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Wertschöpfung neu denken mit Dr. Johannes Kirchhoff

Zur 21. Legislaturperiode hat die BDI-Initiative Circular Economy ein Positionspapier mit Forderungen für einen zirkulären Industriestandort Deutschland formuliert. Anlässlich dessen äußert sich auch der Vorstandsvorsitzende der Initiative und geschäftsführender Gesellschafter der Kirchhoff-Gruppe, Dr. Johannes Kirchhoff, in einem Kurzinterview. Zentral für ihn ist in den kommenden vier Jahren dabei die Erschließung neuer Marktpotenziale durch zirkuläre Geschäftsmodelle.

Welche politische Flankierung muss die neue Bundesregierung leisten, damit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen durch zirkuläre Wertschöpfung gestärkt wird?

Zirkuläre Wertschöpfung fängt bei der Entwicklung von Produkten an und bezieht dabei alle Beteiligten der Wertschöpfungskette, vom Inverkehrbringer bis hin zur Aufbereitungswertschöpfung, mit ein. Die Circular Economy steht insbesondere auch für Rohstoffwirtschaft und ist damit ein zentraler Teil der Industrie- und Standortpolitik. Das muss auch in der Bundesregierung abgebildet werden. Für das Gelingen von Kreisläufen spielen vor allem Verfahrenstechniken eine große Rolle: Technologieoffenheit u.a. für thermische, mechanische und chemische Verfahrenstechnik ist wichtig, Verbote der Nutzung bestimmter Verfahren müssen unterbleiben. Ebenso muss die Definition, wann ein Stoff noch Abfall ist, überarbeitet werden, um vorhandene Beschränkungen durch das Abfallrecht für aufbereitungsfähige, unproblematische Stoffströme aufzulösen. Diese Stoffströme müssen aus dem Abfallrecht entlassen werden.

Welche Veränderungen im Mindset und der Unternehmenskultur halten Sie für notwendig, damit Circular Economy künftig als fester Teil von Geschäftsmodellen etabliert wird?

Die lineare Bewirtschaftung von Materialien gehört der Vergangenheit an. Schon bei der Produktentwicklung muss die Kreislaufführung der im Produkt verwendeten Materialien mitgedacht und konzipiert werden. Nach der Nutzungsphase müssen sich die Unternehmen mit der Rückführung der Produkte sowie deren Demontage und der Aufbereitung der verwendeten Materialien zu wiederverwendbaren Rohstoffen in Zusammenarbeit mit den Vorlieferanten einsetzen. Ein mögliches Geschäftsmodell ist dabei die Produktnutzung als Service: sie sichert während der Nutzungsphase Ersatzteil-, Wartungs- und Reparaturumsätze sowie nach der Nutzungsphase den Zugriff auf die verwendeten Rohstoffe. So gestaltete nachhaltige Produktangebote erzielen Wettbewerbsvorteile.

Wenn Sie als Investor tätig wären, in welche Technologien oder Lösungen investieren Sie jetzt am Standort Deutschland, um langfristig von der Circular Economy zu profitieren?

In Unternehmen, die Produktkonzepte haben, die während der Nutzungsphase dem Nutzer gegen Gebühr zur Verfügung gestellt werden und von Beginn an mit Rückführungslogistik und kreislauffähigen Materialien und zugehörigen Aufbereitungstechnologien entwickelt wurden.