KI und KI-basierte Robotik: Deutschlands Rennen um die technologische Zukunft

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil des Alltags – vom Chatbot im Kundenservice bis zu selbstoptimierenden Produktionsstraßen. Der Wettlauf um die nächste Generation von KI-Systemen und ihre Anwendung in der Robotik läuft auf Hochtouren. Für Deutschland ist dieses Rennen von strategischer Bedeutung – ökonomisch, sicherheitspolitisch und gesellschaftlich.

Die BCG-Studie „Deep Tech für den Industriestandort Deutschland“, im Auftrag des BDI, zeigt: KI ist fest in Wirtschaft und Gesellschaft verankert. Sie optimiert Produktionslinien, treibt Fahrerassistenzsysteme an und ermöglicht generative Anwendungen. Doch bei der Entwicklung grundlegender KI-Technologien – etwa Large Language Models – liegt Deutschland deutlich hinter den USA und China. Der Anteil Deutschlands am Markt für KI-Entwicklung beträgt lediglich rund 2 %. Deutlich besseres Potenzial hat Deutschland hingegen im Anwendungsbereich. So sind 39 % der deutschen Unternehmen mit dem bisher erzielten Gewinn aus generativer KI zufrieden, während diese Zahl für die USA nur bei 33 % und für China bei 34 % liegt.

Zugleich wird das Wertschöpfungspotenzial für die Technologieentwicklung, Skalierung und Bereitstellung von KI-Technologien bis 2030 auf über 660 Milliarden Euro geschätzt. Das eigentliche Wertschöpfungspotenzial durch die Anwendung dieser Technologien ist um Vielfaches höher. 

Besonders dynamisch wächst die KI-gestützte Robotik. Sie verbindet klassische Automatisierung mit generativer KI und erschließt neue Einsatzfelder: Roboter können in dynamischen Umgebungen agieren, komplexe Objekte handhaben oder in Krankenhäusern und Haushalten assistieren. Ansätze wie Robotic Foundation Models und World Models weisen den Weg zu universell einsetzbaren Systemen. Der globale Robotikmarkt liegt derzeit bei rund 30 Milliarden Euro und könnte sich bis 2030 mehr als verdoppeln. Deutschland verfügt über starke Kompetenzen in Hardware und industrieller Automatisierung, doch Differenzierung entsteht zunehmend in Software, KI-Integration und Datenökosystemen – Felder, in denen USA, China und Südkorea dominieren.

Potenziale und Risiken: Deutschlands Position im KI- und Robotikrennen

Deutschlands Stärken liegen in exzellenter KI-Forschungseinrichtungen und einer einzigartigen industriellen Basis . Damit bietet sich die Chance, eine Führungsrolle in der Anwendung von KI und Robotik einzunehmen – insbesondere in industriellen Umgebungen, in denen „Made in Germany“ traditionell stark ist.

Doch die Schwächen sind gravierend: Rückstand bei Basismodellen, fragmentierte Innovationsstrukturen ohne Skaleneffekte, fehlende Rechenzentren und offene Softwarelösungen. Rund 50 Prozent der Spätphasenfinanzierungen europäischer Deep-Tech-Start-ups stammen aus Drittstaaten. Hinzu kommen Fachkräfteengpässe, die den Transfer in die Anwendung erschweren.

Die Chancen sind erheblich: Der Einsatz von KI-Technologien kann den Fachkräftemangel potenziell lindern, den demografischen Wandel abfedern und die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Zugleich eröffnen sie neue Märkte und Geschäftsmodelle, die gesellschaftliche Herausforderungen von Gesundheit über Mobilität bis Sicherheit adressieren. Doch geopolitische Entwicklungen wie der US-CHIPS-Act oder Chinas Made-in-China-Strategie verschärfen den Handlungsdruck. Die kommenden fünf bis sieben Jahre sind entscheidend, um Anwendung, Infrastruktur und Märkte zu entwickeln, bevor sich Strukturen verfestigen und Standards von anderen gesetzt werden. Ohne entschlossenes Handeln drohen Abwanderung von Start-ups, wachsende Abhängigkeiten und ein Verlust technologischer Souveränität.

Priorisierte Maßnahmen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft

Im Rahmen der Hightech Agenda müssen ambitionierte Ziele in den Bereichen KI und Robotik definiert werden. Diese sollten in Roadmaps mit messbaren Meilensteinen verankert und von einer zentralen Koordinierungsstelle gesteuert werden.

Infrastruktur und Ökosysteme: Cluster bündeln und leistungsfähige Technologie-Hubs schaffen, mit Rechenzentren, Validierungsplattformen und Testumgebungen. Offene Architekturen und interoperable Datenökosysteme sind essenziell.

Bildung und Fachkräfte: KI- und Robotik-Kompetenzen entlang der gesamten Bildungskette fördern, flankiert von Weiterbildungsinitiativen. Internationale Talente gezielt über vereinfachte Visa- und Integrationsprogramme gewinnen.

Technologietransfer: IP-Regelungen vereinfachen, Musterverträge standardisieren, Spin-offs fördern. Corporate-Venture-Fonds und kofinanzierte Pilotprojekte sollen den Transfer beschleunigen. Eine nationale Robotikoffensive kann Industrie, Start-ups und Forschung enger verzahnen.

Forschung und Entwicklung: Schwerpunkte auf Industrieller KI, Robotic Foundation Models und World Models setzen. Moonshot-Projekte initiieren und Pilotanwendungen in Industrie, Gesundheit und Mobilität forcieren.

Fazit: Ökosysteme stärken, Standards mitgestalten

Deutschland steht an einem Wendepunkt. KI und KI-gestützte Robotik sind Schlüsselfaktoren für Wachstum, Resilienz und technologische Souveränität. Entscheidend ist, jetzt zu handeln: industrielle Stärken mit digitaler Kompetenz verbinden, offene Ökosysteme aufbauen und internationale Standards mitgestalten. Nur so lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit sichern und eine führende Rolle im globalen Wertschöpfungssystem behaupten.