Steigende Nachfrage nach kritischen Rohstoffen – Ist die Rohstoffversorgung in Gefahr?
Das neue Fundament der Debatte um den zukünftigen Rohstoffbedarf ist die im Juli 2016 veröffentlichte Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016“, die im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) erstellt wurde. Betrachtet wurden 42 Technologien, wie beispielsweise Batterien für E-PKW, Windkraftanlagen oder Superlegierungen. Anhand von Szenarien wurde der jeweilige Rohstoffbedarf für das Jahr 2035 bestimmt. Um die Kritikalität der jeweiligen Rohstoffe festzustellen, wurde der Bedarf für das Jahr 2035 ins Verhältnis zur Primärproduktion 2013 gesetzt.
Als besonders kritisch bewertet werden Lithium, die schweren Seltenen Erden Dysprosium und Terbium sowie Rhenium. Für Dysprosium und Terbium rechnen die Experten des ISI 2035 mit einem Bedarf, der die Produktion von 2013 um das Dreifache übersteigt. Die Zahlen für Lithium sind noch alarmierender: Die Nachfrage könnte bis 2035 auf beinahe das Vierfache der Produktion 2013 ansteigen. Lithium ist ein zentraler Rohstoff für das Gelingen der Energiewende: Es findet Einsatz in leistungsfähigen Batterien in der Elektromobilität und um Strom aus Wind und Sonne zu speichern. Der erwartete Nachfrageboom wirkt sich bereits heute am Rohstoffmarkt aus: Allein in den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Lithiumpreis verdreifacht.
Sichere Versorgung der Industrie in Gefahr
Angesichts des steigenden Bedarfs an metallischen Rohstoffen für Zukunftstechnologien wird die deutsche Industrie in Zukunft noch abhängiger von Rohstoffimporten werden. Der Mehrbedarf an kritischen Rohstoffen lässt sich nicht allein mit mehr Recycling und ressourceneffizienter Produktion auffangen. „In der nationalen Rohstoffstrategie muss die Versorgung der deutschen Industrie mit Primärrohstoffen wieder stärker in den Vordergrund rücken“, fordert daher BDI-Präsident Ullrich Grillo.
Weil Deutschland bei Industriemetallen auf den Import angewiesen ist, ist ein sicherer und diskriminierungsfreier Zugang zu Rohstoffen für den Standort Deutschland von zentraler Bedeutung. In den letzten Jahren hat die Einführung von handelsbeschränkenden Maßnahmen jedoch wieder an Fahrt gewonnen. Schätzungen der EU-Kommission zufolge werden etwa zwölf neue Maßnahmen pro Monat eingeführt.
Die Bundesregierung hat im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft in 2017 die Gelegenheit, das Thema der Handels- und Wettbewerbsverzerrungen prominent auf der internationalen Agenda zu platzieren. Nur mit einem „level-playing-field“ beim Zugang zu Rohstoffen kann die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie sichergestellt werden.