Verlässliche Politik für eine sichere Energieversorgung
Mähdrescher ernten vollautomatisch das Getreide. Die Displays der Smartphones sind unser Kommunikationsmittel Nummer eins. Von ihnen verteilen sich Nachrichten über ein Netz von Satelliten und Funkmasten über den gesamten Erdball. Güter- und Personenzügen werden über Leitungen mit Strom versorgt, die allein in Deutschland so lang sind, dass man sie von Berlin nach Melbourne und wieder zurück verlegen könnte. Noch nie war die Lebens- und Arbeitswelt des Menschen so durchdrungen von der Notwendigkeit von Energie wie heute – und das weltweit, egal ob in Industriestaaten, Schwellenländern oder Staaten der Dritten Welt. Der Klimawandel wirft daher die Frage auf, wie sich die Menschheit künftig mit Energie versorgen kann, ohne die Umwelt und gleichzeitig den Wohlstand sowie die soziale Sicherheit der Menschen zu gefährden.
Energiewende will Energieversorgung umbauen
Gerade im Industrieland Deutschland spielt eine sichere, bezahlbare und klimagerechte Energieversorgung eine entscheidende Rolle. Mehr als in allen anderen europäischen Staaten basiert der Wohlstand des Landes auf einer starken Industrie. Deutschland erwirtschaftet rund 27 Prozent der industriellen Bruttowertschöpfung der Europäischen Union, mehr als Großbritannien und Frankreich zusammen. Die Industrie steht für rund 90 Prozent der deutschen Exporte, zudem werden mehr als 90 Prozent aller Ausgaben der deutschen Wirtschaft für Forschung und Entwicklung von der Industrie aufgebracht.
Mit der Energiewende hat Deutschland ein ausgesprochen ambitioniertes Projekt auf den Weg gebracht, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Energieversorgung zum Wohle des Klimaschutzes weitgehend umzubauen. Die deutsche Industrie unterstützt und begrüßt dieses Projekt und will mit ihrem Fachwissen und ihrer Innovationskraft entscheidend dazu beitragen, dass die Energiewende gelingt. Um sich mit aller Kraft dafür einsetzen zu können, braucht sie jedoch eine Energie- und Klimapolitik aus einem Guss. Nur einheitliche Gesetze, Maßnahmen und Richtlinien können dazu führen, dass die selbst gesteckten Ziele erreicht werden. Denn bis 2020 soll ein Fünftel des EU-weiten Energieverbrauchs aus regenerativen Energiequellen gedeckt werden. Modernisierungen und der Ausbau erneuerbarer Energieträger sind dazu nötig. Vor allem aber: Hohe Investitionen. Um aber eine sichere, bezahlbare und klimagerechte Energieversorgung über den gesamten Planungszeitraum erreichen zu können, ist ein konsistentes Energiekonzept unverzichtbar, das den Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt.
Energieintensive Industrien nehmen Schlüsselposition ein
Die Stärke der deutschen Industrie fußt neben einer hohen Versorgungssicherheit, die bislang ein Markenzeichen des Wirtschaftsstandorts Deutschlands war, auf den hier bestehenden vollständigen Wertschöpfungsketten. Am Anfang der industriellen Wertschöpfungsketten stehen sehr oft die energieintensiven Industrien aus Branchen wie zum Beispiel Chemie, Baustoffe, Glas, Nichteisen-Metalle, Papier, Stahl und Raffinerien. Sie nehmen innerhalb des verarbeitenden Gewerbes eine Schlüsselposition ein und schaffen mit ihren Produkten eine maßgebliche Grundlage für erfolgreichen Klimaschutz. Zudem stellen sie mehr als 870.000 Arbeitsplätze in Deutschland.
Die Vorreiterrolle Deutschlands im Klimaschutz und beim Ausbau der erneuerbaren Energien aber wird falsch verstanden, wenn sie durch hohe Industriestrompreise zulasten unserer energieintensiven Industrien geht. In der Folge würden sich die energieintensiven Industrien aus Deutschland ins Ausland verlagern, die bislang intakten Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze wären in Gefahr. Das Industrieland Deutschland braucht deshalb die energieintensiven Industrien, um Wachstum und Arbeitsplätze zu sichern. Kurzum: Wir brauchen Energiekosten, die international wettbewerbsfähig sind.
Der Staat muss Rahmenbedingungen schaffen
Die deutsche Energieversorgung ist Bestandteil des entstehenden europäischen Energiebinnenmarktes, der für deutlich mehr Wettbewerb sorgen soll. Ein konsistentes deutsches Energiekonzept muss daher im Einklang mit europäischen Regelungen und Zielen stehen, die Energiepolitik darf nicht mit Doppelzielen und -regelungen überfrachtet werden. Entscheidend ist: Der Markt muss über die genaue Aufteilung des Energiemixes entscheiden, dem Staat kommt die wichtige Aufgabe zu, die Rahmenbedingungen des Energiemarktes zu gestalten.
Dazu gehört es, den Marktzugang neuer Anbieter zu sichern und zeitlich befristete Anschubförderungen für Technologien zur Verfügung zu stellen; und zwar nur für jene, die einen substanziellen Beitrag zum Energiemix leisten können. Die Politik muss zuverlässige und auf Langfristigkeit angelegte Rahmenbedingungen schaffen, denn die Energiewende verlangt hohe Investitionen vonseiten der Industrie.
Energieeffizienz weiter steigern
Ein integraler Faktor für die Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele ist die Energieeffizienz. Bereits heute setzt die deutsche Industrie in dieser Hinsicht international Maßstäbe. Das aktuell bereits überaus hohe Niveau weiter zu steigern, ist mit teilweise überproportional hohen Kosten verbunden, zudem stößt die Entwicklung auch physikalisch an ihre Grenzen. Daher müssen politische Ziele, die Energieeffizienz in Deutschland weiter zu steigern, realistisch gewählt werden. Das Energiekonzept muss dort ansetzen, wo die größtmöglichen Effizienzgewinne pro Euro zu erreichen sind, zum Beispiel bei der Energieeffizienz von Gebäuden.
Umbau der Förderpolitik
Bisher stand der Ausbau der Erzeugungskapazität erneuerbarer Energien im Fokus der Förderpolitik. Künftig müssen Netzausbau, Speichertechnologien und Energieforschung verstärkt in den Mittelpunkt rücken. Wir müssen unsere internationale Technologieführerschaft bei den erneuerbaren Energien und deren Einbindung in das Gesamtsystem der Stromversorgung erhalten und ausbauen.
Anreize schaffen für den Ausbau der Stromnetze
Damit mehr Strom aus erneuerbaren Energien in das Netz eingespeist werden kann, müssen diese massiv ausgebaut werden. Erneuerbare Energien sind hoch volatil und befinden sich oft weit entfernt von den Verbraucherzentren. Deutschland braucht daher eine andere Netzstruktur, um die bislang hohe Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten. Um Blockaden beim Netzausbau zu lösen, müssen Anreize für den Netzausbau gesetzt und Anreizregulierungen angepasst werden. Zudem ist es dringend erforderlich, die Netzmodernisierung zu beschleunigen. Ziel muss es sein, alle Komponenten des Energiesystems intelligent elektronisch miteinander zu vernetzen. Davon würde auch die Elektromobilität entscheidend profitieren.
Konsistenz im energie- und klimapolitischen Instrumentenmix herstellen
Emissionshandel, EEG-Umlage, KWK-Umlage, Stromsteuer, Energiesteuer – Deutschland hat in den letzten Jahre zahlreiche energie- und klimapolitische Instrumente eingeführt. Insgesamt führen sie zu sehr hohen Energiekosten für die Industrie und münden vor allem in extreme bürokratische Belastungen. Die Instrumente müssen besser aufeinander abgestimmt und in ihrer Zahl verringert werden. Auch die rechtliche Konstruktion muss novelliert werden, notwendige Entlastungen sind bislang häufig nur als Ausnahme von der Regel formuliert. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, sind diese Entlastungen jedoch dringend notwendig. Blieben sie aus, würde dies viele Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen. Die Unternehmen brauchen dauerhafte Rechtssicherheit.
BDI will Energiewende vorantreiben
Gemeinsam mit der Politik und allen gesellschaftlichen Akteuren setzt sich der Bundesverband der Deutschen Industrie für ein Gelingen der Energiewende und die Erreichung der Klimaziele ein. Mit einer Energiepolitik aus einem Guss, mit dem Know-how und der Innovationskraft der deutschen Industrie und der Bereitschaft und dem Engagement der deutschen Bürger wird es uns gelingen, die Energiewende voranzutreiben – und zu zeigen, dass Nachhaltigkeit und eine gesunde Industrie vereinbar sind.
Ansprechpartner
Dr. Carsten Rolle
Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik
BDI e.V.+493020281595
+493020282595
C.Rolle@bdi.eu
Grundsatzfragen der Energiepolitik, Rohstoffpolitik; Geschäftsführer Weltenergierat - Deutschland e. V.