Zwischen Kooperation und Konkurrenz – Ein Reisebericht aus Asien von Tanja Gönner
China – Ein Schlüsselmarkt zwischen Kooperation und Konkurrenz
China bleibt unverzichtbar für die deutsche Industrie. Über 5.200 deutsche Unternehmen sind vor Ort aktiv, schaffen mehr als 1,1 Millionen Arbeitsplätze und profitieren von einem enormen Markt. Gleichzeitig ist China nach den USA Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner außerhalb Europas.
Doch die Beziehung ist nicht ohne Spannungen. Beide Länder kämpfen mit schwachem Wirtschaftswachstum, dringenden Strukturreformen und Herausforderungen wie Klimawandel und demographischem Wandel. Während China und Deutschland dabei unterschiedliche Wege gehen, liegt in der Entwicklung innovativer Lösungen für globale Probleme ein großes Potenzial für Zusammenarbeit.
In Peking haben wir unsere Erwartungen an eine faire Partnerschaft klar formuliert: gleiche Regeln für alle, weniger Hindernisse für deutsche Unternehmen und mehr gegenseitige Offenheit. Wir setzen uns als Verband weiterhin ein für ein Level-Playing-Field und Reziprozität. Diese Botschaft hat BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner in ihren Gesprächen, u.a. mit dem Vize-Handelsminister Ling Ji und dem Vorsitzenden des China Council for the Promotion of International Trade (CCPIT), immer wieder deutlich gemacht. Wir als deutsche Industrie sind überzeugt: Fairer Wettbewerb – oder wie Tanja Gönner es in ihren Treffen bezeichnete, „Coompetition“ – ist der Schlüssel. Das Ziel sollte ein regelbasierter Wettbewerb sein, der beide Seiten voranbringt und den globalen Handel stärkt.
Ein Höhepunkt der Reise war die Vorstellung unserer neuen Repräsentanzleiterin Elisa Hörhager bei einem „Abend der deutschen Industrie“ in Peking. Seit 2018 ist der Verband mit einer Repräsentanz vor Ort, um den Austausch auf allen Ebenen zu fördern – ein wichtiger Schritt in Zeiten zunehmender Systemkonkurrenz.
Shanghai – Innovation als Zukunftsmotor
In Shanghai drehte sich alles um die Themen Transformation und Innovation. An der renommierten Tongji-Universität hielt Tanja Gönner eine Vorlesung zum Spannungsfeld von Kooperation und Konkurrenz im Zeitalter der Globalisierung. Danach tauschten wir uns mit den Studierenden aus. Auf die Frage, was sie mit Deutschland verbinden, fiel die Antwort eines Studenten auf: „Das Powerhouse Europas.“ Dieses Lob machte uns nachdenklich: Während wir in Deutschland oft kritisch über unseren eigenen Zustand debattieren, bleibt die internationale Wahrnehmung positiv. Wie bewahren wir dieses Bild und wie können wir selbst diese Wahrnehmung annehmen?
Die Antwort ist klar: durch Innovation und mutige Transformation. Doch das gelingt nur, wenn wir auch im Heimatmarkt vorankommen. Klimaneutralität als erster Kontinent der Welt zu schaffen, ist ein ehrgeiziges Ziel – und ein notwendiges. Aber: Ohne Vertrauen zwischen Politik und Wirtschaft und ohne gezielte Unterstützung für Unternehmen riskieren wir, im globalen Wettbewerb zurückzufallen. Länder wie China fördern ihre Unternehmen großzügig – hier darf Europa nicht nur blind zusehen.
Besonders inspirierend war der Besuch beim Technologieunternehmen Momenta, das seine innovativen Ansätze für automatisierten Verkehr vorstellte. Shanghai zeigt: Deutschland kann von solchen Vorreitern lernen und gleichzeitig mit eigenen Stärken punkten.
Indien – Ein Partner auf Augenhöhe
Weiter ging es nach Neu-Delhi zur Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft (APK). Den Auftakt machte ein symbolisches Hockeyspiel der deutschen und indischen Nationalmannschaften – ein Sinnbild für fairen Wettkampf und klare Regeln.
Indien beeindruckt als Partner mit enormem Potenzial: eine junge, gut ausgebildete Bevölkerung, starkes Wirtschaftswachstum und ein boomender Technologiesektor. Premierminister Narendra Modi betonte die Chancen für Kooperationen in Bereichen wie erneuerbare Energien, Biotechnologie und Smart Cities. Doch Indien will nicht als Ersatz für China gesehen werden – sondern als eigenständiger Partner auf Augenhöhe.
Die gesamte ASEAN-Region zeigt sich vielversprechend: Sie bietet deutschen Unternehmen vielfältige Chancen für Wachstum und Diversifizierung. Damit das gelingt, brauchen wir eine strategische Ausrichtung. Wo wollen wir in fünf, zehn oder zwanzig Jahren stehen? Die Antwort muss lauten: in einer starken, innovativen und nachhaltigen Wirtschaft, die weltweit Standards setzt.
Jetzt ist die Zeit für Mut und Innovation
Die Reise hat gezeigt: Wir brauchen keine Angst vor dem globalen Wettbewerb zu haben. Innovationen und Technologien zur Lösung großer Probleme zu entwickeln, liegt in der DNA der deutschen Industrie. Unser einzigartiges Netzwerk aus kleinen, mittleren und großen Unternehmen hat „Made in Germany“ zu einem weltweiten Gütesiegel gemacht. Das kann auch in Zukunft so bleiben. Statt Selbstzweifel müssen wir den Wettbewerb suchen, neue Wege gehen und dabei auch Fehler wagen. Wer mutig bleibt, bleibt erfolgreich.
Ein herzliches Dankeschön gilt allen, die diese Reise ermöglicht haben. Zurück in Deutschland heißt es nun: Anpacken, zusammenarbeiten und mit Zuversicht die nächsten Schritte gehen – trotz zunehmender Herausforderungen!