Mann an einer Maschine

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Mittelstand und Familienunternehmen vor existenziellen Herausforderungen

Viele Mittelständler sehen sich gezwungen, Investitionen zurückzustellen und die Produktion zu drosseln. Immer mehr Wertschöpfungsketten sind im Stress. Klar ist: Betriebe und Standort stehen unter Druck. Das sind Ergebnisse einer BDI-Blitzumfrage bei knapp 600 Unternehmen verschiedener Größen, Regionen und Branchen.

Die „Zeitenwende“ durch den russischen Angriff auf die Ukraine ist ein halbes Jahr her. Die multiplen Herausforderungen – dramatisch steigende Energie- und Rohstoffkosten, angespannte Lieferketten und Fachkräftemangel – stellen Unternehmen vor teilweise existenzielle Herausforderungen. Die Politik erkennt immer klarer, wie dramatisch die Lage ist.

Fast jedes zehnte Unternehmen hat die Produktion in Deutschland derzeit gedrosselt oder unterbrochen. Weiterhin denkt fast jedes vierte Unternehmen darüber nach oder ist bereits dabei, Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern.

Mittelstand und Familienunternehmen wirtschaften traditionell nachhaltig. Wichtiges Ziel ist meist, das Unternehmen gut ausgestattet an die nächste Generation zu übergeben. Wenn aber Energiekosten in kurzer Zeit um den Faktor 10 oder 15 steigen, können Rücklagen – die wegen Corona oft ohnehin schmal geworden sind – die rasant steigenden Kosten kaum abdecken. Kein Wunder, dass BDI-Präsident Russwurm viele Unternehmen daher in „allerhöchster Not“ sieht.

Die BDI-Umfrage zeigt auch: Die Preisentwicklung zwingt aktuell rund 40 Prozent der Unternehmen, Investitionen in die ökologische und digitale Transformation zurückzustellen. Nur jedes fünfte Unternehmen beschleunigt noch Investitionen in die ökologische Transformation.

Gefragt nach einem Brennstoffträgerwechsel („Fuel Switch“), sagt mehr als ein Drittel der Unternehmen (37 Prozent), dass sie ihre Energieversorgung derzeit nicht umstellen können, sie bleiben auf Erdgas angewiesen. Jedes zehnte Unternehmen sieht sich gezwungen, die Energieversorgung von Gas auf Öl umzustellen – ein Schritt, der für die allermeisten so nie geplant war. Grundsätzlich behindern zu lange und zu bürokratische Planungs- und Genehmigungsverfahren, dass Unternehmen kurzfristig umstellen können. Politik und Verwaltung sollten Umrüstungen vereinfachen, etwa durch einen Umstieg von einer Genehmigungs- zur Anzeigepflicht.

Hilfreich wäre, ein Entlastungsprogramm für die Wirtschaft auf den Weg zu bringen, um Unternehmen in Not zu stützen, rentable Arbeitsplätze zu sichern und soziale Verwerfungen zu verhindern. Hauptziel muss sein, Energie billiger zu machen. Dafür sollten Steuern und Abgaben reduziert und alle verfügbaren Stromproduktionsquellen genutzt werden.

Wer Unternehmen durch die Krise helfen und zugleich die Standortqualität stärken will, sollte zudem Bürokratie spürbar abbauen und dem Fachkräftemangel begegnen. Gerade unnötige, zu komplexe administrative Vorgaben im Inland behindern auch die Zusammenarbeit im Wertschöpfungsverbund und sorgen für angespannte Lieferketten.