Mann mit Tablet in der Hand

© Pexels/Andrea Piacquardio

Haben wir einen modernen und digitalen Staat?

Die Wirtschaft stellt der öffentlichen Verwaltung ein schlechtes Zeugnis aus. Das ist Ergebnis einer repräsentativen Unternehmensumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft. Ziel der Umfrage war es, herauszufinden wie die Unternehmen die Qualität der öffentlichen Verwaltung und der Infrastruktur in Deutschland bewerten.

Unternehmen sind auf funktionierende Logistikketten und insbesondere leistungsfähige Verkehrsinfrastrukturen angewiesen. Fast jedes vierte Unternehmen bewertet die Anbindung vor Ort jedoch als eher schlecht, weitere fünf Prozent sogar als sehr schlecht. Die Anbindung von ländlichen Regionen ist deutlich schlechter als in Ballungsräumen. Das ist grundsätzlich nicht verwunderlich, macht es aber schwer, dort qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, die helfen, mit dem generellen Fachkräftemangel umzugehen.

Bei der digitalen Infrastruktur sieht es nicht viel besser aus. Noch immer haben fast 30 Prozent der Unternehmen keinen oder einen schlechten Anschluss ans gigabitfähige Glasfasernetz. Große Skepsis herrscht auch mit Blick auf den Erfolg des Umbaus der Energieinfrastruktur, der für die Dekarbonisierung der Wirtschaft dringend notwendig ist. Ein entscheidender Faktor ist dabei das Planungs- und Genehmigungsrecht das einen erheblichen Zeitverzug verursacht. An dieser Stelle gab es zum Teil massive Kritik an der Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren. 91 Prozent bewerten die Verfahrenslänge mit Defiziten. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) sind der Ansicht, dass es hier größere Defizite gibt. Für weitere 22 Prozent bestehen kleinere Defizite. Nur vier Prozent der befragten Unternehmen hielten sie für ausreichend kurz.

Langwierige Genehmigungsverfahren kosten Geld

Angesichts dieses Ergebnisses dürfte die im Koalitionsvertrag angekündigte Halbierung der Verfahrensdauer völlig unzureichend sein. Für die Bundesregierung besteht an dieser Stelle noch Handlungsbedarf. Sie muss die Verfahrensdauer deutlich reduzieren, denn langwierige Verfahren kosten die Unternehmen Geld und Wettbewerbsfähigkeit. Dabei müssten deutsche Unternehmen schnell auf die steigenden Energie- und Rohstoffkosten sowie angespannte Lieferketten reagieren können, um durch die aktuelle Krise zu kommen.

Laut Umfrage beurteilt rund jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) den bürokratischen Aufwand in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung als sehr groß, weitere 57 Prozent als groß. Der Aufwand im Austausch mit der öffentlichen Verwaltung hat seit 2015 – also seit Einführung der Bürokratiebremse „One in, one out“ – kontinuierlich zugenommen: Für 65 Prozent der befragten Unternehmen ist die Bürokratie in den vergangenen sieben Jahren größer geworden. Bei knapp einem Viertel (24 Prozent) ist der Aufwand gleichgeblieben, für nur vier Prozent hat er abgenommen. Nicht ohne Grund halten es 65 Prozent der Unternehmen für sehr wichtig, dass die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland rasch Fortschritte macht. Knapp ein weiteres Drittel (31 Prozent) hält eine rasche Digitalisierung für wichtig.

Digitalisierung nur mit leistungsfähigem Telekommunikationsnetz möglich

Dies setzt ein leistungsfähiges Telekommunikationsnetz voraus. Doch auch hier bestehen Defizite. Mehr als jedes vierte Unternehmen (29 Prozent) hat laut Studie einen schlechten Anschluss an das gigabitfähige Glasfasernetz. Doch bei der Versorgung mit Gigabit-Netzen in der Fläche gilt es ebenfalls Hürden zu überwinden. Bund und Länder müssen baurechtliche Verfahren und Genehmigungsprozesse vereinheitlichen und digitalisieren. Denn Antragsteller sehen sich noch immer mit einer Vielzahl verschiedener Behörden konfrontiert, was einen massiven Bürokratieaufwand erzeugt.

Für die repräsentative Studie hat das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses bundesweit 544 privatwirtschaftliche Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten oder zwei Millionen Euro Jahresumsatz befragt.