EU-Gipfel: Industrie warnt vor übereilten Reaktionen
„Die deutsche Industrie warnt die europäische Staatengemeinschaft im weiteren Umgang mit Sanktionen vor übereilten Reaktionen mit unkalkulierbaren Konsequenzen. Der russische Angriffskrieg gegen die Demokratie in der Ukraine erzeugt unfassbares menschliches Leid für die ukrainische Bevölkerung. Wir unterstützen die von den westlichen Bündnispartnern verhängten Sanktionsmaßnahmen gegen Russland. Wir sind uns darüber im Klaren, dass gegebenenfalls weitere harte und unmissverständliche Reaktionen folgen müssen.
Die EU ist nicht auf ein kurzfristiges, umfassendes Energieembargo vorbereitet. Sie würde damit ihre Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit wirtschaftlich und politisch aufs Spiel setzen. Bei ausbleibenden Energielieferungen drohen Produktionsstopps mit unübersehbaren Folgen für Lieferketten, Beschäftigung und auch die politische Handlungsfähigkeit unseres Landes.
Bei einem Boykott russischer Gaslieferungen droht der EU eine Zerreißprobe. Das europäische Gasnetz ist bislang noch nicht auf Gasflüsse von West nach Ost ausgelegt. Es ist unklar, ob bei einem Stopp russischer Gaslieferungen Flüssiggas, das in den Niederlanden oder Belgien anlandet, den Weg bis nach Tschechien oder die Slowakei findet. Ein Gasembargo würde Produktionsunterbrechungen, Beschäftigungsausfälle und in einigen Fällen massive Schäden an Produktionsanlagen verursachen.
Europa muss schleunigst unabhängiger von russischem Gas werden. Das kann nicht von heute auf morgen realisiert werden. Es gibt nicht den einen Schalter eines Energieembargos, den die EU nun umlegen kann. Stattdessen kommt es ab sofort auf eine Politik an, welche die Mitgliedstaaten in enger Abstimmung mit der Kommission angehen müssen: Die Politik muss mit hohem Tempo neue Energiepartnerschaften schließen und Flüssiggas aus anderen Ländern, insbesondere auch den USA, beschaffen. Die heimische Förderung in Europa muss ausgebaut werden. Zudem gilt es, alle Blockaden bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu lösen, von jahrelangen Planungs- und Genehmigungsverfahren bis zum schleppenden Netzausbau.“