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Haushaltskrise: Ausgaben priorisieren und Finanzierung von Investitionen sicherstellen

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat Mitte November 2023 ein umstrittenes Haushaltsmanöver der Ampelkoalition gestoppt und die Verlagerung von 60 Milliarden Euro aus ungenutzten Corona-Krediten in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig erklärt. Die Bundesregierung muss jetzt für eine tragfähige Finanzierung eines notwendigen Hochlaufs öffentlicher Investitionen und Transformationsinvestitionen sorgen.

Für die deutschen Unternehmen stellt das Urteil und dadurch wegfallende dringend notwendige Investitionen in die Transformation der Wirtschaft ein großes Problem dar. In der Haushaltsplanung ab 2024 fehlen nun mindestens 60 Milliarden Euro. Die Bundesregierung steht vor der Entscheidung, geplante Förderprogramme und Klima-Subventionen in entsprechendem Umfang zurückzufahren oder das Geld auf andere Weise zu beschaffen.

Ebenfalls problematisch ist, dass von dem Urteil auch der 200 Milliarden Euro schwere Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) von dem Urteil betroffen sein könnte. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen bei Notlagenkrediten die Mittel immer im gleichen Jahr verwendet werden. Gemessen daran sind alle Kreditermächtigungen im WSF bereits Ende 2022 verfallen.

Der WSF hat auch für das Jahr 2023 Energiehilfen für Verbraucher und Unternehmen bereitgestellt (zum Jahresende inklusive Zinsen 43,2 Milliarden Euro). Da die Ausgaben des Jahres 2023 nicht mehr mit den 2022 beschlossenen Kreditermächtigungen gedeckt werden dürfen, wurde am Ende November ein „Nachtragshaushaltsgesetz 2023“ per Umlaufverfahren vom Bundeskabinett beschlossen und für den WSF entsprechende Kredite aufgenommen.

Auch in den Bundesländern besteht Anpassungsbedarf, sofern Landes-Sondervermögen aus Notlagen-Krediten gespeist sind.

Ausgaben dringend priorisieren

Für die Bundesregierung und die öffentlichen Haushalte insgesamt verändert die Entscheidung des BVerfG die finanzpolitischen Rahmenbedingungen erheblich. Es müssen sich Folgen für das Ausgabeverhalten der öffentlichen Haushalte ergeben.

Pauschale Ausgabensperren sind allerdings keine dauerhaft angemessene Lösung. Sie verunsichern Unternehmen noch mehr. Die Politik muss jetzt dringend Themen und Ausgaben priorisieren, wie es der BDI schon seit langem fordert. Auch muss sie für eine tragfähige Finanzierung eines notwendigen Hochlaufs öffentlicher Investitionen und Transformationsinvestitionen sorgen.

Mit dem Nachtragshaushalt 2023 samt Kreditermächtigungen soll die Finanzierung der Ausgaben des WSF und des Fonds für Flutopfer 2023 unter Inanspruchnahme der Notfallklausel der Schuldenbremse nachträglich auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt werden. Die weiteren politischen Reparaturarbeiten müssen den Haushalt 2024, den KTF, den WSF und alle anderen Sondervermögen des Bundes und der Länder, die vom Urteil betroffen sind (das Bundeswehr-Sondervermögens ist ausgenommen), umfassen.

Steuererhöhungen und zusätzliche Abgaben sind der falsche Weg, um die Finanzierungslücke zu schließen. In Deutschland sind Arbeit und Kapital ohnehin stark belastet. Auch die Generationengerechtigkeit spricht dafür, nicht alle Lasten der Transformation auf die jetzige Generation der Erwerbstätigen zu legen, sondern die zukünftigen Generationen partizipieren zu lassen.

Hintergrund

Die Bundesregierung hat wegen der Coronapandemie in 2020-2022 von der Ausnahmeregel der Schuldenbremse Gebrauch gemacht: In diesem Zuge wurde der Bundeshaushalt 2021 nachträglich über eine Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt, um die Pandemiefolgen zu bekämpfen. Dieses Geld wurde allerdings nicht abgerufen. Stattdessen wollte die Bundesregierung den Kredit über eine Zuführung an den KTF für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft in künftigen Haushaltsjahren nutzen. Aus dem KTF werden Förderprogramme unter anderem für die Elektromobilität oder für Investitionen in die Bahn oder den Gebäudesektor finanziert. Das BVerfG erklärte diesen zweiten Nachtrag für den Bundeshaushalt 2021 für nichtig.