Nach der US-Wahl: Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen

Mit dem offiziellen Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident und der Aussicht auf protektionistischen Handelsmaßnahmen steht die europäische und deutsche Wirtschaft vor erheblichen Herausforderungen. Wie kann Europa seine wirtschaftlichen Interessen wahren und eine zukunftsfähige Zusammenarbeit mit den USA weiterverfolgen? Worauf müssen sich Unternehmen einstellen, um erfolgreich durch diese neue Epoche der transatlantischen Beziehungen zu navigieren?

Was bedeutet der Amtsantritt des neuen Präsidenten für die deutsche und europäische Wirtschaft?

Bereits die ersten Amtshandlungen und Äußerungen Präsident Trumps haben deutlich gemacht, dass er seine Wahlkampfversprechen nun auch umsetzten möchte – vielleicht nicht alle in dem Zeitplan, den er im Wahlkampf skizziert hat, aber doch zügig. Die USA sind unter Trump bereits erneut aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten. Auch die Mitgliedschaft in der Weltgesundheitsorganisation hat der US-Präsident aufgekündigt. Er möchte multilaterale Mechanismen aushebeln, und das stellt die deutsche Wirtschaft vor Herausforderungen. 

Trump hat zudem bereits sehr deutlich gemacht, dass er den in seiner ersten Amtszeit eingeschlagenen protektionistischen Kurs konsequent fortführen möchte. Die deutsche Industrie ist besorgt über die Pläne für zahlreiche neue Zölle. Flächendeckende Zölle von zehn oder gar 20 Prozent auf alle Importe und von 60 Prozent auf Einfuhren aus China würden nicht nur Deutschland und der EU, sondern auch den USA deutlich schaden. 

Trump hat bereits in den ersten Tagen im Amt zahlreiche präsidentielle Dekrete unterzeichnet. Doch nicht alles kann der Präsident im Alleingang regeln. Für mache seiner Vorhaben, beispielsweise die Steuerreform mit der Senkung der Körperschaftsteuer auf 15 Prozent, benötigt er die Zustimmung des Kongresses. In beiden Kammern haben die Republikaner knappe Mehrheiten, sodass schon wenige Abweichler aus den eigenen Reihen Vorhaben aufhalten könnten. In einigen wichtigen wirtschaftspolitischen Bereichen gibt es jedoch parteiübergreifende Einigkeit. In den USA herrscht inzwischen parteiübergreifend die Meinung vor, dass die Globalisierung für die Abwanderung von Industriearbeitsplätzen mitverantwortlich ist. Beide Parteien sind sich darüber einig, dass die USA die heimische Industrie stärken und Arbeitsplätze ins Land zurückholen muss. Trump wird seinen „America First“-Kurs fortsetzen können. Die Förderung des eigenen Marktes hat oberste Priorität, ohne viel Rücksicht auf Verbündete wie die EU.

Auch das Thema wirtschaftliche Sicherheit steht in den USA parteiübergreifend ganz oben auf der Agenda – dies war bereits in den letzten Jahren der Fall und wird sich unter der Trump-Administration vielleicht noch verstärken. Die USA werden den harten Kurs gegenüber China fortsetzen. Der Druck auf Deutschland und die EU wird steigen, Maßnahmen gegenüber China wie Exportkontrollen und Investitionsbeschränkungen mitzutragen.

Die erneute Wahl Donald Trumps ist ein Weckruf für Deutschland und Europa: Wir müssen die vorhandenen Strategien zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigungsfähigkeit und für den Umgang mit China mit deutlich mehr Tempo weiterentwickeln. Eine gezielte, transaktionale Handelsstrategie, die durch pragmatische und selbstbewusste Verhandlungen klare Gegenleistungen einfordert, wird entscheidend sein, um die Interessen der EU zu wahren.

Drohen unter Trump nun neue Zölle für deutsche Unternehmen?

Donald Trump hat im Wahlkampf viel über seine Pläne gesprochen, neue Zölle einzuführen. Zum einen hat er angekündigt, flächendeckende Zölle von zehn oder 20 Prozent auf alle Importe aus Drittländern einzuführen. Solche Zölle würden Unternehmen in einem exportorientierten, auf offene Märkte angewiesenem Land wie Deutschland extrem belasten. Zum anderen möchte Trump Zölle von 60 Prozent auf Einfuhren aus China verhängen. Wenn sich der US-Markt immer weiter verschließt, könnte dies zu Handelsumlenkungen chinesischer Produkte auf den europäischen Markt führen. Im Wahlkampf war zudem von „reziproken Zöllen“ die Rede. Hierbei würden die Zölle der USA auf das Zollniveau des jeweiligen Handelspartners angepasst werden.

Trump kritisierte seit Amtsantritt die EU scharf für ihren Handelsüberschuss mit den USA und beklagte, die EU würde nicht genügen Autos und landwirtschaftliche Produkte aus den USA importieren. Mexiko und Kanada drohte er bereits konkret damit, sich vorstellen zu können, ab dem 1. Februar Zölle in Höhe von 25 Prozent zu erheben.

Zunächst sollen jedoch die derzeitigen Handelsbeziehungen und Maßnahmen unter die Lupe genommen werden. Noch am Tag der Amtseinführung unterzeichnete Trump ein präsidentielles Memorandum mit dem Titel „America First Trade Policy“. Darin weist er die zuständigen Behörden und Stellen an, zahlreiche Überprüfungen durchzuführen und Berichte anzufertigen: u.a. zu den Ursachen bilateraler Handelsdefizite, unfairen Handelspraktiken, Auswirkungen des USMCA auf die USA, Währungsmanipulation, bestehenden Handelsabkommen, den aktuellen Regelungen und Strafzöllen im Handel mit China, den handelspolitischen Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit, dem Exportkontrollsystem und illegalen Migrations- und Fentanylströmen aus Kanada und Mexiko. Trump fordert außerdem die Einrichtung eines External Revenue Service (ERS) zur Erhebung von Zöllen, Abgaben und anderen Einnahmen im Zusammenhang mit dem Außenhandel sowie die Überprüfung der Antidumping- und Ausgleichszollgesetze (AD/CVD) und deren Einhaltung durch ausländische Regierungen und Befragte. Das Büro des US-Handelsbeauftragten (USTR) soll überdies Länder identifizieren, mit denen bilaterale oder sektorspezifische Handelsabkommen geschlossen werden können, um neuen Marktzugang für US-Exporteure zu erschließen. Die Fristen für die von den Behörden vorzulegenden Berichte enden teilweise am 1. und teilweise am 30. April 2025.

Höhere Zölle schaden nicht nur Handelspartnern wie Deutschland oder der EU, sondern wirken sich auch negativ auf die US-Wirtschaft aus, indem sie beispielsweise die Inflation anheizen. Das IW Köln hat errechnet, dass Trumps angekündigte Zollerhöhungen die deutsche Wirtschaft zwischen 2025 und 2028 bis zu 180 Milliarden Euro kosten könnte. Das Peterson Institute for International Economics, ein unabhängiger Think-Tank, hat berechnet, dass Trumps Zollpläne einen typischen US-Haushalt mit mittlerem Einkommen mehr als 2.600 US-Dollar pro Jahr kosten würden. Für Haushalte mit geringeren Einkommen wären die Kosten noch höher.

Relativ schnell könnte Trump die derzeit nur ausgesetzten 232-Zölle auf Stahl und Aluminium aus der EU wieder einführen. Auch Zölle auf deutsche und europäische Autoexporte in die USA könnten wieder drohen. Während Trumps erster Amtszeit war eine Untersuchung zu Automobilimporten auf Basis von Section 232 des Trade Expansion Act von 1962 abgeschlossen worden. Zölle wurden damals nicht eingeführt.

Rechtlich schwieriger dürfte es allerdings sein, wirklich flächendeckend Zölle auf alle Importe aller Handelspartner zu verhängen. Hier müsste die neue Trump-Administration kreativ sein, um eine rechtliche Grundlage zu finden – die Möglichkeit sollte aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Im Zweifel könnten sich am Ende die Gerichte damit auseinandersetzen.

Was sind Trumps Pläne für den Inflation Reduction Act und das Infrastrukturpaket BIL und welche Auswirkungen hätte dies für die deutsche Industrie?

Trump kritisierte bereits in der Vergangenheit den Inflation Reduction Act (IRA), für seine Subvention und Priorisierung von erneuerbaren Energien und sauberen Technologien.  Gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit kündigte Trump nun eine Neuausrichtung der US-Energiepolitik und das Ende der US-Klimapolitik an. Per Dekret rief er den nationalen Energienotstand aus, um auf die seiner Ansicht nach unzureichende Energieversorgung und -infrastruktur der USA zu reagieren. Darüber hinaus ordnete er an, alle Zahlungen von Geldern (nicht Steuergutschriften) des Inflation Reduction Act (wie auch des Bipartisan Infrastructure Law) zu stoppen, bis die neuen Ministerien und Behörden diese auf ihre Mittelverwendung und Ziele prüfen können. Der Präsident kann Gelder, die bereits vom Kongress autorisiert wurden, nicht dauerhaft blockieren (sog. impoundment), jedoch temporär aussetzen. Laut Analysten und Beratern in Washington scheinen Trump und sein Chef des Büros für Verwaltung und den Haushalt (OMB) bereit zu sein, die Gelder vollständig zu blockieren und einen Prozess vor dem Obersten Gerichtshof zu provozieren. Hierdurch könnten sich geförderte Projekte um Monate oder Jahre verzögern. Auch deutsche Tochterunternehmen und deutsche Zulieferer geförderter Projekte wären von Verzögerungen betroffen.

Signifikante Änderungen an der Substanz des IRA selbst kann nur der US-Kongress vornehmen. Die Zukunft der Steuergutschriften und anderer Gelder des IRA wird in den Steuer- und Haushaltsverhandlungen des US-Kongresses 2025 entschieden. Es ist eher nicht zu erwarten, dass der IRA komplett zurückgenommen wird. Ein großer Teil der privaten Investitionen im Zusammenhang mit dem IRA wurde bisher in republikanischen Wahlkreisen getätigt, die ein Interesse daran haben dürften, dass die Förderungen weiterhin bestehen. Einige Republikanische Abgebordnete haben Teile der Energie-Steuergutschriften in Schutz genommen. Allerdings gelten besonders die E-Auto-Steuergutschrift und die Erneuerbare/Saubere Energien-Steuergutschrift als gefährdet. Wahrscheinlicher ist somit eine gezielte Rücknahme einzelner Teile des IRA. Die Trump-Administration kann jedoch die Regeln zur Implementierung des IRA überarbeiten, um noch stärker als bisher dafür zu sorgen, dass die Förderungen nur US-Unternehmen zugutekommen. Dies wäre zum Nachteil für deutsche und europäische Unternehmen. Darüber hinaus könnten Bedingungen an die IRA-Steuergutschriften geknüpft werden, die so schwer zu erfüllen sind, dass nur wenige Gutschriften ausgezahlt würden.

Insgesamt könnte die Verzögerung oder Streichung von Fördermaßnahmen aus dem IRA die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in den Bereichen erneuerbare Energien und Klimaschutz beeinträchtigen und die Investitionsstrategien sowie Exportmöglichkeiten der deutschen Industrie in den USA beeinflussen.

Welche verteidigungspolitischen Implikationen hat das Wahlergebnis? 

Die USA sind ein essenzieller Baustein in der Sicherheitsarchitektur Deutschlands und Europas. Die Drohung Trumps, die Beistandspflicht in der NATO infrage zu stellen und sie an die Verteidigungsausgaben der Mitgliedstaaten zu knüpfen, erschüttert die Grundfesten dieser Architektur. Sie untergräbt die Glaubwürdigkeit der NATO – bereits ohne Austritt der USA. Zudem sind unter der Trump-Administration sowohl die weitere Unterstützung der Ukraine als auch Taiwans unklar.   

Ein NATO-Austritt der USA würde somit die Sicherheit der westlichen Welt massiv gefährden. Um einer Schwächung der NATO und der Sicherheit in Europa entgegenzuwirken, müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihre militärischen Fähigkeiten stärker ausbauen und endlich die dafür nötigen Investitionen im Verteidigungssektor tätigen. Eine Erhöhung der industriellen Kapazitäten ist zentral, um den aktuellen und künftigen Bedarf an Ausrüstung und Munition für die Bundeswehr, NATO-Partner und der Ukraine Rechnung tragen zu können. Mittelfristig bedeutet das nicht nur zwei, sondern eher plus drei Prozent des BIP für das Verteidigungsbudget auszugeben. 

Was bedeutet die neue Amtszeit Trumps für den Umgang der deutschen Industrie mit China? 

Inzwischen ist die nationale Sicherheit die Grundlage für wirtschaftspolitisches Handeln der USA. Dies wird auch in Zukunft so bleiben. Schon seit Jahren räumen die USA der „Economic Security“ einen deutlich höheren Stellenwert gegenüber der Handelspolitik ein, während wir Europäer noch um ein einheitliches Verständnis von „Economic Security“ ringen.    

Mit dem Fokus auf nationale Sicherheit geht einher, dass die USA auch weiterhin hart gegenüber Chinas unfairen Handelspraktiken auftreten werden. In der Tat wurden bereits erste Maßnahmen gegen China ergriffen. So wies Trump in seinem „America First Trade Policy“-Memorandum das Büro des US-Handelsbeauftragten an, die Ergebnisse der im Mai 2024 fertiggestellten vierjährigen Überprüfung der Section-301-Maßnahmen zu überprüfen. Dabei liegt der Schwerpunkt insbesondere auf der Untersuchung industrieller Lieferketten und potenzieller Umgehungsstrategien durch Drittländer. Auf Basis dieser Analyse sollen Empfehlungen für weiterführende Untersuchungen oder zusätzliche Zollmaßnahmen entwickelt werden. Zudem strebt Trump eine Überprüfung von Gesetzesvorschlägen an, die den Status Chinas als regulärer Handelspartner (PNTR) revidieren könnten. Präsident Biden hatte die unter Trump eingeführten Zölle auf chinesische Importe beibehalten und in Teilen sogar erhöht. Weitere Verschärfungen der US-Exportkontrollen im Hochtechnologiebereich gegenüber China sind unter der neuen Trump-Administration durchaus denkbar.  Im Rahmen seiner „America First Trade Policy“ ordnete Trump zudem eine umfassende Überprüfung des Outbound Investment Security Program an, das erst am 2. Januar 2025 in Kraft getreten war. Ziel des Programmes ist es, Investitionen von US-Personen in strategisch wichtige chinesische Technologieunternehmen zu regulieren und gegebenenfalls zu begrenzen. Es umfasst sowohl direkte Verbote als auch Meldepflichten für Investitionen in Schlüsselsektoren wie Halbleiter, Künstliche Intelligenz und Quanteninformationstechnologie. Mit der angeordneten Überprüfung soll nun festgestellt werden, ob die bestehenden Maßnahmen ausreichen, um nationale Sicherheitsrisiken zu minimieren, oder ob weitere Verschärfungen notwendig sind. Dabei könnten auch weitergehende Einschränkungen, etwa für indirekte Investitionen oder zusätzliche Technologiesektoren, in Betracht gezogen werden.

In jedem Fall wird der Druck auf die Europäer weiter steigen, Maßnahmen gegenüber China mitzutragen. Dies wird auch deutsche Unternehmen vor Herausforderungen stellen. 

Wie geht die deutsche Industrie mit der neuen US-Regierung um?  

Die deutsche Industrie ist im engen Austausch mit der Politik in Berlin und Brüssel und steht bereit, um sich bei möglichen Gegenmaßnahmen auf US-Zölle, aber auch in Bezug auf Angebote an die USA eng abzustimmen.  

Im Sommer 2021 hat der BDI gemeinsam mit drei weiteren Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – der DIHK, dem BGA und dem BdB – die Transatlantic Business Initiative (TBI) gegründet. Die TBI setzt sich für die Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland, den USA und Kanada ein. Sie ist Ansprechpartnerin für wirtschaftspolitische Fragen, insbesondere für die Bundesregierung, die Regierungen der USA und Kanadas sowie für die EU-Institutionen. Mit der TBI waren wir in den vergangenen Jahren regelmäßig in Washington, D.C. und haben dort zahlreiche Gespräche geführt – auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Republikaner. Darüber hinaus ist die deutsche Industrie  bereits seit über 30 Jahren mit einem gemeinsamen Verbindungsbüro von BDI und DIHK, dem Representative of German Industry and Trade (RGIT), in Washington, D.C. präsent. An diese Verbindungen und Kontakte werden wir nun anknüpfen.  

Was sind mögliche Maßnahmen der EU mit Blick auf Trumps Wirtschafts- und Handelspläne?

Die EU-Kommission verfügt über verschiedene Optionen, um auf neue US-Zölle auf Waren aus der EU reagieren. Sie könnte, falls notwendig, Gegenmaßnahmen einleiten. Welche Möglichkeiten die EU im Detail hat, hinge von den genauen US-Maßnahmen und deren rechtlicher Grundlage ab. Für eine wirksame Reaktion der EU braucht es allerdings eine hohe Geschlossenheit der Mitgliedstaaten.

Zölle sollten – wenn irgend möglich – dringend vermieden werden. Daher muss sich die EU flexibel und offen für ausgewogene Kompromisse zeigen. Sie sollte den USA gezielte Angebote und Vorschläge machen, wie stattdessen die Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen vertieft werden kann. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Vereinbarungen und Abkommen mit Trump möglich sind.

Großes Potenzial für eine vertiefte Zusammenarbeit gibt es etwa bei Regulierungsfragen, technischen Standards und der Stärkung der Resilienz von Lieferketten. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, wenn sich die EU und die USA bei Maßnahmen wie Exportkontrollen und Investitionsprüfungen eng abstimmen. Sie sollten sicherstellen, dass ein level playing field für europäische und US-Unternehmen herrscht, dass die Maßnahmen effizient sind und dass sie Unternehmen gleichzeitig nicht mehr als nötig belasten.  Voraussetzung für eine enge Zusammenarbeit mit den USA ist aber, dass in Deutschland und Europa ein einheitliches Verständnis von wirtschaftlicher Sicherheit und ihrer geopolitischen Bedeutung herrscht.  Die USA betrachten wirtschaftspolitisches Handeln längst durch eine sicherheitspolitische Brille – eine Diskussion, die in Europa dringend intensiviert und aufgeholt werden muss. Zudem sollte Europa seine eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken, um als selbstbewusster Partner in den transatlantischen Beziehungen aufzutreten. Denn auch wenn durch den US-Präsidenten ein anderer Eindruck erweckt wird: Auch die US-Wirtschaft profitiert von reibungslosen  bilaterale Handels- und Investitionsbeziehung mit Deutschland und der EU. 

Was braucht es jetzt, um die transatlantische Wirtschaft zu stärken? 

Die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen sind und bleiben von enormer Bedeutung. Die USA waren im ersten Halbjahr 2024 Deutschlands wichtigster Handelspartner. Sie sind das neunte Jahr in Folge der größte Abnehmer deutscher Produkte mit Pharmazeutika, Maschinen und Autos an der Spitze. Mit ausländischen Direktinvestitionen in Höhe von 658 Milliarden US-Dollar ist Deutschland inzwischen der drittgrößte ausländische Investor in den USA. Neue gegenseitige Zölle würden beiden Seiten enorm schaden und sollten unbedingt vermieden werden. Denn auch die USA profitieren enorm von den Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. Deutsche Unternehmen beschäftigen in den USA mehr als 870.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.  

Zwar ist ein umfassendes Handelsabkommen wie TTIP in naher Zukunft unrealistisch, dennoch könnten kleinere Abkommen – etwa zur Erleichterung des Handels mit Industriegütern oder der Vereinheitlichung technischer Standards – zu einer Stärkung der transatlantischen Beziehungen beitragen.

Die Zukunft des 2021 gegründeten EU-US-Handels- und Technologierats, TTC, ist derzeit unklar. Auch wenn der TTC hinter den Erwartungen der Wirtschaft zurückblieb, war er in den vergangenen Jahren das wichtigste Forum für die transatlantische Wirtschaftszusammenarbeit. Daher sollte die EU-Kommission der Trump-Administration in jedem Fall vorschlagen, den TTC weiterzuführen oder ein ähnliches Forum einzurichten. Gleichzeitig wären aber einige Verbesserungen wünschenswert, zum Beispiel eine bessere Einbindung von Stakeholdern. Darüber hinaus sollten die EU und die USA sich auf Schwerpunktthemen einigen und diese mit Nachdruck verfolgen.