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Die Bundesregierung darf der EU-Lieferkettenrichtlinie nicht zustimmen

Der Abstimmungsprozess um eine EU-Lieferkettenrichtlinie steht möglicherweise kurz vor seinem Abschluss. Die geplanten Vorschriften sind zu unklar, zu bürokratisch und nachteilig für die Wirtschaft. Europäische Unternehmen könnten künftig nicht nur die Wertschöpfung in der Lieferkette, sondern auch in der Absatzkette überblicken und für Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltstandards haften müssen. Das gefährdet ihre globale Wettbewerbsfähigkeit.

Die Europäische Union will nachhaltiges und verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln fördern. Grundlage ist der Vorschlag der EU-Kommission (KOM) von Februar 2022 für eine „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit - 2019/1937“, kurz Lieferkettenrichtlinie. Unternehmen sollen mit der Richtlinie verpflichtet werden, Menschenrechte und Umweltstandards in allen WErtschöpfungsketten stärker zu berücksichtigen und für Abhilfe sorgen – innerhalb und außerhalb der EU.

Einigung der Trilogparteien

Seit Juni 2023 berieten die beiden europäischen Gesetzgeber Rat und Parlament intensiv und unter starkem politischem Druck über ihre Position zum Kommissionsvorschlag. Mitte Dezember konnten sie sich trotz starker Kritik aus der Wirtschaft vorläufig einigen. Noch gibt es viele offene Themen, ein finaler Text liegt noch nicht vor. Doch klar ist schon jetzt: Im Unterschied zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind im europäischen Gesetz die Vorgaben in zentralen Punkten noch deutlich weiter gefasst. Der Kompromiss ist insgesamt zu unklar, zu bürokratisch und nachteilig für die Wirtschaft.

BDI hält an seiner Kritik fest

Der BDI hatte mehrfach, auch zusammen mit den europäischen Schwesterverbänden aus Frankreich und Italien, an die Bundesregierung appelliert, sich für die Belange der deutschen Wirtschaft einzusetzen. Auch nach dem Trilog hält der BDI an seiner Kritik fest. Der politische Kompromiss im Trilog-Verfahren bedroht Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Diversifizierung der europäischen Wirtschaft. Unternehmen könnten sich wegen rechtsunsicherer Bestimmungen und dadurch drohender Sanktions- und Haftungsrisiken aus wichtigen Drittländern zurückziehen. Ein Rückzug europäischer Unternehmen stärkt Menschenrechte und Umwelt sicher nicht – im Gegenteil. t. An vielen Stellen herrscht Rechtsunsicherheit, etwa bei Haftungsfragen, der Definition der Liefer- bzw. Wertschöpfungsketten oder den Umwelt- und Menschenrechtsstandards. Schon die Umsetzung des deutschen Lieferkettengesetzes zeigt negative und unbeabsichtigte Auswirkungen und hohe bürokratische Belastungen. Unsere Partnerländer empfinden die Lieferkettenregelungen als protektionistisch. Das kann im globalen Wettbewerb nicht im Interesse Europas sein.

Beide, Wirtschaft und Politik wollen Menschenrechte und Umweltschutz stärken. Das ist eine riesige Aufgabe. Falsch wäre es aber, Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen und die Verantwortung für die Einhaltung des Rechts allein auf sie abzuwälzen. Unternehmen setzen sich schon heute mit ganzer Kraft für nachhaltige Lieferketten ein.

Gründlichkeit vor Schnelligkeit

Die Lieferkettenregulierung ist zu komplex und zu wichtig, als dass sie übereilt getroffen werden sollte. Auch dann nicht, wenn die Verhandlungspartner wegen der bald endenden Legislaturperiode unter zeitlichem Druck sind. Es muss nun gelten: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Der BDI fordert Parlament und Rat weiterhin dazu auf, die EU-Lieferkettenrichtlinie abzulehnen.