Brainlab: Mit softwarebasierter Medizintechnologie Krebs bekämpfen
Rund um den Globus ist Krebs eine der häufigsten schweren Erkrankungen – und endet oft tödlich. Lungenkrebs steht dabei weltweit an erster Stelle der Krebstodesursachen. Allein in Deutschland sterben jährlich rund 45.000 Menschen an dieser Krebsform, die häufig erst im fortgeschrittenen Stadium Symptome verursacht und entsprechend spät entdeckt wird. Kleine Tumore, deren Behandlung im Frühstadium die Überlebenschancen von Patientinnen und Patienten steigern würde, sind auf den gängigen 2D-Röntgenbildern nur schwer zu erkennen.
Auch die Behandlung der größeren Tumore ist komplex. Die Radiochirurgie – die hochpräzise, intensive kurzzeitige Bestrahlung von Tumoren – steht bei Lungenkrebs vor einer besonders großen Herausforderung: Durch den Atemreflex des Patienten ändert sich die Position des Tumors während der Behandlung fortlaufend. Um sicherzugehen, die Krebszellen vollständig abzutöten, umfasst die Bestrahlung daher auch einen Sicherheitsbereich um den sich bewegenden Tumor herum. Der Nachteil: Die intensiven Strahlen zerstören so auch umliegendes gesundes Lungengewebe. Hier setzt Brainlab an.
Technologieführer aus München
Seit der Gründung 1989 verfolgt CEO und Vorstandsvorsitzender Stefan Vilsmeier mit seinem Unternehmen das Ziel, den Einsatz medizinischer Bildgebung im Operationssaal zu verbessern. Mittlerweile entwickeln und produzieren rund 2.000 Mitarbeitende weltweit softwaregestützte Medizintechnologie mit Fokus auf Chirurgie und Präzisionsstrahlentherapie bei Krebspatienten. ExacTrac Dynamic ist eine dieser hochmodernen Technologien. „Der Entwicklungsprozess hat bereits in den 90er Jahren begonnen und war mit massivem Einsatz unserer Ressourcen verbunden“, sagt Vilsmeier. Die komplexe Technologiekombiniert thermische Informationen mit Oberflächen- und Röntgenbildern, die die Patientenposition während der Strahlenbehandlung exakt erfassen und Veränderungen in Echtzeit ausgleichen. Die Strahlenführung erfolgt submillimetergenau und zerstört dadurch viel weniger des umliegenden gesunden Gewebes. Zudem kann sie auch Tumore mit einem Durchmesser weniger als einem Zentimeter erfassen.
Präzises Tumor-Tracking in Echtzeit
„Für uns war von Anfang an der breite Zugang entscheidend. Softwaregestützte Lösungen ermöglichen genau das. Deshalb gehen wir jede Herausforderung aus der Softwareperspektive an und bauen die Hardware drum herum“, sagt Vilsmeier. Das hochpräzise System von Brainlab kombiniert eine spezielle Tracking-Kamera mit Wärmesensor, zwei Röntgensysteme und einen Steuercomputer samt Spezialsoftware, um sowohl die genaue Lage des Patienten während der Bestrahlung als auch seine innere Anatomie bestimmen zu können.
Grundlage der Behandlung bildet eine 4D-Computertomographie der Lunge, die die Atembewegungen räumlich und zeitlich erfasst. So entsteht eine Art 4D-Landkarte des Organs als Korrelationsmodell. Während der Bestrahlung verfolgt ein intelligenter Algorithmus die Bewegung des Tumors mit jedem Atemzug in Echtzeit und berechnet die erforderliche Strahlenführung exakt. Sobald der Tumor die berechnete Position erreicht, startet die Bestrahlung automatisch; liegt er durch die Atmung außerhalb des Bereichs, pausiert die Bestrahlung sofort. Umliegendes Gewebe wird so bestmöglich geschont.
Enge Kooperation aus Forschung und klinischer Praxis
Bei der Entwicklung des innovativen Systems arbeitet Brainlab eng mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zusammen. Cordula Petersen, Professorin und Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am UKE, hat die neue Technologie als eine der ersten im Klinikalltag eingesetzt: „Das Potenzial der Technologie ist enorm: Zahlreiche Krebspatientinnen und -patienten könnten in Zukunft schneller und mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden als bei herkömmlichen Strahlenbehandlungen, die möglicherweise die Lunge schädigen – dies kann dabei helfen eine bessere Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu ermöglichen.“ Die Erkenntnisse der Medizinerin aus dem Klinikalltag fließen fortlaufend in die Weiterentwicklung der Technologie ein. Eine zukunftsweisende Kooperation: Gemeinsam mit der Krebsexpertin waren Stefan Vilsmeier und Claus Promberger, Entwicklungsleiter für den Bereich Strahlentherapie bei Brainlab, für den Deutschen Zukunftspreis 2022 nominiert.
Auch in der Praxis ist ExacTrac Dynamic angekommen: Seit Sommer 2020 ist die Technologie in den USA und Europa zugelassen. Bereits rund 1.000 Krebszentren weltweit haben die erste Generation installiert und setzen sie insbesondere zur Behandlung von Hirntumoren sowie Krebszellen in Wirbelsäule, Brust und Prostata ein. Mit der Weiterentwicklung fokussiert sich das Team jetzt auf die präzise Bestrahlung weiterer Tumore, darunter auch die kleinen, sich bewegenden Lungentumore. Und auch den größeren Rahmen behält Brainlab im Auge: „Wir machen uns stark für ein übergreifendes ‘Betriebssystem der Chirurgie’ mit offenen Schnittstellen und standardisierten Formaten“, sagt Vilsmeier. Damit möglichst viele Patientinnen und Patienten von den zukunftsweisenden Technologien profitieren, macht Brainlab sowohl die technologische Basis als auch die Daten nutzbar für andere Unternehmen. Denn eins steht für den CEO fest: „Die Zukunft der Medizin und der Onkologie wird datengetrieben sein.“
Statement Brainlab
„Brainlab entwickelt softwaregestützte Medizintechnologie zur Digitalisierung, Automatisierung und Optimierung klinischer Workflows. Wir engagieren uns aktiv als Mitglied in der Initiative „Gesundheit digital“, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen. Mit unserem Einsatz wollen wir dazu beitragen, dass die digitale Transformation im Gesundheitswesen für Patienten, Ärzte und medizinisches Personal gleichermaßen von Vorteil ist und die Gesundheitsbranche in eine zukunftsweisende Ära führt.“
Stefan Vilsmeier, CEO Brainlab