Wettbewerbsfähiges Strompreisniveau für die Unternehmen schaffen
Angesicht der verschlechterten Wirtschaftslage der deutschen Industrie verstärkt sich die Diskussion um eine Entlastung der Industrie bei den aktuell hohen Stromkosten. Zugleich droht eine weitere Belastung: Der vom Kabinett beschlossene Entwurf des Bundeshaushalts 2024 sieht die Abschaffung der Energiesteuerentlastung für energieintensive Unternehmen, des sogenannten Spitzenausgleichs, vor. Um wettbewerbsfähige Energiesteuern zu gewährleisten, muss die Politik insbesondere den im europäischen Vergleich hohen Stromsteuertarif auf das europäische Mindestmaß für die gewerbliche Verwendung senken oder zumindest den Spitzenausgleich erhalten.
Wettbewerbsposition der energieintensiven Industrie ist gefährdet
Seit 2022 fallen die Produktionswerte der energieintensiven Unternehmen deutlich. Der Grund: In vielen Industriebereichen ist die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen am Anfang der Wertschöpfungskette aufgrund ihres besonders hohen Energiebedarfs im Verhältnis zur Bruttowertschöpfung nicht mehr gesichert. Bislang bot der Stromsteuer-Spitzenausgleich eine entscheidende Entlastung angesichts des hohen deutschen Steuerniveaus. Er ist zentral für die Planung der milliardenschweren Investitionen in die Elektrifizierung bzw. Dekarbonisierung der Produktionsprozesse.
Der unerwartete Wegfall des Spitzenausgleichs führt faktisch zu einer Verzehnfachung des Steuersatzes auf Strom – und das in Zeiten schwieriger Wettbewerbsbedingungen.
Auf Basis der Daten des 29. Subventionsberichts (Angaben für 2023) bedeutet der Wegfall des Spitzenausgleichs ab 2024 für die Unternehmen konkret: Steuererhöhungen in Höhe von 175 Millionen Euro für insgesamt 4.584 Unternehmen im Energiesteuerbereich und in Höhe von 1.375 Millionen Euro für insgesamt 7.802 Unternehmen im Stromsteuerbereich.
Hohe Stromsteuerbelastung im europäischen Vergleich
Seit Einführung der ökologischen Steuerreform 1999 bestand ein Konsens, dass die Politik die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven und im internationalen Wettbewerb befindlichen Unternehmen des produzierenden Gewerbes in Deutschland durch Energiesteuerentlastungen absichern muss. Der Spitzenausgleich war hierfür bislang, das einzige Instrument. Der europäische Stromsteuervergleich zeigt, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten außer Frankreich an dem Mindeststromsteuersatz für die betriebliche Verwendung von 0,50 Euro pro MWh orientieren, um die Industrie im Wettbewerb nicht zu schwächen. Die bisherige Regelung zum Stromsteuer-Spitzenausgleich ermöglichte energieintensiven Unternehmen eine bis zu 90-prozentige Reduzierung des Steuersatzes für das produzierende Gewerbe auf bis zu 1,54 Euro pro MWh. Mit der geplanten Abschaffung des Spitzenausgleichs wird der Stromsteuersatz ab 2024 auf 15,37 Euro pro MWh steigen.
Neben der Stromsteuer stellen die Netzumlagen mit 5,91 Euro pro MWh für die Offshore-Umlage und mit 2,60 Euro pro MWh für die § 19 StromNEV-Umlage den größten Anteil der Stromkostenbelastung für die Industrie dar. Die Belastungen aus diesen Umlagen sind im europäischen Vergleich ebenfalls zu hoch, um wettbewerbsfähige Stromkosten zu gewährleisten. Der BDI fordert daher, die bestehenden Entlastungsregelungen auf Netzumlagen auszuweiten.
Dringender Handlungsbedarf für wettbewerbsfähige Stromkosten
Für die Dekarbonisierung der Wirtschaft ist die Elektrifizierung vieler Produktionsprozesse, auch zur Herstellung grünen Wasserstoffs, unerlässlich. Jede politische Maßnahme muss die Wettbewerbsfähigkeit der Stromkosten für die Wirtschaft und insbesondere die energieintensive Industrie im Blick haben. Der BDI setzt sich aktuell intensiv für wettbewerbsfähige Stromkosten für die energieintensive Industrie ein. Neben einem Brückenstrompreis sind die Senkung der Stromsteuer auf den EU-Mindeststeuersatz oder zumindest der Erhalt der Steuerentlastungen durch den Spitzenausgleich für Unternehmen des produzierenden Gewerbes wie auch die Senkung der Netzentgelte Gegenstand der laufenden Verhandlungen.