Delegationsreise Ukraine © BMWK/Butzmann

Delegationsreise Ukraine © BMWK/Butzmann

Die beste langfristige Hilfe für die Ukraine sind Investitionen

BDI-Präsident Siegfried Russwurm leitete die siebenköpfige Wirtschaftsdelegation, welche im April mit Vizekanzler Robert Habeck in die ukrainische Hauptstadt Kiew reiste. Außerdem beteiligt waren die Deutsche Industrie- und Handelskammer, der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, Vertreter deutscher Investoren in der Ukraine sowie Banken und Energieunternehmen. Siegfried Russwurm fasst seine Eindrücke von der Reise zusammen.

„Trotz des von Russland begonnenen Krieges entwickelt sich die Ukraine wieder zu einem interessanten Standort für deutsche Investitionen. Entscheidend dafür ist der unbedingte Wille in der Bevölkerung, das Land wieder aufzubauen, und die Entschlossenheit einer neuen Generation von Politikern, notwendige Reformen anzupacken. Mit diesen positiven Eindrücken kehrte die erste deutsche Wirtschaftsdelegation seit Kriegsausbruch am Morgen des 5. April aus der Ukraine zurück.

Die Delegation reiste in der Nacht des 2. Aprils mit einem Sonderzug in die ukrainische Hauptstadt und traf dort in den frühen Morgenstunden ein. Es folgten zwei Tage intensivster Gespräche mit führenden ukrainischen Politikern und Unternehmen sowie Werksbesuche und Besichtigungen. Dabei konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Delegation davon überzeugen, dass ‚Early Recovery‘ in der Ukraine nicht nur ein politisches Schlagwort, sondern bereits Realität ist.

Trotz eines Einbruchs der ukrainischen Wirtschaft um 30 Prozent im Kriegsjahr 2022 sind alle deutschen Unternehmen in der Ukraine geblieben und setzen ihre Geschäfte auch erfolgreich in den vom Krieg nicht betroffenen Gebieten fort. Sie sind damit wichtige Wirtschaftsstützen in einem Land, das unter einer Arbeitslosigkeit von etwa 25 Prozent leidet. Viele durch den Krieg vertriebene Ukrainerinnen und Ukrainer suchen an ihren Unterkunftsorten dringend nach einer Beschäftigung – Menschen, die sich für den Wiederaufbau engagieren werden. In Kiew stellten die deutschen Unternehmen Bayer und Fixit, die der Delegation angehörten, ihre Investitionsprojekte vor und unterstrichen damit die Bereitschaft der deutschen Wirtschaft, beim Wiederaufbau des Landes Verantwortung zu übernehmen.

Sehr zu begrüßen ist, dass eine Reihe deutscher Unternehmen als Neueinsteiger derzeit weitere Investitionen und Geschäftschancen in den Bereichen erneuerbare Energien, innovative Agrarwirtschaft, Digitalwirtschaft, Logistik, Baustoffindustrie und Zulieferer prüfen. Auch die ukrainische Verteidigungsindustrie könnte in Zukunft ein Anknüpfungspunkt für Kooperationen mit deutschen Unternehmen werden. Die Bundesregierung unterstützt diesen Prozess weiterhin aktiv mit Investitionsgarantien und Hermes-Deckungen, die trotz des militärischen Konflikts für deutsche Unternehmen nutzbar sind. Fixit nutzt für sein Vorhaben im Baustoffsektor bereits Investitionsschutzgarantien des Bundes.

Besonders beeindruckte die Wirtschaftsdelegation die Entschlossenheit der ukrainischen Regierungsvertreter, die Rahmenbedingungen in der Ukraine nachhaltig verbessern und dabei auch Themen wie Korruptionsbekämpfung und Transparenz aktiv angehen zu wollen. Insgesamt findet man eine neue Generation von ukrainischen Politikern vor, deren Enthusiasmus im Einsatz für ihr Land buchstäblich mit Händen zu greifen ist. Die EU-Perspektive, die die Ukraine seit Sommer 2022 besitzt, gibt dieser neuen Generation zusätzlichen Rückenwind für ihre Reformvorhaben und Anlass zu Optimismus.

Nach zwei intensiven Tagen in der Ukraine kehrten die Delegationsteilnehmer insgesamt sehr beeindruckt zurück. Einerseits ist die Realität des Krieges allgegenwärtig – die Schutzwälle aus Sandsäcken genauso wie die neu gebauten Luftschutzräume oder die Schutzwesten der Teilnehmer während der Reise. Andererseits geht das Leben in Kiew und den meisten anderen Landesteilen seinen geregelten Gang: Menschen sitzen in Cafés und Restaurants, die Versorgung mit Strom funktioniert, als sei Normalität. Die Zeit der akuten Nothilfe scheint sich zumindest außerhalb des direkten Kampfgebiets dem Ende zuzuneigen; die beste langfristige Hilfe für die Ukraine sind Investitionen.“