BDI-Präsident Russwurm auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Realität der Zeitenwende ist noch nicht in den Köpfen angekommen
„Mit großer Sorge blickt die deutsche Industrie auf die Situation: Autokratische Allianzen zielen darauf ab, liberale Staaten zu destabilisieren. Zu ihrem Arsenal gehört es, Rohstoffe, Technologie und Handelsmacht als Druckmittel und Waffe einzusetzen. Die raue Realität der Zeitenwende ist noch nicht in den Köpfen angekommen – und im Handeln schon gar nicht: Der notwendige Wandel wird vor allem rhetorisch beschworen.
Die Wehrhaftigkeit der Ukraine sollte uns in vielerlei Hinsicht aufrütteln, um bestehende Defizite unserer Gesamtverteidigung anzugehen. An vorderster Stelle unserer Gesamtverteidigung müssen die Investitionen in unsere Landes- und Bündnisverteidigung stehen. Nach Jahren der Friedensdividende ist uns die Nutzung der Innovationskraft unserer Unternehmen im Sinne unserer Wehrhaftigkeit buchstäblich verloren gegangen.
Die enge Verzahnung von Forschung, Industrie und Bundeswehr ist unumgänglich. Es ist an der Zeit, die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr, wehrtechnischer Industrie und Hochschulen zu intensivieren. Die Trennung von militärischer und ziviler Forschung und Entwicklung sollte überdacht werden, um offensichtliche Synergien zu nutzen. Zivilklauseln an Universitäten sind eine Friedensgeste, von der wir uns verabschieden sollten – besser schneller als langsamer.
Wir müssen die Innovationskraft von jungen Unternehmen, von Start-Ups, besser nutzen. Die Bundeswehr muss sich dabei der Agilität der Start-Ups anpassen und nicht umgekehrt. Innovation Hubs sind eine gute Sache, wenn sie entweder direkt in der Bundeswehr angesiedelt sind oder – wie im Bereich Cyber – zumindest eng mit der Truppe verzahnt sind.
Ob weltraumgestützte Aufklärung und Kommunikation, Drohnen, elektronische Kampfführung oder vernetzte Operationsführung mittels Software Defined Defence: Die Durchsetzungsfähigkeit wird maßgeblich von der digitalen Fähigkeitsentwicklung unserer Streitkräfte abhängen.“