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Neuer EU-Beihilferahmen: CISAF bringt mehr Flexibilität – und theoretisch einen Industriestrompreis
Die Kommission hat noch einmal deutlich nachgebessert
Im Vergleich zum ersten Entwurf vom März konnten aus Sicht des BDI wichtige Verbesserungen erzielt werden. So wurden beispielsweise die Umsetzungsfristen für geförderte Projekte deutlich verlängert: Statt der ursprünglich vorgesehenen 36 Monate haben Unternehmen nun bis zu 48 bzw. 60 Monate Zeit.
Auch beim Thema Technologieneutralität zeigt sich der finale Rahmen deutlich offener als die Entwurfsversion – etwa bei der Wasserstoffnutzung: Die zunächst geplante Vorgabe, wonach der Anteil erneuerbaren Wasserstoffs (RFNBO) stets mindestens zehn Prozentpunkte über dem nationalen EE-Stromanteil liegen muss, wurde gestrichen. Künftig können sowohl RFNBO als auch kohlenstoffarmer (z. B. blauer) Wasserstoff zum Einsatz kommen. Die Höhe der Förderung hängt jedoch vom RFNBO-Anteil ab.
Debatte um Industriestrompreis überschattet alles
Trotz vieler Fortschritte steht eine Frage im Mittelpunkt der Debatte rund um den neuen CISAF: Wird es nun tatsächlich einen Industriestrompreis geben?
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD hieß es, man werde für die „anderweitig nicht weiter zu entlastenden energieintensiven Unternehmen“ einen Industriestrompreis einführen – „im Rahmen der beihilferechtlichen Möglichkeiten“.
Um eben diese Möglichkeiten wurde bis zuletzt mit der Kommission gerungen. Das Ergebnis: Der neue Rahmen sieht erstmals eine explizite beihilferechtliche Grundlage für eine Art Industriestrompreis vor – ein Erfolg für die neue Bundesregierung, zumindest formell.
Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Ein genauer Blick auf den CISAF-Text offenbart zahlreiche Einschränkungen und Unklarheiten, die die tatsächliche Wirksamkeit eines Industriestrompreises erheblich begrenzen dürften.
Der ‚4x50-Ansatz‘: Bremsklotz für die erhofften Entlastungen?
Neben der zeitlichen Befristung auf maximal drei Jahre begrenzt die Kommission die Spielräume der Mitgliedstaaten durch ihren sogenannten ‚4x50-Ansatz‘ erheblich:
- Maximal 50 % des jährlichen Stromverbrauchs eines Unternehmens dürfen gefördert werden,
- und auch nur mit bis zu 50 % des durchschnittlichen Großhandelsstrompreises.
- Der subventionierte Strompreis darf dabei nicht unter 50 €/MWh sinken.
- 50 % der Beihilfesumme müssen verpflichtend in Dekarbonisierungs- oder Effizienzmaßnahmen reinvestiert werden.
Zudem gelten strenge Regeln zur Kumulierbarkeit mit der Strompreiskompensation. Gerade für die „anderweitig nicht weiter zu entlastenden energieintensiven Unternehmen“ dürfte es damit sehr schwierig werden, in relevantem Umfang von einem CISAF-konformen Industriestrompreis zu profitieren.
Nichtsdestotrotz will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die neuen Spielräume nutzen und nun rasch ein konkretes Konzept für einen nationalen Industriestrompreis vorlegen. Der BDI wird diesen Prozess konstruktiv begleiten.