Zollverfahren: Schnellstraßen für den Warenhandel
Laut Statistischem Bundesamt betrug 2020 der Wert deutscher Warenimporte 1,03 Billionen Euro. Die deutschen Warenexporte beliefen sich auf einen Wert von 1,2 Billionen Euro. Laut Angaben der Zollverwaltung kamen 2020 Importe im Wert von 434 Milliarden Euro aus Nicht-EU-Staaten. Deutsche Unternehmen exportierten Waren im Wert von 503 Milliarden Euro in Drittländer. Waren erreichen oder verlassen Deutschland per Schiff, auf dem Landweg oder auch per Flugzeug. Bevor sie importiert werden dürfen, müssen sie allerdings das Zollverfahren der EU durchlaufen, die ein Gebiet mit einheitlichen zollrechtlichen Regelungen ist. Für Waren, die in die EU eingeführt werden, gelten somit einheitliche Einfuhrbestimmungen, Zolltarife und -verfahren. In Deutschland sorgen rund 44.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zolls dafür, dass Waren zügig und effizient abgewickelt werden. Im Jahr 2020 wickelte der deutsche Zoll fast 251 Millionen Zollabfertigungen ab.
In vielen Fällen muss bei der Einfuhr in die EU ein Zoll entrichtet werden. In der Regel fällt darüber hinaus eine Einfuhrumsatzsteuer ähnlich der Mehrwertsteuer an. Teilweise sind auch Verbrauchssteuern zu entrichten. Doch auch wenn kein Zoll auf eine Ware erhoben wird, muss die Ware angemeldet werden und das Zollverfahren durchlaufen. Das Zollverfahren umfasst die Abgabe einer Zollanmeldung durch die Wirtschaftsbeteiligten, die Annahme dieser Zollanmeldung durch die Zollstelle, die Überprüfung der Papiere und der Waren, die Fertigung eines Zollbefunds durch die Zollstelle und die Berechnung der Einfuhrabgaben.
Der neue Unionszollkodex (UZK) der EU ist seit Anfang Mai 2016 in Kraft und sollte bis Ende des Jahres 2020 schrittweise den alten Zollkodex ersetzen. Teile der Reform umfassen den Datenaustausch und deren Speicherung, neue Vereinfachung und Anforderungen für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (Authorized Economic Operators, AEOs) und eine zentrale Zollabwicklung. Die Übergangsfrist sollte der phasenweisen Anpassung nationaler IT-Systeme und Datenbanken dienen, wird aber nach jetzigem Stand bis mindestens 2025 dauern. Die bis dahin noch verwendeten Teile des Zollkodexes und der eigentlich ab 2020 alleingültige UZK sehen gleichsam differenzierte Zollverfahren vor. Diese richten sich nach dem Verwendungszweck der Ware. Maßgeblich ist, ob eine Ware innerhalb der EU frei gehandelt, gelagert oder weiterverarbeitet werden soll. Erst nachdem das Zollverfahren durchlaufen ist, kann eine Ware in den freien internen Warenverkehr der EU überführt werden. Im innereuropäischen Handel werden keine Zölle erhoben.
Warum Zollverfahren?
Ursprünglich waren Zollabgaben und Einfuhrsteuern eine wichtige Einnahmequelle für den Staat. Während sie diese Funktion in den meisten Industrieländern größtenteils verloren haben, sind sie gerade für ärmere Entwicklungsländer nach wie vor eine zentrale Komponente des Staatshaushalts.
Auch heute noch schützen Zölle heimische Produzenten vor ausländischer Konkurrenz – dies gilt gleichermaßen in Industrie- wie in Schwellen- und Entwicklungsländern. Im Durchschnitt sind die weltweiten Zölle auf Industriewaren bereits heute sehr viel niedriger als auf Agrarprodukte. Zudem haben die Zölle in Industrieländern ein deutlich niedrigeres Niveau erreicht als in den Schwellen- und Entwicklungsländern.
Zollverfahren erfüllen jedoch auch wichtige Schutzfunktionen. Zollbeamte kontrollieren die Ein- und Ausfuhren auf gefährliche oder gesundheits- und umweltschädliche Güter. Auch überwachen sie Wettbewerbsgesetze und konfiszieren bei Produktpiraterie gefälschte Waren.
Moderne Zollverfahren für eine moderne Welt
Die heutige Warenwelt ist international; Wertschöpfungsketten sind globalisiert. Der Anteil ausländischer Importe an deutschen Exporten beträgt nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie über 40 Prozent (Stand 2018). Jede Warenbewegung erfordert eine zollförmliche Abfertigung an der Grenze. Hersteller und Händler zahlen Zölle und müssen die Verfahren personell begleiten. Diese Kosten wirken sich auf den Preis der Ware aus. Der Verbraucher zahlt demnach je nach Zollsatz und Lieferaufwand mehr oder weniger für das Produkt. Kurzum: Durch vereinfachte Verfahren werden Produkte günstiger und sind schneller verfügbar.