern. Deutsche Exporte und Investitionen in Afrika sollten mit günstigeren Konditionen im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung gezielt angereizt werden. Geboten ist zudem die strategische Verzahnung mit Entwicklungsfinanzierung, um z.B. in den Auf- und Ausbau der benötigten Infrastruktur zu investieren.
Grünen Wasserstoff für Energiewende nutzen
Grüner Wasserstoff ist die Schlüsseltechnologie für Deutschlands Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2045. Viele afrikanische Länder sind im Gegensatz zu Deutschland prädestiniert für die Herstellung von Grünem Wasserstoff. Sie besitzen das dazu nötige Potenzial für die Erzeugung von erneuerbaren Energien.
Viele afrikanische Länder sind somit vielversprechende Partner Deutschlands. Denn Deutschland weiß: Einen Großteil seines Bedarfs an grünem Wasserstoff wird es über Importe decken müssen. Wichtig hier ist, dass Afrika als Zulieferer für Deutschland agieren kann. Mindestens genauso wichtig ist, dass Afrika die Energie für den eigenen Kontinent nutzt.
Noch müssen Antworten zu Wirtschaftlichkeit und Finanzierung von Grünem Wasserstoff gefunden werden. Denn für Produktion und Transport von Grünem Wasserstoff sind hohe Investitionen in die Infrastruktur erforderlich. Die von Kanzler Scholz verkündeten finanziellen Zusagen von vier Milliarden Euro kommen da gerade recht. Mit der Initiative „Africa-EU Green Energy Initiative“ soll der Ausbau erneuerbarer Energien in Afrika massiv vorangetrieben werden. Hierzu betont Amadou Hott, Sondergesandter des Präsidenten der Afrikanischen Entwicklungsbank: „Wenn europäische Gelder für Projekte mit afrikanischen Partnern ausgegeben werden, sollten europäische Unternehmen in der ersten Reihe stehen, um von dieser Zusammenarbeit zu profitieren.“
Zukunftstechnologien einsetzen
Das enorme Potenzial von neuen Technologien ist unbestritten. Ein Beispiel liefert Irene Benito von Planet Labs. Sie berichtet, dass durch Satelliten im Weltraum der gesamte Planet täglich mit einer unglaublichen Detailgenauigkeit überwacht werden kann. Dies ermöglichte erst kürzlich Forschern, alle Bäume in Afrika zu kartieren. Dabei stellten sie fest, dass mehr als zwei von zehn Bäumen sich außerhalb von Gebieten befinden, die als Wälder eingestuft sind. Ein wissenschaftlich abgesichertes Verständnis des Naturkapitals in Afrika eröffnet dem Kontinent neue Möglichketen.
„Mit diesen Daten kann eine effiziente Preisgestaltung für die Kohlenstoffbindung und die Entwicklung der Kohlenstoffmärkte realisiert werden“, sagt Benito. „Sie können den Kontinent dabei unterstützen, wirtschaftliche Ressourcen für den Erhalt der größten Kohlenstoffsenke der Welt, dem Kongobecken, zu beschaffen.“
Verarbeitung von Rohstoffen in afrikanischen Staaten stärken
Digitalisierung und die Energiewende führen zu einem steigenden Bedarf nach vielen metallischen Rohstoffen. Viele der kritischen Rohstoffe für z.B. Elektroautos oder Windränder kommen aus hoch konzentrierten Märkten bzw. werden in wenigen Ländern gefördert. Dies verdeutlicht: Deutsche Unternehmen müssen ihre Rohstoffquellen diversifizieren, um ihre Unabhängigkeit zu stärken und verlässliche Lieferanten zu gewinnen.
Folglich rückt das rohstoffreiche Afrika in den Blick. Doch nur Rohstoffe zu exportieren, ist nicht im Sinne Afrikas. Vielmehr muss die Gewinnung und Weiterverarbeitung der Rohstoffe vor Ort in den afrikanischen Ländern erfolgen. Aktuell findet die Verarbeitung größtenteils in China statt. Von der lokalen Verarbeitung von Rohstoffen können die afrikanischen Volkswirtschaften profitieren, indem sie in der Wertschöpfungskette aufsteigen sowie Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen.
Afrika-Gipfel auf dem afrikanischen Kontinent durchführen
Insbesondere mit Blick auf den Einfluss Russlands und Chinas in Afrika gilt es, Deutschland als wichtigen Partner in Afrika zu positionieren. Klar ist: Nicht nur Afrika wirbt um mehr deutsche Investitionen auf dem Kontinent. Auch Deutschland wirbt bei den afrikanischen Staats- und Regierungschefs. Es will als attraktiver und verlässlicher Partner wahrgenommen werden. Denn afrikanische Länder haben die Wahl, mit wem sie zusammenarbeiten wollen.
Eine Intensivierung der deutsch-afrikanischen Beziehungen ist deshalb eine große Chance für beide Seiten und erklärtes Ziel der Subsahara-Initiative der deutschen Wirtschaft (SAFRI). Der SAFRI-Vorsitzende Thomas Schäfer sagt: „Um das enorme Potenzial Afrikas auszuschöpfen, braucht es Mut der Wirtschaft, politischen Willen und eine offene, vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Akteure".
Um eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu leben, sollten Afrika-Gipfel verstärkt auf dem afrikanischen Kontinent stattfinden.
Hintergrund: „Compact with Africa“
Die „Compact with Africa“-Initiative wurde unter deutscher G20 Präsidentschaft 2017 ins Leben gerufen. Der BDI bringt sich im Rahmen von SAFRI aktiv in die Umsetzung ein und ist Mitorganisator des G20-Investitionsgipfels. Ziel ist, ausländische Privatinvestitionen durch Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den CwA-Ländern zu erhöhen. Zum CwA-Gipfel 2023 empfing Bundeskanzler Scholz zehn afrikanische Staats- und Regierungschefs in Berlin.
Inzwischen haben sich 13 afrikanische Länder der CwA-initiative angeschlossen: Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Ghana, Guinea, die Demokratische Republik Kongo, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien. Mit Angola, Kenia und Sambia haben drei weitere Länder ihr Interesse an einem Beitritt bekundet. Im Gegenzug hat sich die Bundesregierung verpflichtet, die Länder bei der Suche nach privaten Investoren zu unterstützen.