Bundestag bei Energieeffizienzgesetz beschlussunfähig
Es geht wohl nur um eine rund zweimonatige Verzögerung, inhaltlich wird das Effizienzgesetz nicht nochmal aufgemacht. Doch beschlossen ist das Gesetz noch nicht. Auf Antrag der AfD wurde am 7. Juli 2023 die Abstimmung per Hammelsprung vorgenommen und dabei festgestellt, dass deutlich weniger als die Hälfte der Abgeordneten noch im Bundestag waren. Damit war der Bundestag laut Geschäftsordnung beschlussunfähig. Geplante Abstimmungen mussten abgesagt werden. Doch nun zum Inhaltlichen, wie wird das Gesetz aussehen, sobald es da ist?
Rückblende Oktober 2022: Im ersten Referentenentwurf zum EnEfG hatte das Wirtschaftsministerium die Unternehmen noch rechtlich dazu verpflichten wollen, „wirtschaftliche“ Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen innerhalb von zwei Jahren umzusetzen. Ansonsten sollte ein Bußgeld drohen. Ein solcher „Efficiency Only“-Ansatz wäre aber für die Wirtschaft untragbar gewesen, wie auch der BDI in Gesprächen mit Abgeordneten und dem Ministerium eindringlich erläutert hat. Mit Erfolg: Das Kabinett hat diese Investitionspflicht gestrichen. Offen blieb aber, ob das deutsche Gesetz mehr verlangen sollte als die EU-Effizienzrichtlinie („Gold Plating“) oder ob es – wie in der BDI-Stellungnahme vorgeschlagen – die Bürokratie deutlich verringern und nur eine Eins-zu-eins-Umsetzung des EU-Rechts vornehmen sollte.
Abgespeckt: „Gold Plating“ bleibt, doch wird deutlich verringert
Strengere Vorgaben als von der EU gefordert sind vielfach geblieben. So müssen Unternehmen nun ab einem Gesamtendenergieverbrauch von 7,5 Gigawattstunden ein Energiemanagementsystem einführen. Die EU-Effizienzrichtlinie fordert dies erst ab 23 Gigawattstunden. Und auch gesetzliche Zusatzpflichten zum Energiemanagementsystem bleiben, ohne dass die EU-Effizienzrichtlinie dies verlangt.
Sehr erfreulich ist jedoch, dass der Bundestag die Datenerhebungs- und Veröffentlichungspflichten der Unternehmen deutlich reduziert und auch die Effizienzziele stark entschlackt hat: Für die Zeit 2030 gibt es nun keine absoluten Verbrauchssenkungsziele mehr und auch die Primärenergieziele entfallen ab 2030. Es bleibt das allgemeine Ziel, den Endenergieverbrauch von 2008 bis 2045 um 45 Prozent zu senken.
Klargestellt: Auch künftig keine Verbrauchsbegrenzungen für Unternehmen
Die auch vom BDI geäußerte Sorge, dass ein rigides Effizienzgesetz künftiges Wachstum der Unternehmen abwürgen könnte, hat der Bundestag ernst genommen. Es ist jetzt beschlossen, dass das Gesetz keine Begrenzung des individuellen Verbrauchs von Unternehmen oder privaten Haushalten einführt. Bei der Pflicht zur Abwärmenutzung geht das Gesetz nun ausführlicher darauf ein, dass dies nur im Rahmen der Zumutbarkeit erfolgen muss und dass dabei „technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange zu berücksichtigen sind.“
Erleichtert: Regulierung für Rechenzentren deutlich durchlüftet
Insbesondere gegen die rigiden Vorschriften für Rechenzentren im Entwurf des Effizienzgesetzes war scharfe Kritik erhoben worden. Man befürchtete, dass sich Deutschland mit solchen Regelungen aus dem internationalen Markt kegeln würde. Auch diese Sorge hat der Bundestag ernst genommen und eine ganze Reihe von Änderungen hinsichtlich der Rechenzentren vorgenommen:
- Kriterium der Fünf-Kilometer-Entfernung zum nächsten Wärmenetz entfällt; damit erleichterte, freie Standortwahl statt Begrenzung auf wenige Standorte im Land
- Streichung der detaillierten Regelungen über Eintrittstemperaturen
- Streichung der digitalen Plattform für das Energieeffizienzregister.
Die Praxis wird zeigen, wie sich das nun verabschiedete Energieeffizienzgesetz bewährt, zu welchem Mehraufwand es führt und ob sich die alljährlich neu einzusparenden 45 Terawattstunden Endenergie damit erreichen lassen. Schon jetzt lässt sich vermuten: Wie die Energieeffizienz so wird auch die Regulierung der Energieeffizienz weiter in Bewegung bleiben.