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Eine nachhaltige Agenda für die transatlantischen Beziehungen

Die USA sind und bleiben ein wichtiger Partner für Politik und Wirtschaft in Deutschland. Die EU und die USA bemühen sich seit Amtsantritt von Präsident Biden um enge Kooperation. Dies gelingt jedoch nicht immer reibungslos. Wichtigstes Forum für die transatlantische Wirtschaftszusammenarbeit ist derzeit der im Sommer 2021 gegründete EU-US Trade and Technology Council.

Die USA sind seit 2015 wichtigster Absatzmarkt für deutsche Warenexporte. Deutsche und US-amerikanische Unternehmen gehören zu den bedeutendsten ausländischen Investoren und Arbeitgebern im jeweils anderen Markt. Die Beziehungen zu den USA sind eine wichtige Stütze für Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland. Genauso profitiert die US-Wirtschaft von reibungslosen Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland und der EU. Das zeigt ein Blick auf die Daten zur transatlantischen Wirtschaft:

  • 2021 betrug der Wert deutscher Warenexporte in die USA 122 Milliarden Euro und machte damit 8,8 Prozent der Gesamtexporte Deutschlands aus (Statistisches Bundesamt).
  • Deutschland importierte 2021 Waren im Wert von 72 Milliarden Euro aus den USA. Bei den Warenimporten waren die USA Deutschlands drittwichtigster Partner nach China und den Niederlanden (Statistisches Bundesamt).
  • Deutschland ist im Warenhandel der fünftgrößte Absatzmarkt für die USA (U.S. Census Bureau).
  • Deutsche Investoren halten in den USA Investitionsbestände in Höhe von 637 Milliarden US-Dollar (Zahlen für 2021, Bureau of Economic Analysis). In Unternehmen mit Beteiligung deutscher Investoren arbeiten in den USA rund 885.000 Arbeitnehmer (Zahlen für 2020, Bureau of Economic Analysis).
  • 2021 hielten US-Investoren Investitionsbestände in Höhe von fast 170 Milliarden US-Dollar in Deutschland. Mit diesen Investitionen verbunden waren 2020 Beteiligungen an 1.914 Unternehmen mit 647.000 Mitarbeitern (Bureau of Economic Analysis).
  • Die EU und die USA erwirtschafteten 2021 gemeinsam 42 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes (GDP; World Bank) und standen für rund 55 Prozent der weltweiten ausländischen Direktinvestitionsbestände (Outward Stock; UNCTAD).

Konflikte aus der Zeit der der Trump-Administration teilweise noch nicht gelöst

Mit der Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump waren die transatlantischen Beziehungen in schwieriges Fahrwasser geraten. Trump kritisierte Deutschland wiederholt für seinen Exportüberschuss. Seit Juni 2018 mussten Produzenten von Stahl und Aluminium aus der EU und anderen Ländern hohe Zölle auf ihre Exporte in die USA zahlen, die EU erhob im Gegenzug Ausgleichszölle. Im Oktober 2021 einigte sich die EU mit der neuen Biden-Administration auf zollfreie länderspezifische Kontingente (Quoten) für die folgenden zwei Jahre. Für Importe aus der EU, die über diese Quoten hinaus gehen, werden auch weiterhin Zölle in Höhe von 25 Prozent (Stahl) bzw. zehn Prozent (Aluminium) erhoben. Die Einigung umfasst zudem Verhandlungen über ein globales Bündnis zu Überkapazitäten und Dekarbonisierung im Stahl- sowie im Aluminiumsektor (Global Arrangement on Sustainable Steel and Aluminium). Inzwischen wird die Zeit bis Oktober 2023, wenn die Übergangslösung ausläuft, knapp, und es wird zwischen EU-Kommission und US-Regierung an einer dauerhaften Einigung gearbeitet. Laut EU-Kommission müsse diese WTO-kompatibel sein und Klimagesetze wie den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der EU respektieren.

Unter Trump eskalierte zudem der Konflikt um Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Beide Seiten erhoben Zölle auf Basis der jeweiligen Streitschlichtungsurteile der WTO – die USA ab Oktober 2019 und die EU ab November 2020. Im März 2021 vereinbarten die USA und die EU zunächst eine Aussetzung der Zusatzzölle für vier Monate. Im Juli 2021 verlängerten sie das Moratorium auf fünf Jahre, bis 2026. In der Zwischenzeit wollen beide Seiten eine dauerhafte Lösung finden. Bisher wurde jedoch keine solche permanente Einigung verkündet. Es wäre wichtig, diesen Streit noch unter der derzeitigen Administration endgültig beizulegen.

Klassisches transatlantisches Handelsabkommen nach wie vor nicht in greifbarer Nähe

Nachdem sich US-Präsident Trump und Kommissionspräsident Juncker im Sommer 2018 darauf verständigt hatten, ein Industriegüterabkommen zu verhandeln sowie die Kooperation in Regulierungsfragen zu stärken, verabschiedete der Rat der Europäischen Union zwei Verhandlungsmandate Mitte April 2019. Diese bezogen sich zum einen auf den Abbau von Industriegüterzöllen, zum anderen auf die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsprüfungen. Diese beiden Verhandlungsmandate liegen der EU-Kommission weiterhin vor. In den USA ist jedoch inzwischen das Handelsmandat des Präsidenten, die „Trade Promotion Authority“ (TPA), abgelaufen. Für die Biden-Administration scheint die Erneuerung der TPA keine Priorität zu sein, da kein Interesse daran besteht, klassische Freihandelsabkommen mit erleichtertem Marktzugang zu verhandeln. Stattdessen setzt die Administration auf Formate wie den EU-US Trade and Technology Council oder das Indo-Pacific Economic Framework (IPEF). Im neuen (118.) US-Kongress könnte es nun trotzdem Bestrebungen geben, ein neues TPA-Gesetz zu verabschieden und der Administration Verhandlungsziele vorzugeben.

TTC als zentrales Forum für transatlantische Wirtschaftszusammenarbeit

Insgesamt ist ein transatlantisches Handelsabkommen aber zum aktuellen Zeitpunkt äußerst unwahrscheinlich. Stattdessen hat sich der im Sommer 2021 gegründete Handels- und Technologierat (EU-US Trade and Technology Council, TTC) zum zentralen Forum für die transatlantische Wirtschaftszusammenarbeit entwickelt. Der TTC umfasst zehn Arbeitsgruppen zu Themen wie technische Standards, Lieferketten, grüne Technologien, IKT-Sicherheit, Datengovernance, Exportkontrollen, Investitionsprüfungen, Förderung von KMU oder auch globalen Handelsfragen. Unter letzterem soll es auch um den Abbau bilateraler Handelsbarrieren gehen, was bisher jedoch kein Schwerpunkt war. Nach drei Treffen auf Ministerebene und kleineren Erfolgen in den ersten anderthalb Jahren hofft die deutsche Industrie auf größere Fortschritte im Jahr 2023.

In den ersten zwei Jahren unter US-Präsident Biden ist ein Neustart in den transatlantischen Beziehungen gelungen. Joe Biden legt deutlich mehr Wert auf multilaterale Lösungen als sein Vorgänger. Er ist ein Transatlantiker und schätzt die EU als wichtigen Partner. Auch vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine haben es die transatlantischen Partner geschafft, sich bei den Sanktionen gegen Russland eng abzustimmen und geschlossen aufzutreten.

Gleichzeitig bleibt noch viel zu tun. Die Handelskonflikte aus der Trump-Zeit müssen endgültig beigelegt werden. Zudem sorgt nun der im August 2022 in den USA verabschiedete „Inflation Reduction Act“ für neue Verstimmungen zwischen der EU und den USA . Die dort enthaltenen Subventionen für grüne Technologien sind teilweise an diskriminierende und nicht-WTO-konforme „local content“-Bedingungen geknüpft und benachteiligen so ausländische Hersteller.

Bei den großen Herausforderungen in der internationalen Sicherheit, im Klimaschutz und bei der Digitalisierung, die alle durch die Corona-Krise noch verschärft werden, müssen EU und USA noch enger als bisher an einem Strang ziehen. Die Krise der WTO ist nicht gelöst. Obwohl die USA weiterhin betonen, die Organisation reformieren zu wollen, gibt es bisher kaum konkrete Vorschläge, insbesondere zur Reform des wichtigen Streitschlichtungsmechanismus.

Ein Handelsabkommen, das den Abbau von Barrieren im transatlantischen Handel umfassend angeht, bleibt nach wie vor wünschenswert. Die EU sollte nicht müde werden, so viele Anliegen wie möglich auch in den TTC einzubringen. Der BDI wird den TTC-Prozess weiterhin eng begleiten, auch über die im Sommer 2021 gegründete Transatlantic Business Initiative (TBI).