Klimapfade 2.0 – Aufbruch in die Klima-Zukunft
Mit der Studie „Klimapfade 2.0 - Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft“ stellt der BDI eine detaillierte Machbarkeitsstudie vor, wie sich die ehrgeizigen Klimaschutzziele für 2030 und 2045 mit schnellem Handeln und ohne Fehlinvestitionen auf nationaler Ebene erreichen lassen. An der Studie waren 80 Unternehmen und Industrieverbände mit mehr als 150 Expertinnen und Experten involviert. Das Resultat ist eine ausführliche betriebswirtschaftliche Betrachtung mit konkreten Investitionsvorschlägen. Die Studie zeigt: Die Transformation zum klimaneutralen Industrieland ist möglich. Doch Klimaschutz kostet, und er muss sich rechnen – für die Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger.
Die Kernergebnisse der Studie "Klimapfade 2.0"
- Deutschland steht vor der größten Transformation seiner Nachkriegsgeschichte. Die gesetzlich verankerte Erreichung der Treibhausgasneutralität bis 2045 erfordert einen fundamentalen Umbau unseres Energiesystems, unserer internationalen Energieversorgung, unseres Gebäude- und Fahrzeugbestands, unserer Infrastruktur sowie großer Teile unserer produzierenden Wirtschaft.
- Bereits die in diesem Jahrzehnt erforderlichen Veränderungen sind drastisch. Zur Erreichung der gesetzlich vereinbarten Klimaschutzziele 2030 braucht Deutschland innerhalb der nächsten neun Jahre einen weitgehenden Verzicht auf Reinvestitionen in fossile Technologien – in manchen Sektoren sofort. Zudem muss die Kohleverstromung deutlich schneller zurückgehen als bisher geplant.
- Die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen erfordert bis 2030 Investitionen in Höhe von rund 860 Mrd. Euro, etwa 100 Mrd. Euro pro Jahr. Das entspricht jährlich knapp 2,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
- Die Erreichung der gesetzlich vereinbarten Klimaschutzziele für 2030 erfordert beinahe eine Halbierung der Emissionen gegenüber 2019. Die aktuelle Klimapolitik reicht dafür in keinem Sektor aus. Ohne Umsteuerungen würde Deutschland bis 2030 etwa 184 Mt CO2 an jährlichen Emissionen einsparen – nur knapp halb so viel wie nötig. Bereits in der im Herbst 2021 beginnenden Legislaturperiode sind kritische Entscheidungen und Steuerungsimpulse erforderlich. Verzögern sich diese, wären die gesetzlich vereinbarten Klimaschutzziele nicht mehr oder nur noch unter Einsatz von deutlich höheren Investitionen zu erreichen.
- Die Umsetzung der benötigten Klimaschutzmaßnahmen ist politisch und regulatorisch komplex; einfache Antworten greifen zu kurz. Es braucht einen breiten Instrumentenmix mit übergreifenden und sektorspezifischen Maßnahmen, der zügigen Infrastrukturaufbau durchsetzt, die Nutzung fossiler Brennstoffe effektiv verteuert, erneuerbare Technologien günstiger macht, den erheblichen Investitionsbedarf für Bürger und Unternehmen tragbar macht und entscheidende Weichen für die Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 stellt.
- „Klimapfade 2.0“ schlägt ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft aus rund 20 Instrumenten vor, welches den Aufbau zukunftsfähiger Infrastruktur vorantreibt, die Energie-, Verkehrs- und Wärmewenden deutlich beschleunigt sowie den treibhausgasneutralen Umbau von Deutschlands industrieller Basis einleitet.
- Durch steigende CO2-, Energie- und Materialkosten entstehen Unternehmen im Jahr 2030 dabei etwa 15 bis 23 Mrd. Euro Mehrbelastungen. Zum Erhalt industrieller Wettbewerbsfähigkeit sind daher verlässliche Ausgleichsinstrumente für besonders betroffene Branchen erforderlich.
- Die Umsetzung dieses Programms wird im Jahr 2030 zu 20 bis 30 Mrd. Euro Mehrbelastungen für private Haushalte führen, die nicht auf emissionsarme Technologien wechseln (können). Um eine faire Lastenverteilung sicherzustellen, sind daher soziale Ausgleichsmaßnahmen nötig.
- Die staatliche Unterstützung der Transformation und der Ausgleich entstehender Belastungen für private Haushalte und Unternehmen werden im Jahr 2030 47 bis 50 Mrd. Euro zusätzliche Ausgaben der öffentlichen Hand erfordern, zwischen 2021 und 2030 insgesamt 230 bis 280 Mrd. Euro. Diese müssen mit Einsparungen im Bundeshaushalt, Abgaben, Steuern oder Schulden finanziert werden.
- Diese nationale Anstrengung wird nur dann einen wesentlichen Einfluss auf das Weltklima haben, wenn sie international Nachahmer und Partner findet. Umso mehr sollte sich Deutschland stärker für eine europäisch und international abgestimmte Klimapolitik einsetzen. Zudem sollte Deutschland auf eine deutlich offenere Ausgestaltung des EU-Beihilferechts hinwirken, die die öffentliche Unterstützung der Transformation ermöglicht.
- Um Deutschland auf den schmalen Pfad in Richtung Treibhausgasneutralität zu navigieren, muss die nächste Bundesregierung sehr schnell sehr viele Weichen stellen. Dafür benötigt Deutschland sowohl eine effektivere und politisch besser koordinierte politische Steuerung auf Bundes- und Landesebene als auch eine erhebliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.
- Die Erreichung der gesetzlich vereinbarten Klimaschutzziele ist eine gesamtgesellschaftliche Mammutaufgabe. Sie erfordert bereits in den ersten Monaten der neuen Legislaturperiode sofortige Umsteuerungen. Gleichzeitig bietet eine erfolgreiche Umsetzung des hier beschriebenen umfassenden Modernisierungsprogramms eine historische Chance, Deutschland zu einem klimaneutralen Industrieland zu transformieren, einen ambitionierten Beitrag zur Begrenzung der Auswirkungen des Klimawandels zu leisten und damit den Wohlstand dieser und kommender Generationen zu sichern.