BDI-Umfrage zu Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Bürokratischer Aufwand bringt viele Betriebe an den Rand der Verzweiflung

BDI-Präsident Siegfried Russwurm kommentiert die Ergebnisse einer BDI-Umfrage zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: „Die Ein-Jahres-Bilanz ist ernüchternd. Der enorme bürokratische Aufwand, den das Gesetz erzeugt, bringt viele Betriebe, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, an den Rand der Verzweiflung.“

„Die Ein-Jahres-Bilanz des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes ist ernüchternd. Der enorme bürokratische Aufwand, den das Gesetz erzeugt, bringt viele Betriebe, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, an den Rand der Verzweiflung. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs seit Januar 2024 auf Unternehmen ab 1000 Mitarbeitende erhöht das Konfliktpotential in den Lieferketten und die unverhältnismäßige bürokratische Belastung noch weiter.

Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung die Lieferkettenregulierung im Rahmen ihrer Bürokratieabbau-Maßnahmen bislang nicht berücksichtigt. Der BDI erwartet von der Bundesregierung eine zügige Entscheidung in der Diskussion um die Berichtspflicht. Dabei dürfen die Anforderungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in der Umsetzung nicht über das Gesetz hinausgehen. Doppelte Berichtspflichten sind auszuschließen. Entlasten würde vor allem eine Positivliste von Ländern, in denen die Erfüllung der Anforderungen staatlicherseits sichergestellt ist, sowie die Anerkennung von Brancheninitiativen.

Das Gesetz erschwert die Diversifizierungsbemühungen der deutschen Industrie. Ein Mehr an Resilienz wird so nicht erreicht. Die Politik sollte akzeptieren, dass die Einflussmöglichkeiten deutscher Unternehmen jenseits ihrer direkten Vertragspartner begrenzt sind. Wirksamer wäre ein strategischerer Einsatz der Entwicklungszusammenarbeit, um Standards in der Lieferkette deutscher Unternehmen zu erhöhen.

Aus Unternehmenssicht ist das LkSG kein Gütesiegel, das Gesetz vielmehr ein geopolitisches Eigentor. Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. Das deutsche LkSG und sein geplantes europäisches Pendant sollten deshalb nochmals grundsätzlich in Frage gestellt werden.“ 

Kernergebnisse der Umfrage: 

92 Prozent der Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen, geben an, dass der bürokratische Mehraufwand „sehr hoch“ oder „hoch“ sei. Auch 88 Prozent jener meist mittelständischen Unternehmen, die nur indirekt vom LkSG betroffen sind, sehen sich einer „sehr hohen“ oder „hohen“ Belastung gegenüber, weil ihre Kunden keine Alternative dazu haben, die Dokumentation von ihren Lieferanten einzufordern. Schon jetzt muss jedes zweite Unternehmen Leistungen externer Beratungsunternehmen oder Anwaltskanzleien in Anspruch nehmen.

Knapp jedes vierte direkt vom Gesetz betroffene Unternehmen reduziert die Anzahl seiner Zulieferer. 14 Prozent prüfen gar einen Rückzug aus risikoreichen Ländern. 

77 Prozent der Unternehmen geben an, dass das Gesetz ihre Attraktivität im Ausland reduziert. Der Vorwurf des Protektionismus von Partnerländern Deutschlands ist bereits Realität.