Digitalisierung im Gesellschaftsrecht
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) wurde in Deutschland die europäische Richtlinie 2019/1151 vom Juli 2019 umgewandelt. Ziel der Richtlinie ist die Einführung digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht.
Die Umsetzung im DiRUG orientierte sich zunächst an den, in der Richtlinie vorgesehenen Mindestvorgaben. Die Gesetzesänderungen eröffnen die Möglichkeit der Online – Gründung von GmbH und Unternehmergesellschaft (UG). Die GmbH-Gründung wurde auf Bargründungen beschränkt. Eine für die Gründung notwendige notarielle Beurkundung kann mittels Videokommunikation vorgenommen werden. Die digitale Anmeldung zum Handelsregister ist für bestimmte Rechtsträger möglich.
Kritik am DiRUG
Das DiRUG wurde überwiegend als nicht weit genug bezüglich der ermöglichten digitalen Verfahren kritisiert. Als Reaktion hierauf wurde kurze Zeit später der Entwurf zur Ergänzung des Umsetzungsgesetzes der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) verfasst. Teil der Ergänzungsregelung ist, wie vom BDI bereits zum DiRUG angeregt, die Erweiterung der für die GmbH möglichen Online - Verfahren.
Ergänzung durch das DiREG
Während eine Online-Gründung einer GmbH im DiRUG nur für Bargründungen ermöglicht wurde, eröffnet das DiREG die Option Sachgründungen digital vorzunehmen. Die eingebrachten Sachmittel dürfen dabei keiner Beurkundungspflicht unterliegen (z.B. Grundstücke).
Der BDI regte zudem an, auch Satzungsänderungen im Online-Verfahren zu ermöglichen. Dieser Vorschlag fand im DiREG Berücksichtigung. Satzungsändernde Beschlüsse können inklusive Kapitalmaßnahmen seither auch digital abgewickelt werden.
Mit dem DiREG wurde die Möglichkeit der Online - Anmeldung zum Handelsregister auf alle Rechtsträger ausgeweitet. Die Anmeldung zu weiteren Registern (Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister) kann ebenfalls digital vorgenommen werden.
Ein weiterer Erfolg gelang dem BDI im Rahmen der örtlichen Beschränkung der Urkundstätigkeiten beim Einsatz von Videokommunikation.
Die Regelungen des DiRUG zu der Bundesnotarordnung machten es notwendig, einen Notar aufzusuchen, der einen räumlichen Bezug entweder zu den Urkundsbeteiligten oder zum Urkundsgegenstand hat. Es wäre die Pflicht entstanden, einen Notar zu beauftragen, dessen Amtsbereich am geplanten Sitz der Gesellschaft oder Zweigniederlassung liegt. Mit dieser Restriktion unterläge das Online – Verfahren strengeren Anforderungen als ein persönliches Erscheinen beim Notar. Als Konsequenz einer solchen Restriktion wäre der Bruch langer Geschäftsbeziehungen mit Notaren, die die internen Unternehmensabläufe kennen und insoweit eine effiziente Zusammenarbeit ermöglichen unvermeidbar gewesen.
Für ausländische Konzerne, die einen Standort in Deutschland eröffnen möchten, wäre zudem die Sprachbarriere ein nicht zu vernachlässigendes Problem geworden. Bei freier Wahl des Notars kann sich das Unternehmen einen Notar suchen, der die gleiche Sprache beherrscht oder zumindest über gute englisch Sprachkenntnisse verfügt.
Aufgrund dieser Bedenken setzte sich der BDI erfolgreich für die Streichung der örtlichen Beschränkung der Urkundstätigkeit im Rahmen der Videokommunikation ein, so dass mit in Kraft treten des DiREG der geplante Unternehmenssitz nicht mehr die Wahl des Notars bestimmt.
Die EU-Richtlinie zur Ausweitung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht
Nicht nur der deutsche Gesetzgeber hat mit der Ergänzung des Umsetzungsgesetzes der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) die vom europäischen Gesetzgeber mit der EU-Richtlinie 2019/1151 vom Juli 2019 und durch das DiRUG umgesetzte Digitalisierung des Gesellschaftsrechts erweitert.
Nun hat auch der europäische Gesetzgeber reagiert und die europäische Richtlinie 2019/1151 überarbeitet. Der Entwurf der EU-Kommission einer „EU-Richtlinie zur Ausweitung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht“ (2023/0089(COD)) wurde am 24. April 2024 durch das Europäische Parlament angenommen.
Ziel der Änderungsrichtlinie ist es, Gesellschaftsdaten leichter verfügbar zu machen, das Vertrauen und die Transparenz in Gesellschaften in allen Mitgliedstaaten zu erhöhen und stärker vernetzte öffentliche Verwaltungen zu schaffen.
Der Richtlinienentwurf bringt unter anderem folgende Neuerungen im Gesellschaftsrecht:
- Art. 13g RL-E: Europäische Register tauschen einmal erfasste Unternehmensdaten über das Business Registers Interconnection System (BRIS) aus.
- Art 16c RL-E: Es wird eine digitale EU-Vollmacht eingeführt. Damit können Gesellschaften zur Durchführung von Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat im Anwendungsbereich der Richtlinie ein Muster für die digitale EU-Vollmacht verwenden, um eine Person zur Vertretung der Gesellschaft zu ermächtigen. Die Notwendigkeit einer Apostille zu Gesellschaftsdokumenten oder einer Übersetzung in grenzüberschreitenden Verfahren werden damit verringert.
- Art. 16b RL-E: Es wird eine EU-Gesellschaftsbescheinigung eingeführt, die Informationen wie Namen, Rechtsform, Sitz und Zweck der eingetragenen Gesellschaft enthält.
Der BDI begrüßt den Richtlinienentwurf und die andauernden Bestrebungen des EU-Gesetzgebers das Gesellschaftsrecht zu digitalisieren. Unternehmen wird der grenzüberschreitende Rechtsverkehr erleichtert und das Vertrauen in den europäischen Binnenmarkt gestärkt. Durch die Vereinheitlichung von Maßstäben und der Verknüpfung von Registerstellen wird zudem eine höhere Transparenz geschaffen.
Dem EU-Richtlinienentwurf muss der Europäische Rat noch zustimmen, bevor die Richtlinie im Amtsblatt verkündet und durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden kann.
Ausblick
Der BDI begrüßt die Erweiterung der Online-Verfahren und die hierdurch entstehende Flexibilisierung im Gesellschaftsrecht. Für zukünftige Gesetzesänderungen wäre die Digitalisierung weiterer Verfahren hilfreich, um das Gesellschaftsrecht flexibler, effizienter und auch zukunftstauglicher zu gestalten.