Impulse für die europäische Handelspolitik – worauf kommt es jetzt an?
Für die deutsche und europäische Industrie mit ihrer exportorientierten Wirtschaft und ihrer Abhängigkeit von stabilen Handelsbeziehungen ist es von entscheidender Bedeutung, sich aktiv mit diesem veränderten geopolitischen Umfeld auseinanderzusetzen. Die deutsche Industrie ist der Ansicht, dass eine umfassende und solide handelspolitische Agenda eine wichtige Voraussetzung für den künftigen Wohlstand Europas und seine Stellung in der Welt ist. Die Handelspolitik wirkt sich unmittelbar auf das Leben aller europäischen Bürger aus und kommt ihnen zugute.
Wir sehen es daher kritisch, dass die Handelspolitik in der Rede von Präsidentin von der Leyen vor dem Europäischen Parlament nach ihrer Wiederwahl wenig, bis gar keine Rolle gespielt hat. Während die „Politischen Leitlinien“ einige Hinweise auf die zukünftige Handelsagenda der Europäischen Union geben, halten wir es für notwendig, weitere wichtige Punkte anzusprechen, auf die sich der neue Handelskommissar und die Generaldirektion Handel in den nächsten fünf Jahren konzentrieren müssen:
- Freihandelsabkommen bleiben der Goldstandard der Handelspolitik. Es ist wichtig, die Abkommen mit Mercosur, Indonesien und Mexiko zum Abschluss zu bringen und zügig neue Abkommen mit gleichgesinnten Partnern auszuhandeln.
- Wir müssen offen sein für innovative Ansätze in der Handelspolitik, z.B. durch die Verzahnung von Handelspolitik und Entwicklungszusammenarbeit. Beides sollte unserem Interesse dienen, den nachhaltigen Handel mit neuen Partnern zu fördern und unsere Handelsbeziehungen insgesamt zu diversifizieren – ohne neue Handelsbarrieren zu schaffen.
- Der BDI setzt sich weiterhin für eine tiefgreifende Reform der WTO ein. Wir wissen, dass ein solcher Schritt derzeit nicht in Reichweite ist, empfehlen aber, in der Zwischenzeit plurilaterale Mechanismen zu nutzen, um die regelbasierte Ordnung aufrechtzuerhalten. Das multilaterale, regelbasierte internationale Handelssystem braucht die WTO als Kern. Die EU muss eine aktive Rolle bei der weiteren Stärkung dieses Systems spielen. Das ist nicht einfach, denn die EU muss auch entscheiden, wie sie mit Ländern umgeht, die sich nicht an die etablierten Regeln der Handelspolitik halten.
Es ist zu begrüßen, dass unter einem neuen Handelskommissar die Bereiche wirtschaftliche Sicherheit und Handel zusammen betrachtet werden sollen. Wenn „De-Risking statt Decoupling“ funktionieren soll, müssen Marktzugang und die Erschließung neuer Märkte weiterhin im Mittelpunkt der europäischen Handelspolitik stehen.
Ausführlicher sind diese Punkte im Positionspapier dargestellt.