Industrieller Mittelstand beurteilt Wirtschaftslage überwiegend positiv
Wachstumsstrategie zielt verstärkt auf außereuropäische Märkte. Fachkräftemangel bleibt für jedes dritte Unternehmen ein Konjunkturrisiko.
Der industrielle Mittelstand beurteilt aktuell seine Wirtschaftslage überwiegend positiv. Die konjunkturellen Perspektiven hellen sich aus Sicht der Unternehmen langsam auf. Das ist ein zentrales Ergebnis des jüngsten BDI-Mittelstandspanels. Demnach erwarten knapp 47 Prozent der befragten Unternehmen für die nächsten sechs Monate eine „gute oder sehr gute“ Geschäftslage, 37 Prozent erwarten eine „befriedigende“ Geschäftslage. Dieser positive Eindruck verstärkt sich sogar noch etwas für die kommenden zwölf Monate.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen beurteilen 52 Prozent der Unternehmen als gut bis sehr gut. Im Vergleich zur Frühjahrsbefragung ist dieser Anteilswert deutlich – um fast 18 Prozentpunkte – gestiegen. Für die kommenden zwölf Monate rechnen zwar weniger, aber immer noch gut 46 Prozent der Unternehmen mit befriedigenden Rahmenbedingungen. Dabei spielt nicht nur die immer noch ungelöste Staatsschuldenkrise im Euroraum eine Rolle. Hier dürfte sich auch die Unsicherheit im Hinblick auf die künftigen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen durch eine neue Bundesregierung widerspiegeln. Der Inhalt des Koalitionsvertrages stand zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht endgültig fest.
Den Koalitionsvertrag beurteilt Arndt G. Kirchhoff, Vorsitzender des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses, kritisch: „Die künftige Koalition vertut die Chance, für Deutschlands Zukunft vorzusorgen. Sie stellt die Weichen nicht für mehr Wachstum und Beschäftigung. Stattdessen plant sie neue Stresstests für die Unternehmen.“ Zudem belasteten steigende Kosten durch die Energiewende bereits jetzt zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrieunternehmen. „Der Koalitionsvertrag bietet aber keine überzeugende Antwort auf die drängende Frage nach einer wirksamen Kostenbremse“, so Kirchhoff.
Dabei stehen die Unternehmen gerade jetzt vor großen Herausforderungen. Die Panel-Ergebnisse zeigen, dass auch der Mittelstand seine Wachstumsstrategien verstärkt auf außereuropäische Märkte ausrichtet. Vor allem das China-Geschäft besitzt nach Einschätzung von IKB-Chefvolkswirt Kurt Demmer noch ungenutzte Potenziale für den Mittelstand. „Das zeigt sich nicht nur an den stark wachsenden Exporten, sondern auch daran, dass in den letzten zehn Jahren deutsche Firmen in China mehr Unternehmenseinheiten als in den USA aufgebaut haben. Allerdings liegt der Bestand an deutschen Standorten in diesem großen Markt erst in der Größenordnung der deutschen Präsenz in Polen oder Österreich“, so Demmer.
Immerhin jedes dritte mittelständische Unternehmen sieht im Fachkräftemangel ein Konjunkturrisiko für Deutschland – und jeder vierte Befragte bezeichnet das Angebot an qualifizierten Fachkräften in Deutschland als schlecht oder sehr schlecht. Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young: „Immer mehr Unternehmen finden nicht ausreichend geeignete Mitarbeiter, um frei werdende oder neue Stellen zu besetzen, und sie müssen Aufträge ablehnen, weil ihnen Personal fehlt. Die Folge sind Einnahmeausfälle bzw. nicht realisierte Umsätze in Höhe von rund 33 Milliarden Euro im Jahr.“ Englisch sieht im Fachkräftemangel eine der zentralen Herausforderungen für den Mittelstand in Deutschland.