Was kommt nach der Covid-Kehrtwende?
Mit der abrupten Wende in der Covid-Politik hatte niemand gerechnet. Anfang Dezember 2022 hatte das 24-köpfige Politbüro unter Parteichef Xi Jinping getagt und die Stabilisierung der Wirtschaft in den Fokus der Arbeit gestellt. Null-Covid fand keine Erwähnung mehr. Das war der Startschuss zu einer 180-Grad-Kehrtwende. Innerhalb weniger Tage wurde das landesweite System aus engmaschigen Covid-Tests, Zugangsbeschränkungen und Lockdowns aufgegeben.
Belastung für Wirtschaft und landesweite Proteste
Xis Null-Covid-Politik war zuvor längst zu einem machtpolitischen Instrument geworden: Die Propagandamaschinerie vermittelte den Eindruck eines sicheren Chinas mit einer erfolgreichen Führung. Die massiven Schäden und Belastungen für die Gesellschaft wurden unter den Teppich gekehrt. Dagegen entwarfen die Medien vom Westen ein Zerrbild, bei dem verantwortungslose Regierungen nichts gegen Tod und Chaos unternahmen. Aber nach drei Jahren waren die Belastungen für die Wirtschaft endgültig untragbar geworden. Als sich Ende November dann auch noch landesweite Proteste in der Bevölkerung regten, war endgültig Schluss. Xi ließ die mit seinem Namen eng verbundene Null-Covid-Politik wie eine heiße Kartoffel fallen.
Die Lage bleibt angespannt
Doch für die Covid-Kehrtwende waren offensichtlich keinerlei Vorbereitungen getroffen worden. Die Krankenhäuser waren unvorbereitet. Keine neuerliche Impfkampagne war dem Politikwechsel vorausgegangen. Ausländische mRNA-Vakzine mit einem hohen Wirkungsgrad sind nach wie vor nicht zugelassen. Gerade die ältere Bevölkerung, die Impfungen oft skeptisch gegenübersteht, ist unzureichend geschützt. Die Folge: Landesweite Schlangen vor den Krankenhäusern und den Leichenhallen. Verlässliche Zahlen gibt es von offizieller Seite dazu nicht.
Chinas Exporte verzeichneten Minus
Die Hoffnung der Regierung ist anscheinend, dass nach einem rasanten Durchmarsch der Pandemie sich im Frühjahr die Lage stabilisieren wird. Dann wären die Voraussetzungen für einen neuerlichen Wirtschaftsaufschwung gegeben. Zuletzt stand es nicht nur um das Sorgenkind Immobilienbranche schlecht. Der Einzelhandel und der ganze Dienstleistungssektor waren durch die Covid-Maßnahmen unter die Räder geraten. Und auch der Exportlokomotive ging ab August letzten Jahres die Puste aus. Im November wurde sogar ein Minus von knapp neun Prozent bei den Ausfuhren verzeichnet.
Doch woher soll dann der Antrieb für einen neuerlichen Aufschwung kommen? Das Potenzial der Inlandsnachfrage ist begrenzt. Zwar haben die Verbraucher einiges nachzuholen, doch die Haushalte haben ihre Sparquote erhöht. Dahinter steckt die Angst vor Arbeitslosigkeit und finanzielle Sorgen angesichts bröckelnder Immobilienpreise. Das heißt insgesamt weniger Spielraum für den Konsum.
Privatunternehmer sind verunsichert
Auch der Staat steht unter Druck. Überschuldung und sinkende Einnahmen aus Landverkäufen, einer Haupteinnahmequelle der Lokalregierungen, bedeuten weniger Geld für staatliche Investitionen. Und auch Privatunternehmer sind nicht mehr so wagemutig und investitionsfreudig wie früher. Sie haben nicht nur unter der Null-Covid-Politik gelitten, sondern sind vor allem auch durch die oft plumpen staatlichen Markteingriffe unter Xi tief verunsichert. Zudem dürfte die Auslandsnachfrage im laufenden Jahr weitgehend schwach bleiben. In dieser Gemengelage erscheint die aktuelle Prognose der Weltbank von 4,3 Prozent für Chinas Wirtschaftswachstum 2023 noch einigermaßen optimistisch.