„Wir sind ein Schnarchland geworden“
Kempf verteidigt die Autobauer gegen anhaltende Kritik: „Die deutsche Autoindustrie ist zukunftsfähiger aufgestellt, als mancher denkt. Ich wage die Prognose, dass die Autoindustrie im kommenden Jahr mehr batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge im Angebot haben wird, als Nachfrage da sein wird. Die Industrie muss den Wandel technologieoffen angehen - und das tun die deutschen Hersteller.“ Verbote von SUVs hält der BDI-Präsident für den falschen Weg.
Neben einer Rezession sieht Kempf die stetig eskalierenden Handelskonflikte als größere Gefahr für die enorm exportorientierte deutsche Wirtschaft. Trotz verhärteter Fronten zwischen China und den USA schließt der BDI-Präsident eine Lösung des Konflikts nicht aus – weil auch US-Präsident Donald Trump vorzeigbare Erfolge für seine Wiederwahl brauche. Trumps Ausgangsthese Handelskriege seien leicht zu gewinnen werde sich als falsch erweisen.
Gefragt nach dem Dauerthema Brexit sagt Kempf: „Einen ungeordneten Austritt wünschen sich alle Unternehmen am wenigsten. Aber natürlich gibt es irgendwann mal einen Punkt, an dem die Unsicherheit so groß wird, dass der Unterschied zu den Folgen eines ungeregelten Brexits immer kleiner wird. Am liebsten wäre für uns in der Industrie trotzdem eine Einigung.“
Auch zur innenpolitisch diskutierten schwarzen Null äußert sich der BDI-Präsident: Seit der Finanzkrise habe sich die Situation geändert, der Staat könne sich inzwischen zu Negativzinsen verschulden. Da sei es schon eine Überlegung wert, den Spielraum zwischen schwarzer Null und Schuldenbremse sinnvoll zu nutzen. Aber nicht für ein weiteres Baukindergeld oder mehr konsumtive Staatsausgaben.
Dass vom Bund bereitgestellte Milliarden für Investitionen von den Kommunen nicht abgerufen werden, beklagt Kempf. Niemand traue sich mehr, Entscheidungen zu treffen, die Verantwortlichen verschanzten sich hinter Genehmigungsprozeduren. Deutschland, findet Kempf, sei „ein Schnarchland geworden“.