Angekündigtes Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen muss Realität werden
„Die Bedeutung der Industrie und ihrer Innovationskraft steht an vielen und zentralen Stellen sehr deutlich und positiv im Vertrag. Darauf lässt sich aufbauen. Die Vorschläge für eine wettbewerbsfähige Innovationspolitik sind zukunftsgerichtet. Insgesamt benennt die neue Koalition richtige Aufgabenstellungen, liefert aber nur wenige konkrete Lösungsvorschläge. Der Koalitionsvertrag bietet viele vage Absichtserklärungen. Hier bleibt der Löwenanteil der Arbeit noch zu tun. Die Wirtschaft spricht sich ausdrücklich auch für eine Kultur der Verbindlichkeit der neuen Ampel-Koalition aus.
Den Anspruch für einen modernen Staat hat die Koalition zuoberst in ihren Vertrag aufgenommen. Es ist wichtig, dass sie die Umsetzung dieses Mammutprojekts mit großem Ehrgeiz vorantreibt. Die Ampel-Koalition will richtigerweise Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren. Das angekündigte Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen muss Realität werden. Ein Bürokratieentlastungsgesetz ist wichtig für unsere Unternehmen.
In der Energie- und Klimapolitik macht Hoffnung, dass die Koalition für wirksamen Carbon-Leakage-Schutz und wettbewerbsfähige Preise sorgen will. Gut ist, die EEG-Umlage bereits Anfang 2023 komplett in den Bundeshaushalt zu übernehmen. Notwendig und richtig sind die Betonung des Energieträgers Wasserstoff, die zentrale Rolle der Brückenenergie Erdgas und die Wahrung der Versorgungssicherheit durch neue Gaskraftwerke, die H2-tauglich sind.
Eine überzeugende Darlegung der Finanzierungsmaßnahmen fehlt. Viele Aufgaben bedeuten auch viele Ausgaben, die auf den Staat zukommen und bei denen es finanzpolitisch sehr viele Fragezeichen gibt. In der Steuerpolitik enthält der Koalitionsvertrag einzelne Maßnahmen, die das Steuersystem am Standort verbessern. Allerdings fehlt es an einem klaren Bekenntnis zu einer wettbewerbsfähigen Steuerbelastung der Unternehmen. Der Verzicht auf die überfällige Steuerreform ist enttäuschend. Bei den Unternehmensteuern reichen punktuelle und befristete Investitionsanreize sowie eine befristete Ausweitung der Verlustverrechnung bei Weitem nicht aus. Die Digitalisierung und Entbürokratisierung des Steuersystems sind zentrale Maßnahmen, die den steuerlichen Rahmen verbessern und die der BDI unterstützt.
Der Vertrag schlägt mit seinen Aussagen für regelbasierten Freihandel und gegen Protektionismus die richtige Richtung ein. Die Koalitionsparteien machen deutlich, dass die Handelspolitik neben der wirtschaftlichen auch die soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie die Durchsetzung von Menschenrechten im Blick haben sollte. Hier die richtige Balance zwischen Prinzipien und Pragmatismus zu finden wird eine der größeren Herausforderungen für die neue Bundesregierung, für die sie eine Neustrukturierung der außenwirtschaftspolitischen Kompetenzen braucht.“