Fahrplan zur Circular Economy
Laut einer weltweiten Umfrage im Jahr 2019 von Statista geben 39 Prozent der Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette an, Circular Economy in den nächsten zwei Jahren in ihre Innovationsstrategie aufzunehmen. 28 Prozent haben dies bereits getan. Nicht mehr zu negieren ist, dass das Thema auf der Agenda vieler Unternehmen bereits angekommen ist. Dabei umschließen Konzepte zur Kreislaufwirtschaft vielfältige Ansätze, beispielsweise das Neudenken von Geschäftsmodellen, wie Produkte entworfen und welche Materialien eingesetzt werden. Doch wie kann die Politik ihren Beitrag zu einer Transformation zur Circular Economy leisten?
Den Green Deal mitgestalten
Mit dem „European Green Deal“ und dem „New Circular Economy Action Plan“ (NCEAP) sind umfassende neue Regelungen zu erwarten. Beispielsweise steht im EU-Parlament ein „Recht auf Reparatur“ zur Debatte, um die Lebensspanne von Produkten zu erweitern. Die neue Bundesregierung muss die Umsetzung des „Green Deal“ prioritär begleiten. Das bedeutet auch eine Neuausrichtung unserer Rohstoffpolitik, um beispielsweise mit zusätzlichen Instrumenten Material- und Produktkreisläufe zu schließen.
Für nachhaltiges Produktdesign eintreten
Das Produktdesign entscheidet mit verfügbaren Technologien darüber, ob Produkte und Materialien möglichst lange bzw. in möglichst vielen Kreisläufen ohne oder möglichst geringem Qualitätsverlust erneut genutzt werden können. Die EU-Kommission hat daher in ihrem NCEAP aus dem Jahr 2020 das nachhaltige Produktdesign zu einem Schwerpunkt ihrer zukünftigen Politik erklärt. Die neue Bundesregierung sollte sich für die produktspezifische Berücksichtigung von Kriterien des „Design for Circularity“ wie z. B. Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparatur- und Recyclingfähigkeit einsetzen.
Stabile Rohstoffmärkte schaffen
Entlang der fünfstufigen Abfallhierarchie (Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung und Beseitigung) gilt es, Rohstoffe in Kreisläufen zu halten und Abfälle möglichst hochwertig zu verwerten. Beim Rohstoffeinsatz müssen vor allem die Ziele der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes verknüpft werden. Diesem Anspruch werden schon heute viele Recyclingrohstoffe, industrielle Nebenprodukte und biobasierte Rohstoffe nachweislich gerecht. Daher muss es in Zukunft darum gehen, den Anteil eingesetzter Rohstoffe aus der Circular Economy in der Industrie weiter nachdrücklich auszubauen. Die Bundesregierung sollte sich daher dafür einsetzen, dass hierfür die richtigen Instrumente entwickelt und EU-weit angewendet werden.
Klimaschutzpotenziale erkennen und fördern
Wir brauchen definierte Mechanismen zur ganzheitlichen Anrechnung von CO2-Einsparungen durch zirkuläres Wirtschaften. Klimaschutz ist in erster Linie eine globale Verantwortung. Wir müssen daher in einen internationalen Dialog für ein gemeinsames Verständnis über Deutschland und die EU hinaus eintreten. Die Bundesregierung sollte sich auf europäischer Ebene auch für ein zügiges und EU-weites Verbot der Deponierung von unbehandelten Siedlungsabfällen einsetzen.
Die öffentliche Beschaffung einbinden
Allein in Deutschland werden schätzungsweise bis zu 440 Milliarden Euro jährlich für öffentliche Aufträge bereitgestellt. In der zurückliegenden Legislaturperiode hat die Bundesregierung mit einer Änderung des § 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) bereits eine grundsätzliche Pflicht zur Bevorzugung von umweltfreundlichen Produkten und Materialien durch Vergabestellen festgeschrieben. Die neue Bundesregierung sollte sicherstellen, dass die Regelungen im anders als bisher auch eine tatsächliche Wirkung entfalten, z. B. durch zielführende allgemeine Verwaltungsvorschriften, Beratungsstellen und Kompetenzzentren.
Daten intelligent vernetzen
Die stoffliche Zusammensetzung von Produkten und Abfällen spielt eine wichtige Rolle für das Gelingen der zirkulären Wirtschaft. Da insbesondere langlebige Güter erst nach Jahren oder Jahrzehnten ihr Lebensende erreichen und verwertet werden können, liegen aber keine oder nur wenige Informationen zur deren stofflicher Zusammensetzung vor. Digitale Informationssysteme wie beispielsweise der angekündigte digitale Produktpass der EU-Kommission, die die erforderlichen Daten für geschlossene Produkt- und Materialkreisläufe zur Verfügung stellen sollen, sind gemeinsam mit den betroffenen Kreisen zu entwickeln.