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Deutschland muss zum Gestalter des globalen Wandels werden

Das Jahr 2024 präsentiert sich erneut als ein Jahr voller Herausforderungen: der Aufstieg revisionistischer Mächte, der andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, Attacken auf die Lebensadern des globalen Handels – sei es im Cyberspace oder in physischer Form – sowie wachsende politische und gesellschaftliche Spannungen sowohl in Deutschland als auch der Welt.

Es gibt nach wie vor viele, die glauben oder hoffen, dass sich die "Polykrisen" irgendwie von selbst auflösen und ein Zurück zum „Business as Usual“ möglich ist. Doch für Politik und Unternehmen ist es unerlässlich sich auf Spannungen und Konflikte als neue Normalität einzustellen. Sicherheits- und geopolitische Fragen müssen weitaus stärker als bisher in strategische Entscheidungen einfließen. Während die liberale Weltordnung zunehmend ins Wanken gerät, muss sich Deutschland den neuen Realitäten anpassen und zum Gestalter des Wandels werden.

Neue Kooperationsformen zwischen Bundeswehr, Industrie, Forschung und Start-ups erforderlich

Die Zeitenwende hat zur Folge, dass wir als freiheitliche Demokratie wehrhafter werden müssen. Denn nur dann können wir sowohl die liberale Wirtschaftsordnung in Europa verteidigen als auch internationale Lieferketten absichern. Eine wettbewerbsfähige Verteidigungsindustrie spielt hier eine zentrale Rolle.

Investitionen sind unerlässlich, insbesondere ist die Erfüllung des Zwei-Prozent Ziels der NATO ein Muss. Ebenso ist der Aufbau verlässlicher Produktionskapazitäten ein Muss. Die Politik ist in der Pflicht, den Unternehmen durch langfristige Aufträge Planungssicherheit zu geben und das Know-how am Standort Deutschland zu stärken. Zum anderen gilt es, den Beitrag technologischer Innovationen zu mehr Wehrhaftigkeit auszubauen. Hierbei sind Flexibilität, Kreativität und Schnelligkeit das A und O – es ist nicht immer nur eine Frage des Geldes.

Früher war das Militär der Treiber von Innovationen. Heute ist es umgekehrt. Doch in Deutschland fehlt der entscheidende Link zwischen innovativen Köpfen der Industrie und der Truppe. Nach Jahren der Friedensdividende haben wir es buchstäblich verlernt, die Innovationskraft unserer Unternehmen für unsere Verteidigung zu nutzen.

Zunächst ist es von entscheidender Bedeutung, die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr, der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, dem dynamischen Start-up-Ökosystem und den Hochschulen zu intensivieren. Die Überwindung der Trennung von militärischer und ziviler Forschung ist dringend notwendig. Sie schafft Synergien für beide Bereiche.

Zweitens müssen wir die Innovationskraft junger Unternehmen und von Start-ups besser nutzen. Indem wir Strukturen anpassen, sowie Beschaffungsprozesse schneller und flexibler gestalten, geben wir diesen Unternehmen eine Chance und nutzen ihre Potenziale. Die Bundeswehr muss sich dabei an die Agilität der Unternehmen anpassen, nicht umgekehrt!

Und drittens ist eine gemeinsame, verstärkte Investition in Zukunftstechnologien erforderlich. Nur Lücken und Missstände der letzten 30 Jahre zu beheben, ist schlicht zu wenig. Klassische Verteidigungstechnik ist die notwendige Basis. Wir müssen uns aber auf Szenarien vorbereiten, in denen diese Basis nicht ausreicht. Ob weltraumgestützte Aufklärung und Kommunikation, Drohnen, elektronische Kampfführung oder vernetzte Operationsführung mittels Software Defined Defence, die Durchsetzungsfähigkeit wird maßgeblich von der Fähigkeitsentwicklung unserer Streitkräfte abhängen.