Russland-Ukraine-Krieg: Sicherheit

Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Grundfesten der europäischen Sicherheitsarchitektur zerstört und über Jahrzehnte bestehende, fundamentale Paradigmen deutscher Sicherheitspolitik umgeworfen. Der russische Krieg richtet sich damit nicht nur gegen die Ukraine, sondern gegen eine regelbasierte Ordnung insgesamt. Sicherheit kann nur in einem umfassenden Ansatz hergestellt werden: militärisch, zivil, technologisch, gesellschaftlich – gemeinsam mit unseren europäischen Partnern und Alliierten weltweit.

Die ukrainische Armee konnte seit Beginn ihrer Offensivoperationen sowohl im Nord-Osten als auch im Süden des Landes erhebliche Geländegewinne erzielen, darunter auch in den durch Scheinreferenden von Russland annektierten Städten und Regionen.  In den durch die russische Armee eroberten Gebieten werden durch systematische Vertreibung, Verschleppung, die Zerstörung von Infrastruktur und Kulturgütern sowie die Einführung des Rubels Fakten geschaffen. Eine diplomatische Lösung zeichnet sich nicht ab. Die humanitäre Notlage verschärft sich, Millionen Menschen sind weiterhin auf der Flucht.

Weitere Ausrüstungs- und Waffenlieferungen

Russland weitet seine Angriffe auf die zivile Bevölkerung und Infrastruktur aus. Für einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung sind gerade jetzt moderne Flugabwehrsysteme nötig.  Die Auslieferung der von der Bundesregierung mehrfach angekündigten IRIS-T SLM Flugabwehrsysteme ist im Gange. Deutschland unterstützt die Ukraine mit weiteren Ausrüstungs- und Waffenlieferungen aus Beständen der Bundeswehr und der Industrie – darunter schwere Artilleriegeschütze, Flugabwehrpanzer, Mehrfachraketenwerfer und Bergepanzer. Der Gesamtwert der im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 3. Oktober 2022 von der Bundesregierung erteilten Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern beträgt laut dem Bundesministerium für Verteidigung 774.740.971 Euro.

Für den Ernstfall gerüstet?

Sparmaßnahmen und langwierige Prozesse der Vergabe und Beschaffung haben in den letzten zwanzig Jahren dazu geführt, dass die Bundeswehr nicht für den Ernstfall einsatzbereit ist. Seit dem 24. Februar 2022 muss dieser Ernstfall erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte als realistisches Szenario in Erwägung gezogen werden. Die fehlende strategische Linie der Bundesregierung, unklare Außenkommunikation, die Diskussionen um die begrenzten Bestände der Bundeswehr sowie die selbst im Angesicht eines Krieges in Europa schleppenden Prozesse von Beschaffungs- und Exportverfahren haben die Ankündigung einer Zeitenwende ad absurdum und bei der ukrainischen Regierung und Deutschlands internationalen Partnern zu Verwunderung geführt. Den Ankündigungen des Kanzlers zur Lieferung weiterer Waffensysteme in Abstimmung mit den NATO-Partnern gilt es daher weiterhin zügig umzusetzen.

 Sicherheit umfassend denken

Die ukrainische Armee verteidigt nicht nur ihr Land, sondern europäische Werte, die europäische Sicherheitsordnung. Weitere Lieferungen insbesondere von Schützenpanzern, Kampfpanzern sowie gepanzerten Truppentransporter sind notwendig, um sie in ihrem Kampf zu unterstützen. Hier gilt es, insbesondere auf Bestände der Industrie zurückzugreifen, die rasch einsetzbar sind. Denn die militärische Unterstützung bildet die zweite, entscheidende Säule neben den Sanktionspaketen und Embargos bei der Reaktion auf die russische Aggression. Die Bundeswehr muss daher schnellstmöglich in die Lage versetzt werden, ihre Verpflichtungen für die Landes- und Bündnisverteidigung zu erfüllen. Langfristige Sicherheit kann nur in einem umfassenden Ansatz hergestellt werden: militärisch, zivil, technologisch, gesellschaftlich – immer gemeinsam mit unseren europäischen Partnern, Freunden und Alliierten weltweit.

Der Wert von Sicherheit muss gesellschaftlich verankert sein. Politik, die auf Frieden ausgerichtet ist, darf keine Opposition zwischen Diplomatie und militärischer Macht aufmachen. Wehrhaftigkeit ist Bedingung dafür, Sicherheit zu gewährleisten und politische Ziele international zu erreichen. Wehrhaftigkeit einer wertebasierten Demokratie beginnt nicht erst bei den Verteidigungsausgaben.