Person Gerd Röders

Gerd Röders, geschäftsführender Gesellschafter der G.A. Röders GmbH © Gerd Röders

„Innovation ist kein Selbstzweck“

Innovation ist das konkrete Ergebnis des stetigen Wunsches nach Verbesserung. Sie ist eine Keimzelle wirtschaftlichen und unternehmerischen Erfolgs. Gerd Röders, geschäftsführender Gesellschafter der G.A. Röders GmbH & Co. KG, zeigt auf, wie Innovation in einem Familienunternehmen gelingen und wie die Politik den Mittelstand unterstützen kann. 

Herr Röders, Ihr Unternehmen wurde 1814 gegründet. Schon immer führen die Inhaber das Unternehmen, inzwischen in der 6. Generation. Wie schaffen Sie es, immer wieder neu innovativ zu sein?

Innovation ist ein ständiger Prozess und hat viel mit strategischer Ausrichtung zu tun. Manchmal entstehen gute Ideen aber auch einfach durch einen kreativen Impuls einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters. Daher legen wir viel Wert auf gute Aus- und Weiterbildung unserer Beschäftigten.

Wichtig ist dabei: Innovation ist kein Selbstzweck – sie stärkt unsere Wettbewerbsfähigkeit. Als spezialisiertes Gießereiunternehmen beliefern wir unsere Kunden in verschiedenen Branchen. Luftfahrt, Medizin, Messtechnik oder auch Automobilindustrie – allesamt Branchen mit sehr hohen Forschungs- und Entwicklungsintensitäten. Wer hier bestehen und Krisen resilient begegnen will, muss stets innovativ bleiben.

Innovation schaffen, heißt aber nicht nur gute Ideen haben. Viel hängt an einem lebhaften Ökosystem – allein schafft man es nicht. Wir arbeiten eng mit mehreren Universitäten und Fachhochschulen zusammen, wir sind in die Forschungslandschaft fest eingebunden. Tatsächlich ist sogar die Universität bei uns zu Hause. Denn in unserer Gießerei in Soltau steht eine Druckgussmaschine, die Doktoranden der Universität Braunschweig für Untersuchungen nutzen.

Woran forschen Sie aktuell?

Unsere Forschungsschwerpunkte liegen auf Prozessinnovation und Digitalisierung. Aktuell konzentrieren wir uns besonders auf die Umstellung hin zu einer klimaneutralen Fertigung. Wir führen etwa Versuche mit Wasserstofföfen durch und lernen eine Menge. Um unabhängiger von Gas zu werden und Emissionen zu vermeiden, ist Wasserstoff eine attraktive Alternative. Allerdings brauchen wir dafür den Auf- und Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur in unserer Region.

Zudem schauen wir uns an, wie wir durch künstliche Intelligenz die Produktionssteuerung und das Lieferkettenmanagement effizienter gestalten können. Im Sinne der Nachhaltigkeit und der Kreislaufwirtschaft entwickeln wir neue hochwertige recycelte Legierungen. Unsere Werkzeuge kommen dabei zum Teil aus 3D-Druckern.

Welche Hürden müssen Sie überwinden, um erfolgreiche Innovationen hervorzubringen?

Die Finanzierung ist eine zentrale Herausforderung. Der Zugang zu Krediten bei Banken ist dabei genauso wichtig wie effiziente Förderprogramme seitens der Politik auf allen Ebenen. Der Markt für Innovationen ist dynamisch und Forschungsideen müssen schnell umgesetzt werden. Hier gibt es Verbesserungsbedarf. Es ist oft zu aufwendig, die richtigen Förderprogramme zu finden und die Anträge zu stellen. Der Entscheidungsprozess ist träge und bei europäischen Förderungen ist es für den Mittelstand fast unmöglich, die Kriterien zu erfüllen. Hinderlich ist hier die KMU-Definition der Europäischen Union, die eine Betriebsgröße von weniger als 250 Beschäftigten vorschreibt – sie geht an der Wirklichkeit personalintensiver Industrien wie Gießereien vorbei.

Eine weitere wesentliche Hürde liegt im Umsetzungsrisiko einer Innovation. Mittelständischen Unternehmen fehlt oft das Kapital und die Methodik, um aus Forschungsergebnissen Umsatz zu generieren. Auch die Risiken durch Arbeitsgesetze und andere regulatorischen Vorschriften führen teilweise dazu, dass eigentlich erfolgversprechende Projekte gescheut werden.

Natürlich erschwert auch der Fachkräftemangel unsere Forschung und Entwicklung. Wir brauchen mehr gut qualifizierte Beschäftigte und die Beschäftigten wiederum brauchen mehr Zeit für ihre Kernaufgaben. Unsere Ingenieure müssen Bürokratie wie Zertifizierungen und Berichtspflichten stemmen, etwa für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Das bindet dringend benötigte Ressourcen, lähmt kreatives Denken und behindert Innovationsprozesse. 

Wie kann die Politik unterstützen, damit Deutschland auch in klassischen produzierenden Betrieben Forschungsland bleibt?

Da fallen mir einige Punkte ein: 

  • Wir brauchen angesichts des demografischen Wandels dringend mehr Fachkräfte, auch durch eine moderne, rechtssichere Einwanderungspolitik. Zudem muss unser duales Ausbildungssystem gestärkt werden. Die fachliche Ausbildung muss in der Gesellschaft endlich den gleichen Stellenwert bekommen wir eine akademische Ausbildung. 

  • Staatliche Unterstützungen, wie die steuerliche Forschungsförderung, die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) und das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) müssen dringend erhalten und gezielt weiter ausgebaut werden. Industrielle Gemeinschaftsforschung ist für uns zentral. Allein können wir den Weg nicht gehen, wir brauchen ein Netzwerk. Dabei muss unser Know-how bei uns sicher sein, gerade gegenüber internationalen und großen Firmen. Nur wenn gesetzlich geregelt ist, dass es im Forschungsnetzwerk fair abläuft, lohnen sich unsere Investitionen. 

  • Bürokratische Regeln sind notwendig, müssen aber im Rahmen bleiben. Zu viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen sich heute mit Zettelwirtschaft und Nachweispflichten. Wir verschenken unsere Ressourcen an nicht-innovative und nicht-wertschöpfende Tätigkeiten.  

  • Uns würde eine reformierte KMU-Definition auf europäischer Ebene mit höheren quantitativen Schwellenwerte helfen. Oder eine separate „mid-cap-Kategorie“ oberhalb von KMU. Die aktuelle Definition bildet nur einen kleinen Teil des industriellen Mittelstands ab. Zu viele fallen aus dem Raster.