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CO2-Grenzausgleichsmechanismus

Nach dem holprigen Start des CO2-Grenzausgleichmechanismus (CBAM) Anfang Oktober 2023 positionieren sich BDI und DIHK nun gemeinsam: die Wirtschaft ist durch die übereilte und schlecht vorbereitete CBAM-Einführung sehr verunsichert. Mit dem CBAM wird zwar versucht, das Carbon-Leakage-Risiko für EU-Unternehmen zu mindern, der Mechanismus führt aber zu unklaren und unverhältnismäßigen Meldepflichten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft wird belastet und komplexe Lieferketten werden unter Druck gesetzt.

Der „Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CBAM) ist ein Teil des europäischen „Fit for 55“-Pakets und verpflichtet europäische Unternehmen bestimmter Sektoren, die emissionsintensive Waren aus Drittstaaten in die EU importieren, CBAM-Emissionszertifikate zu erwerben. Die Grundidee ist, dass die Differenz zwischen dem im Herkunftsland gezahlten CO2-Preis und dem höheren Preis der Berechtigungen im EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) ausgeglichen werden soll, dass also der gleiche CO2-Preis für importierte und in der EU hergestellte Produkte gilt. Denn wegen des EU-ETS hat sich die Produktion von emissionsintensiven Gütern in Deutschland und der EU verteuert. Unterliegen nun auch industrielle Grundstoffe und Waren aus anderen Staaten einem CO2-Preis, wenn sie in die EU eingeführt werden, sollte das vor Wettbewerbsnachteilen und dem sogenannten Carbon Leakage schützen. Zeitgleich wird für die betroffenen Unternehmen daher die freie Zuteilung im EU-ETS schrittweise verringert und bis 2034 ganz abgeschafft. Allerdings gibt es noch keinerlei Erfahrungen mit dem neuen Mechanismus – deshalb kann a priori auch nicht davon ausgegangen werden, dass er wirklich das Carbon Leakage-Risiko deutlich vermindert, so wie es nachweislich bislang durch die freie Zuteilung gelungen ist. Vor der Einführung des Instruments am 1. Januar 2026 soll es in einer Übergangsphase erprobt werden. Dieser Übergang hat Anfang Oktober 2023 mit der Einführung umfangreicher Berichtspflichten begonnen.

Im EU-ETS wird das Cap (die Gesamtmenge an Emissionsberechtigungen) weiter deutlich absinken, dadurch verringert sich auch die für die freie Zuteilung zur Verfügung stehende Menge an ETS-Zertifikaten. Es ist also grundsätzlich sinnvoll, nach Alternativen zur freien Zuteilung Ausschau zu halten. Der CBAM gilt zunächst für Strom, Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel und Wasserstoff, um die betroffenen Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU schrittweise an die Berichtspflichten und Methoden zur Ermittlung von „eingebetteten“ Emissionen (den sogenannten grauen Emissionen) nach den Vorgaben des EU-ETS heranzuführen und um die für die „scharfe“ Phase notwendigen Daten zu erheben.

Grenzausgleichsmaßnahmen müssen WTO-kompatibel sein 

Die EU hat sich vorgenommen, die Dekarbonisierung weltweit voranzutreiben. Sie argumentiert deshalb auch nach wie vor, der CO2-Preis für Importe schaffe finanzielle Anreize für Unternehmen in Drittstaaten, das Klima zu schützen. Es liegt auf der Hand, dass das Vorgehen der EU stellenweise als Bevormundung abgelehnt und der CBAM als fragwürdig bezeichnet wird, was seine WTO-Kompatibilität angeht. Die Erfahrungen deutscher Unternehmen mit der schlecht vorbereiteten Einführung des CBAM in Drittstaaten zeigen, dass in einigen Fällen der EU-CBAM von Drittstaaten und Lieferanten aus diesen als unerwünschte Einmischung in Nicht-EU-Angelegenheiten betrachtet und daher abgelehnt wird.

Die Probleme und Schwierigkeiten der Betroffenen bei der CBAM-Berichtserstellung und -abgabe waren so groß, dass sich der BDI und DIHK entschlossen haben, in einer umfangreichen Stellungnahme rasch Abhilfe von den politischen Akteuren zu fordern, wenigstens bei den wichtigsten Punkten. So banale Dinge wie die Abtrennung von Tausendern und Zehntausendern durch Komma oder Punkt dürfen bei der Eingabe der Werte im CBAM-Portal nicht mehr zu irreparablen Fehlermeldungen führen, um nur ein Beispiel für die von der EU-Kommission zur Verfügung gestellte unausgegorene Software zu nennen.

Nachbesserungen des CBAM dringend notwendig

In der Wirtschaft sind die Verunsicherung und der Beratungsbedarf angesichts der übereilten CBAM-Einführung extrem hoch. Angesichts der Rechtsunsicherheit gerade bei hochkomplexen Berechnungs- und Nachweismethoden sind daher dringend Nachbesserungen nötig, etwa in Form einer höheren Bagatellgrenze und der längeren Verwendbarkeit von Standardwerten. Auch sollte die EU-Kommission rasch ihren Informationsoutreach verstärken und ein CBAM-Self Assessment Tool erstellen, um insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen zu unterstützen. Eine „light“-Version des CBAM erscheint dringend nötig, um Mittelstand und Familienunternehmen bei der Umsetzung der CBAM-Vorgaben nicht zu überfordern. Ausführlicher werden diese Punkte im neuen Positionspapier von BDI und DIHK erläutert.

Für die deutsche Wirtschaft ist es in Zeiten der Energiekrise wichtiger denn je, internationale Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Insbesondere für energieintensive Branchen ist ein möglichst weltweites Level Playing Field nötig. Der CBAM muss so korrigiert werden, dass Exporte von EU-Herstellern entlang der Wertschöpfungskette nicht benachteiligt werden. Weiter gilt es zwingend, Störungen komplexer Lieferketten zu vermeiden. Der vermehrte Import von verarbeiteten Waren, die nicht CBAM-relevant sind, oder das Verlagern der Produktion ins Nicht-EU-Ausland wären genau das Gegenteil dessen, was mit dem CBAM erreicht werden soll. Im nächsten Jahr muss der CBAM gemäß Verordnung überprüft werden. Dies sollte gemeinsam mit der Wirtschaft geschehen, in einem engen Dialog zu strategischen Fragen wie Sicherstellung eines ausreichenden Carbon Leakage-Schutzes, CBAM-Ausweitung und CBAM-Auswirkungen auf Wertschöpfungsketten und Exporte. Schließlich sollte sich die EU zwingend und prioritär um mehr internationale Konvergenz im Klimaschutz bemühen. Neue Handelskonflikte müssen vermieden werden.