Welthandel © unsplash/chuttersnap

Die neue EU-Handelsstrategie: Grün und durchsetzungsstark?

Mitte Februar 2021 hat EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis die neue Handelsstrategie der Europäischen Kommission vorgestellt, die den Umwelt- und Klimaschutz sowie die Durchsetzung eigener Interessen stärker in den Fokus stellt. Der BDI warnt vor einer Überfrachtung der Handelsagenda mit zu hohen Erwartungen und der Schaffung zusätzlicher Handelsbarrieren.

Die neue Handelsstrategie der EU soll nach Vorstellungen von Kommissions-Vizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis vor allem für eine offene, nachhaltige und durchsetzungsfähige Außenwirtschaftspolitik der EU sorgen.

Mithilfe der Fokussierung auf sechs Schwerpunkte – zu denen u.a. eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) gehört – gilt es laut Kommission, die Erholung der europäischen Wirtschaft nach der Pandemie sowie die digitale und grüne Transformation zu unterstützen. Zusätzlich soll die Schaffung von fairen und nachhaltigen globalen Regeln für den Welthandel vorangetrieben werden. Dabei will die EU ihre Möglichkeiten ausbauen, Interessen und Rechte international durchzusetzen – notfalls auch durch autonomes Handeln und neue, eigene Instrumente (z. B. gegen marktverzerrende Subventionen oder Zwangsmaßnahmen von Drittstaaten).

„Die EU muss bei der Umsetzung der Handelsstrategie mit Augenmaß vorgehen und darf sich bei Anforderungen in Handelsabkommen und Sorgfaltspflichten für die europäische Wirtschaft nicht übernehmen. Verantwortung zu tragen und Europa im internationalen Standortwettbewerb zu stärken, sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille”, betont Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Geschäftsführung.

Chancen und Risiken

Der BDI unterstützt die Ziele der Europäischen Kommission, die Rolle der EU in der Welt zu stärken und noch nachdrücklicher auf zeitgemäße und nachhaltige Wettbewerbsbedingungen hinzuwirken. Dennoch sieht der BDI die Gefahr, dass die vorgestellte Strategie – auch aufgrund selbst gestellter politischer Erwartungen der Kommission – überladen ist und somit scheitern könnte. Gerade im Bereich der nachhaltigen Entwicklung sollte auf gemeinsame Abkommen mit den Handelspartnern und nicht auf Protektionismus und die Androhung und Schaffung zusätzlicher Handelsbarrieren gesetzt werden. In Klimaschutz und Nachhaltigkeit sieht der BDI auch große Chancen für die eigenen Unternehmen auf den Weltmärkten.

Die Beziehungen zu den wirtschaftlichen und politischen Machtzentren USA und China sind für die deutsche Industrie von besonderer Bedeutung. Hier kommt es darauf an, langfristig tragfähige Regeln für den Handel zu vereinbaren und eskalierende Konflikte zu vermeiden. Deshalb begrüßt der BDI, dass die EU einen umfassenden Vorschlag zur Reformation der Welthandelsorganisation (WTO) vorlegt. Außerdem muss sich die EU selbst wettbewerbsfähig aufstellen (etwa durch Stärkung des Binnenmarktes und der Innovationsfähigkeit) und marktwirtschaftliche Prinzipien durchsetzen (beispielsweise durch internationale Regeln für Staatsunternehmen und Begrenzung von Industriesubventionen). Der BDI fordert einen deutlicheren regionalen Fokus auf die Märkte Asiens und Amerikas, zum Beispiel indem die Aushandlung und Umsetzung bilateraler Verträge mit den Staaten Südostasiens und des Mercosur politisch klarer unterstützt werden. Insgesamt steht eine zentrale Säule der Handelspolitik im vorgelegten Strategiepapier des Handelskommissars zu wenig im Mittelpunkt – der Marktzugang.

Der BDI wünscht sich, dass auch die kommende Bundesregierung für eine liberale Handels- und Investitionspolitik eintritt. Die europäische Handelspolitik muss die wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit gleichermaßen im Blick behalten und in diesem Sinne lösungsorientierte Partnerschaften auf globaler Ebene eingehen. Nur ein handlungsfähiges und wirtschaftlich erfolgreiches Europa wird, z. B. durch neue Freihandelsabkommen, effektiv auf weltweite Klima- und Umweltschutzstandards Einfluss nehmen.