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Alles neu bei den Netzentgelten?
Die Bundesnetzagentur stellt die bisherige Netzentgeltsystematik grundlegend infrage. Hintergrund ist die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV), die Ende 2028 ausläuft und europarechtlich an die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinien angepasst werden muss. Darüber hinaus sollen die Anforderungen, die sich aus der Energiewende an einen effizienten Netzbetrieb ergeben, besser in den Netzentgelten abgebildet werden. Hierfür wurde im Mai der AgNes-Prozess eröffnet (Rahmenfestlegung der Allgemeinen Netzentgeltsystematik Strom). Die BNetzA brachte in einem Diskussionspapier dabei die Themen Einspeisenetzentgelte, Neuordnung der Preiskomponenten, dynamische Netzentgelte, bundeseinheitliche Verteilnetzentgelte sowie Speicherentgelte zur Sprache.
Einspeisenetzentgelte
Gerade die Sichtweise auf Einspeisenetzentgelte führte zu lebhaften Diskussionen während der Konsultation des Papiers. Als zentrales Gegenargument kristallisierte sich die absehbare marktliche Kostenweitergabe dieser Entgelte heraus, womit die Netzkosten lediglich in den Strommarkt verlagert würden. Damit würden die Verbraucher weiterhin die energiewendebedingten Netzkosten zahlen, ohne dass garantiert ist, dass diese auch sinken. Für den BDI ist in dieser Hinsicht nicht die Netzentgeltpflicht von Einspeisern entscheidend, sondern deren systemdienliche Ansiedlung und Betriebsweise. Dieses Ziel erscheint mit anderen Mitteln aber besser erreichbar -etwa z.B. mit regional differenzierten Baukostenzuschüssen.
Entgelt-Komponenten
Die BNetzA bringt weiterhin bei den Preiskomponenten neben dem bisherigen Leistungs- und Arbeitspreis v.a. einen Kapazitätspreis ins Spiel. Dies wird in der Industrie bisher mit Blick auf Praktikabilität und Risiken unterschiedlich eingeschätzt. Unabhängig von der Entscheidung für einen Leistungs- oder Kapazitätspreis ist es aber zentral, dass systemdienliche Lastspitzen möglich sind, ohne damit in Kostenrisiken zu geraten. Es gilt also, eine Regelung zu finden, mit der die Abnehmer auf Preissignale aus Markt und Netz reagieren können.
Dynamische Netzentgelte
Auch die Dynamisierung der Netzentgelte wird im Diskussionspapier ausgiebig diskutiert. Im Konsultationsprozess wurde deren Anreizwirkung für ein flexibles Abnahmeverhalten zwar gesehen, aber auch betont, dass deren Sinnhaftigkeit von den Faktoren Digitalisierung, Planbarkeit und Verbrauchsverhalten abhängt. Zudem wurde auf die Freiwilligkeit als Grundprinzip für deren Nutzung verwiesen.
Industrielle Flexibilität
Insgesamt zieht sich die Steigerung von Flexibilität, sowohl bei der Einspeisung als auch beim Verbrauchsverhalten, als Grundmotiv durch die AgNes-Vorschläge. Dies entspricht der Grundausrichtung der BNetzA, die bereits im letzten Jahr bei den Eckpunkten zur Neujustierung der Individuellen Netzentgelte (§ 19.2 StromNEV) den Schwerpunkt auf ein flexibleres Abnahmeverhalten der Industrie legte. Bereits hier entstand der Eindruck, dass die Potenziale industrieller Flexibilität von der BNetzA über- und deren Kosten unterschätzt werden.
Absehbare Verknüpfung der Reformpakete
Dieser Prozess läuft bisher parallel zu AgNes, es mehren sich aber die Anzeichen, dass beide Prozesse miteinander verknüpft werden. Dies würde der breiten Forderung der Industrie nach einer zeitlichen und inhaltlichen Abstimmung der einzelnen Netzentgelt-Reformpakete und -bestimmungen (AgNes, Individuelle Netzentgelte, Vermiedene Netzentgelte, Singuläre Netzentgelte, §14a EnWG) entsprechen, was für die Planungssicherheit und Stimmigkeit des Gesamtkonzeptes essenziell ist.
Nach Ende der AgNes-Konsultationsphase am 30.6. plant die BNetzA nun bis zum Jahresende Experten-Workshops zu den aufgebrachten Themen, in die sich der BDI aktiv einbringen wird. Anschließend sollen die Reformideen im Jahr 2026 in einem Eckpunktepapier konkretisiert und bis zum Jahresende festgelegt werden.