Unternehmen brauchen Planungssicherheit
Der BDI hat an Union und SPD appelliert, zügig Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. „Wir brauchen rasch eine neue Regierung. Es ist deshalb zu begrüßen, dass die Sondierungen derzeit mit großer Ernsthaftigkeit und mit einem engen Zeitplan geführt werden“, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf am Donnerstag in Berlin. Wer immer demnächst die Regierung in Deutschland stelle, müsse mehr Wirtschaft wagen. „Unsere Unternehmen wünschen sich Planungssicherheit, unsere Partner in der Welt erwarten Handlungsfähigkeit“, unterstrich Kempf. „2018 muss das Jahr der Taten werden. Die Startposition für eine neue Regierung könnte kaum besser sein.“
Nach Einschätzung des BDI wird die deutsche Wirtschaft im neuen Jahr um zweieinviertel Prozent wachsen. Damit legt die Wirtschaftsleistung das neunte Jahr in Folge zu. Der Aufschwung sei nachhaltig und robust. „Echte Risiken für eine konjunkturelle Überhitzung sehen wir nicht“, sagte der BDI-Präsident. Der Beschäftigungsaufbau werde in diesem Jahr weiter zunehmen, etliche 100.000 Arbeitsplätze würden entstehen.
Vor allem der Motor Außenhandel treibe die Konjunktur an, sagte Kempf. Dem BDI zufolge werden die Exporte in diesem Jahr um fünf Prozent steigen. „Etwa jeder vierte Arbeitsplatz hängt in Deutschland vom Export ab. Doch ein Blick auf die Weltmärkte bereitet uns auch gewisse Bauchschmerzen. Die größte Bedrohung für unseren Aufschwung ist das hohe Maß an internationaler Unsicherheit“, warnte Kempf.
Eine große Gefahr für die Konjunktur sei der britische Ausstieg aus der EU. Selbst eine zwingend erforderliche Übergangsregelung verschaffe den Unternehmen lediglich eine Atempause. Kempf: „Über vielen Aktivitäten im Vereinigten Königreich schwebt nicht nur das Damoklesschwert der Unsicherheit, sie sind sogar dem Risiko massiver Entwertung ausgesetzt. Unsere Unternehmen müssen sich auf alle Eventualitäten vorbereiten – und eben auch auf einen harten Brexit.“
Eine künftige Bundesregierung müsse das Geld dort ausgeben, wo sich Wachstumspotenziale heben und Arbeitsplätze sichern und neue schaffen ließen. „Der Ausbau der digitalen Infrastruktur muss endlich vorankommen“, sagte Kempf. Ein Viertel aller Firmen habe noch immer keinen Zugang zu schnellem Internet. „Dieser Zustand ist absolut inakzeptabel. Von der künftigen Bundesregierung erwarten wir, dass sie zügig den Dialog mit den Netzanbietern intensiviert und Investitionsanreize für einen beschleunigten Ausbau setzt.“
Auch in der Steuerpolitik müsse die künftige Regierung klotzen und nicht kleckern. Dies gelte besonders vor dem Hintergrund des von den USA und China neu entfachten schärferen Steuerwettbewerbs. Kempf forderte ein Auslaufen des Solidaritätszuschlags. Zudem sprach er sich für eine überfällige Korrektur der substanzbesteuernden Elemente der Gewerbesteuer und die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung aus. Diese sei inzwischen in nahezu allen Industriestaaten selbstverständlich.
Neben der Steuerpolitik gehöre die Energie- und Klimapolitik auf den Prüfstand. Wir brauchen mehr Realismus in der Energie- und Klimapolitik“, unterstrich Kempf. Das gelte auch für das nationale Klimaziel, bis 2020 die Treibhausgase um 40 Prozent zu reduzieren. „Offenbar sind hier Sondierer willens, die Realität anzuerkennen. Die Politik muss die Energiewende zu einer Erfolgsgeschichte machen, pragmatisch und an der Wirtschaftlichkeit orientiert.“ Für die Industrie biete Klimaschutz Herausforderungen, Risiken und Chancen, erläuterte der BDI-Präsident.
„Deutschland muss die Chancen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, viel stärker nutzen“, verlangte Kempf. Der BDI habe deshalb eine neue Initiative „Gesundheit digital“ gestartet. Es gehe darum, weniger Verteilungsdiskussionen – etwa um die Bürgerversicherung – zu führen, sondern mehr über Innovationen und Investitionen zu reden und sie umzusetzen. Der Schlüssel zum Erfolg sei die Fähigkeit, große Datenmengen zu erheben, zu übertragen und zu verarbeiten. „Die künftige Bundesregierung muss rasch die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung von Gesundheitsdaten schaffen“, forderte Kempf.