Critical Raw Materials Act: Erfolg entscheidet sich an konkreter Umsetzung
Dass Rohstoffe im Kontext geopolitischer Konflikte als Waffe eingesetzt werden können, wurde zuletzt im August und Oktober 2023 deutlich. Mit Begründung des Schutzes der nationalen Sicherheit hat China Exportkontrollen für die kritischen Rohstoffe Gallium und Germanium sowie zuletzt Graphit beschlossen. Exporteure müssen Lizenzen beantragen und detaillierte Angaben zu den ausländischen Käufern sowie deren Verwendungsplänen machen. Bei allen drei Rohstoffen sind Deutschland und Europa überproportional abhängig von China, was das Risiko von Engpässen und Preissteigerungen für die Industrie erhöht.
Einigung zum CRM Act sendet wichtiges Signal für mehr Versorgungssicherheit
Dass sich die Unterhändler von Rat und Parlament im Trilog so schnell auf den Critical Raw Materials Act einigen konnten, ist ein Erfolg. Er sendet das Signal, dass es den europäischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern ernst ist mit der Versorgungssicherheit bei strategischen Rohstoffen. Zum Auf- und Ausbau europäischer Produktionskapazitäten sieht die Einigung folgende Ziele vor: Bis 2030 sollen mindestens zehn Prozent des Jahresverbrauchs an strategischen Rohstoffen durch heimischen Bergbau abgedeckt werden. Mindestens 40 Prozent des jährlichen Verbrauchs soll die heimische Verarbeitung sicherstellen. Die Ziele zum Recycling wurden erhöht und sollen mindestens 25 Prozent des jährlichen Verbrauchs ausmachen. Zudem sollen nicht mehr als 65 Prozent des Jahresverbrauchs an jedem strategischen Rohstoff auf jeder relevanten Verarbeitungsstufe nur aus einem einzigen Drittland stammen. Auf die Liste der strategischen Rohstoffe zusätzlich aufgenommen wurde Aluminium sowie synthetischer Graphit.
Beschleunigte Genehmigungsverfahren nur ein Baustein für strategische Projekte
Der Erfolg des CRM Acts entscheidet sich an seiner konkreten Umsetzung, d.h. wenn die so genannten „Strategischen Projekte“ starten und tatsächlich Ergebnisse liefern. Die Festlegung auf kürzere Genehmigungsverfahren (27 Monate statt üblicherweise 10-15 Jahre für Bergbau, 15 Monate für Weiterverarbeitung und Recycling) ist ein Fortschritt. Eine Hürde ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Hier ist die Unterstützung der Bundes- und Landesregierungen entscheidend, um gezielt für Projekte entlang der gesamten Rohstoffwertschöpfungskette zu werben. Dafür braucht es in Deutschland eine enge Verzahnung mit dem Prozess zur Novelle des Bundesberggesetzes sowie eine bessere personelle Ausstattung der Behörden.
Richtige Rahmenbedingungen und wichtige Instrumente zur Umsetzung fehlen
Europa muss im geopolitischen Wettlauf nach kritischen strategischen Rohstoffen mithalten und Tempo machen, doch eine dringend notwendige Finanzierungsoffensive fehlt dem CRM Act. Der Verweis auf andere EU-Programme sowie die Mitgliedstaaten ist zu wenig. Eine rasche, unbürokratische und schlagkräftige Bündelung existierender Finanzinstrumente ist notwendig. Die Bundesregierung sollte sich u. a. für ein explizites Mandat der Europäischen Investitionsbank für strategische Rohstoffe einsetzen. Der CRM Act kann zudem nur gelingen, wenn Zielkonflikte aufgelöst, Standortfragen geklärt und faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Regulierungen im Bereich Lieferkettensorgfaltspflichten, Chemikalienrecht und Taxonomie sowie das Fehlen wettbewerbsfähiger Energiepreise und ausreichenden Stroms bedrohen die energieintensive Bergwerks-, Weiterverarbeitungs- und Recyclingproduktion.
Am 7. Dezember 2023 wird voraussichtlich der Kompromisstext im Industrieausschuss des Parlaments verabschiedet, gefolgt von der Plenumsabstimmung in der darauffolgenden Woche. Wenn der Rat den Text ebenfalls verabschiedet, kann der CRM Act nächstes Jahr in Kraft treten.